Energiereicher Blitz in der suedlichen Hemisphaere
Astronomen haben im Sternbild Carina einen Gammastrahlenausbruch entdeckt, der alles bisher Dagewesene übertrifft. Berechnungen zufolge sind die Strahlen 12,2 Milliarden Jahre durch den Kosmos gerast, bis sie die Erde trafen.
Ausbruch der Superlative
In Energiemengen gemessen sind Gammastrahlenausbrüche die Schwergewichte der an bizarren Erscheinungen nicht gerade armen kosmischen Welt. Aber jener Blitz, der in der Nacht vom 15. auf den 16. September die Zeiger der Messinstrumente ausschlagen ließ, stößt offenbar in neue Bereiche vor: Wie Forscher im Fachblatt "Science" (online) berichten, waren die auf der Erde registrierten Gammastrahlen 3.000 bis fünf Milliarden Mal energiereicher als sichtbares Licht.
"Strahlenausbrüche in dieser Größenordnung sind nicht wirklich gut verstanden", sagt Peter Michelson von der Stamford University. Er ist der Chefwissenschaftler am Fermi Gamma-Ray Space Telescope (FGST), mit dem der Lichtblitz zuerst registriert wurde.
Licht vom Ende des Universums
Bild: NASA
Ein Team um den deutschen Astronomen Jochen Greiner fand später heraus, dass der Blitz am Südsternhimmel nicht nur sehr intensiv, sondern auch sehr alt ist. 12,2 Milliarden Lichtjahre haben die energiereichen Photonen bis zur Erde zurückgelegt, zeigen Messungen mit einem Teleskop der Europäischen Südsternwarte in La Silla, Chile.
Viel weiter weg bzw. älter geht es nicht: Astronomen gehen derzeit davon aus, das der Urknall vor rund 13 Milliarden Jahren stattgefunden hat. "Das war schon vorher ein faszinierender Strahlenausbruch", sagt Julie Mc Enry, die ebenfalls am FGST arbeitet. "Aber mit dieser Distanz kann man ihn nur mehr 'außergewöhnlich' nennen."
Mit Hilfe der Entfernung ermittelten die Forscher auch die Größenordnung der gigantischen Explosion im Sternbild Carina. Sie setzte offenbar Energien von 9.000 handelsüblichen Supernovae frei, Teilchen wurden daraufhin auf 99,9999 Prozent der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt - bis dato die extremsten Werte seit es astronomische Beobachtungen gibt.
Rätselhafte Zeitverschiebung
Abseits der Superlative gibt der Strahlenausbruch mit dem Namen "GRB 080916C" auch einige Rätsel auf. Besonders auffallend ist etwa die Tatsache, dass es zwischen energiereichen und energieärmeren Signalen offenbar einen Zeitabstand gibt. Im Prinzip gibt es für diesen Verzögerungseffekt zwei Erklärungen: Die eine macht die durchaus komplizierte Umgebung von Gammastrahlenausbruches dafür verantwortlich.
Sie sind in der Regel von Resten der Sternenexplosion, einem Magnetfeld, einem Schwarzen Loch, beschleunigten Partikeln sowie einer Unmenge von Strahlung umgeben. Peter Michelson vermutet, dass die Strahlen unterschiedlicher Energie "entweder an verschiedenen Orten dieser Region gebildet wurden oder sogar durch einen ganz anderen physikalischen Mechanismus."
Die Quantenschaumtheorie
Spekulativer, aber auch aufregender ist indes eine Erklärung, die sich auf die Theorie der Quantengravitation beruft. Formal gelungen ist die Vereinigung von Gravitations- und Quantenphysik zwar noch nicht, aber es gibt zumindest einige grundlegende Aussagen, die mit diesem Konzept verbunden sind.
Demzufolge sollte der Raum auf der Skala kleinster Abstände nicht glatt, sondern vielmehr "gekörnt" und turbulent, gewissermaßen ein "kochender Quantenschaum" sein. Theoretiker haben berechnet, dass energiearme Gammastrahlen etwas schneller durch diesen Quantenschaum reisen würden als solche mit hohem Energiegehalt.
Der Unterschied wäre zwar extrem gering, aber während einer 12,2 Milliarden Jahre dauernden Reise könnte er sich durchaus so weit aufsummieren, dass man ihn auch messen könnte. Wenn diese Theorie stimmt, dann müsste die zeitliche Verschiebung vom Abstand des Gammablitzes abhängig sein.
Das wäre eine testbare Prognose - allerdings mit einer Voraussetzung: Es müssten zu Vergleichszwecken noch mehr Blitze dieser Art die Erde treffen. "Dieser extreme Strahlenausbruch wirft jede Menge Fragen auf", sagt Michelson . "In ein paar Jahren haben wir vielleicht schon ein gutes Sample solcher Ausbrüche. Und vielleicht haben wir auch ein paar Antworten."
science.orf.at/science/news/154622[science.ORF.at, 19.2.09]
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