Elektrisches fahrrad unter 250 Euro
Elektrofahrräder: E-Bike oder Pedelec
Fahrräder mit Hilfsmotor hatten lange Zeit das Image von motorisierten Krankenfahrstühlen, die vor allem gehbehinderten Menschen die Fortbewegung ermöglichen sollten. Das hat sich geändert. Nicht nur die sogenannte Silver-Generation will in der zweiten Lebenshälfte mobil bleiben, auch jüngere Menschen wissen es inzwischen zu schätzen, sich beim Fahrradfahren von einem Elektromotor unterstützen zu lassen.
Elektrofahrräder werden in zwei unterschiedliche Klassen aufgeteilt. Elektro-Bikes und Pedelecs (englisch für "Pedal Electric Cycle"). E-Bikes sind Fahrzeuge, die verkehrsrechtlich als "Kleinkraftrad mit geringer Leistung“ bezeichnet werden. Entscheidend ist, dass die Beschleunigung über einen Drehgriff oder Gashebel am Lenker erfolgt. Anders verhält es sich bei den sogenannten Pedelecs. Hier wird der Elektromotor nur dazu geschaltet, wenn der Fahrer auch in die Pedale tritt. Fällt der Motor aus, wird das Radfahren schnell zur Qual, denn Elektrofahrräder wiegen zwischen 25 und 30 Kilogramm. Das gilt es zu bedenken, wenn die Räder in einen Fahrradkeller, eine Wohnung oder auf einen Autogepäckträger gehoben werden müssen.
ExtraEnergy e.V. - das unabhängige Testzentrum
Hannes Neupert, Gründer und Vorsitzender des Vereins ExtraEnergy e.V., beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit Elektrofahrrädern und hat sich auf dem Markt der leichten Elektrofahrzeuge mit seinem Test- und Prüfzentrum auch international einen Namen gemacht. Hersteller aus aller Welt lassen im thüringischen Tanna ihre Fahrzeuge testen. Der Verein legt großen Wert auf seine Unabhängigkeit und tritt auch als Testkäufer auf. Die Prüfergebnisse werden bei den Herstellern sehr aufmerksam verfolgt und führen immer wieder zu Rückrufaktionen, nachdem Mängel aufgedeckt wurden. Außerdem organisiert ExtraEnergy Messen und Kongresse, ist Mitglied in internationalen Standardisierungsgremien und baut ein Schulungszentrum für Händler auf. Ferner betreibt der Verein eine intensive Öffentlichkeitsarbeit und verbreitet im Frühjahr und Herbst die Ergebnisse der Testreihen auf seiner Internetplattform (Link rechts im Kasten).
Zulassungsvorschriften
Ob es sich um ein E-Bike oder ein Pedelec handelt, ist bei manchen Herstellern nur eine Frage der Software. So lassen sich baugleiche Fahrzeuge entweder als E-Bike oder als Pedelec programmieren. Handelt es sich um ein Pedelec, so muss per Software eine Sperre eingebaut sein, die verhindert, dass der Motor das Fahrzeug auf eine höhere Geschwindigkeit als 25 Stundenkilometer beschleunigt. Das heißt allerdings nicht, dass man bergab bremsen muss. Es bedeutet nur, dass der Motor ab dieser Geschwindigkeitsgrenze keine Leistung mehr abgeben darf, obwohl es technisch möglich wäre. Handelt es sich um ein E-Bike, das mit einem Gashebel oder über einen Lenkergriff beschleunigt wird, dann gilt das Fahrzeug als zulassungspflichtiges Leichtmofa und darf die Höchstgeschwindigkeit von 20 Stundenkilometern nicht überschreiten. Darüber hinaus ist eine Mofabescheinigung oder ein Führerschein erforderlich. Eine Helmpflicht besteht allerdings nicht. Die gilt erst bei Fahrzeugen, die eine Höchstgeschwindigkeit von Stundenkilometer überschreiten.
Es gibt allerdings auch Pedelecs, die schneller als 25 Stundenkilometer fahren können, weil sie nicht wie üblich mit 250 Watt, sondern mit beispielsweise 500 Watt Motoren ausgestattet sind. Überschreitet das Pedelec bauartbedingt die Höchstgeschwindigkeit von 25 Stundenkilometern, gilt es als "Kleinkraftrad“ und darf nur mit einem Versicherungskennzeichen gefahren werden. Dann besteht auch Helmpflicht. Es ist allerdings zu empfehlen, ein solches schnelles Pedelec nur mit entsprechender Schutzkleidung zu fahren, denn diese Fahrzeuge können spielend Geschwindigkeiten von 30, 40 ja bis zu 80 km/h erreichen. Es sollte in jedem Fall jedoch ganz genau geprüft werden, ob es für ein solches Fahrzeug auch eine entsprechende vom TÜV bescheinigte Fahrzeugzulassung gibt. Hier ist derzeit noch so manches in einer juristischen Grauzone angesiedelt. Verkehrsexperten warnen allerdings schon jetzt vor den Bikern, die mit ungewöhnlich hohen Geschwindigkeiten auf Straßen und Radwegen unterwegs sind.
Pedelecs im Test
Der von ExtraEnergy durchgeführte Fahrradtest hat einen hohen Standard. Der Test gilt weltweit als einmalig, weil mit aufwendiger Messtechnik nicht nur im Labor, sondern auch auf einer 18 Kilometer langen Teststrecke gemessen wird. Beim aktuellen Test haben zehn ehrenamtliche Fahrer insgesamt 28 Fahrzeuge im hügeligen Umland von Tanna getestet, wobei jeder Hersteller zwei baugleiche Räder lieferte. Jeder Testfahrer war dabei mit jedem Rad einmal auf der Teststrecke. Darüber hinaus wurden die Räder noch in etwa 100 zusätzlichen Testfahrten eingesetzt, sodass mit den 56 Testrädern eine Strecke von insgesamt knapp 13.000 Kilometern zurückgelegt wurde. Ziel war es, statistische Aussagen unabhängig von der Kondition oder den individuellen Besonderheiten des Fahrers treffen zu können. Zum Vergleich: Spitzensportler bringen beim Antritt zwischen 120 und 150 Kilogramm auf die Pedale. Etwa zehn Sekunden lang kommen sie so auf Spitzenwerte von bis zu 1.500 Watt. Über eine längere Strecke von 40 Minuten schaffen Spitzensportler es 400 bis 500 Watt Leistung zu halten. Normal trainierte Menschen schaffen hingegen höchstens zwischen 100 und 150 Watt.
Wer sich allerdings für ein Pedelec interessiert, dem werden Watt-Angaben des Motors nicht weiterhelfen. Hier zählt vor allem: Wie groß ist der Unterstützungsfaktor, den das Rad bei Steigungen zu bieten hat. Ziel der Testfahrten war es, sowohl die Reichweite der Akkus wie auch den Unterstützungsfaktor zu ermitteln. Deshalb gingen die Fahrer zunächst auf einem Fahrrad ohne Elektroantrieb auf die 18 Kilometer lange Teststrecke. Dabei wurde über Sensoren die Pedalkraft, die Trittfrequenz und die Geschwindigkeit gemessen. Anschließend wurde die Strecke mit einem baugleichen Pedelec zurückgelegt. Auf diese Weise lässt sich vergleichen, wie hoch der Unterstützungsfaktor bei dem jeweiligen Testfahrzeug ausfällt. Wie unterscheiden sich die einzelnen Unterstützungsfaktoren.
- Unterstützungsfaktor 1: Die Leistung des Fahrers wird verdoppelt.
- Unterstützungsfaktor 0: Der Antrieb des Pedelecs kompensiert lediglich das Zusatzgewicht
- Unterstützungsfaktor negativ: Ohne Motorantrieb wäre das Fahren leichter.
Um sich nicht gegenseitig zu beeinflussen, mussten die Fahrer die Teststrecke alleine absolvieren. Jedes Fahrzeug war mit folgender Messtechnik ausgestattet:
- Ein Drehmomentsensor, der die Kraft ermittelt, die der Fahrer auf die Pedale ausübt.
- Ein Trittfrequenzsensor, der die Häufigkeit protokolliert, mit der die Pedale um die Achse bewegt werden.
- Ein Energieverbrauchssensor, mit dem gemessen wird, wie hoch auf einem bestimmten Streckenabschnitt der Energiebedarf ist, der aus der Batterie gezogen wird.
Darüber hinaus sind die Testfahrer mit einem GPS-Empfänger ausgestattet, sodass die gesamte Strecke in kleine Abschnitte aufgeteilt werden kann. So wird ermittelt, wie groß der Energieaufwand beziehungsweise der Unterstützungsfaktor auf einem bestimmten Streckenabschnitt ist. Alle Messdaten werden während der Testfahrt kontinuierlich auf einem USB-Stick gesammelt und anschließend ausgewertet.
Nabenmotor oder Tretlagermotor
Pedelecs gibt es mit einem Nabenmotor im Vorder- beziehungsweise Hinterrad oder in der Mitte als Tretlagermotor. Auch wenn die meisten Hersteller inzwischen den Hinterrad- oder den Tretlagerantrieb bevorzugen, gibt es keine eindeutige Festlegung, welcher Antrieb vorteilhafter ist. Vorderradantrieb ist vor allem dann zu empfehlen, wenn schwere Lasten auf der Vorderachse transportiert werden sollen. Allerdings kann es auf nasser und glatter Fahrbahn zum Durchdrehen des Rades und einer insgesamt ungünstigen Fahrdynamik kommen.
Der große Vorteil der Tretlagermotoren liegt darin, dass ihre Kraft auf die Kette wirkt und so beim Schalten mitgeschaltet wird. Das verbessert den Wirkungsgrad des Motors vor allem bei Steigungen. Im Vergleich zu den Nabenmotoren für Vorder- oder Hinterrad lassen sich Tretlagermotoren sehr kompakt bauen. Verschleiß- und störanfällige Verkabelungen und Steckerverbindungen entfallen, da beim Tretlagermotor nur eine einzige Kabelverbindung zur Bedieneinheit am Lenker benötigt wird. Die Antriebsübertragung erfolgt beim Tretlagermotor über die Kette. Damit lässt sich aber beim Tretlagermotor eine technische Raffinesse nicht umsetzen, die einige Nabenmotoren zu bieten haben. Wer mit einem Fahrzeug mit Nabenmotor unterwegs ist, kann bei abschüssiger Fahrt die Bewegungsenergie nutzen, um wie bei einer Motorbremse eine Art Dynamo zu aktivieren. Bei dieser sogenannten "Rekuperation“ wird bei der Fahrt auf abschüssiger Strecke die Batterie mit frischem Strom versorgt. Bei einem Tretlagermotor ist dies aufgrund des Freilaufs nicht möglich. Wer aus Gewohnheit einen Rücktritt bevorzugt, benötigt einen Vorderradantrieb, weil sich nur damit der Rücktritt technisch lösen lässt. Die Auswahl des Motors ist davon abhängig, wofür das Fahrzeug überwiegend genutzt werden soll. Will man das Pedelec für tägliche Stadtfahrten ins Büro nutzen oder sind auch längere Tourenstrecken geplant? Soll es vor allem in einem eher hügeligen Gelände oder eher auf ebener Strecke gefahren werden?
Batterie und Ladegerät
In den vergangenen zehn Jahren hat es vor allem bei den Batterien deutliche Fortschritte gegeben. Gehörten vor einigen Jahren noch rund elf Kilogramm schwere Blei-Gel-Akkus zum Standard, so wiegen die heutigen Lithium-Ionen-Akkus bei vergleichbarer Leistung nur noch etwas mehr als zwei Kilogramm. Die Gewichtsreduzierung macht sich in der größeren Reichweite bemerkbar. Hier legten die Tester von ExtraEnergy besonders strenge Maßstäbe an, da sie die Fahrzeuge in hügeligem Gelände getestet haben. Die meisten Fahrzeuge haben heute eine Reichweite von 30 bis 45 Kilometern. Manche erzielen gar Reichweiten von 80 Kilometern.
Entscheidende Verbesserungen gibt es auch bei der Lebensdauer der Akkus. Betrug sie bei den Blei-Gel-Akkus gerade mal ein bis anderthalb Jahre, so halten heutige Lithium-Ionen-Akkus drei bis fünf Jahre. Die neuen Akkus haben außerdem den Vorteil, dass sie innerhalb von drei bis vier Stunden komplett aufgeladen werden können und sich mit ihnen hohe Wirkungsgrade erzielen lassen - was vor allem in bergigem Gelände von Vorteil ist.
Beim Kauf eines Pedelecs sollte unbedingt nach der Garantie für die Batterie gefragt werden. Ferner empfiehlt es sich, die Kosten für einen Ersatzakku mit in die Kaufentscheidung einzubeziehen. Nicht selten muss man bei den heutigen Lithium-Ionen-Akkus mit zusätzlichen Kosten in Höhe von 600 bis 850 Euro rechnen.
Genauso wichtig ist das Ladegerät. Hier haben sich in den allermeisten Fällen Ladegeräte mit XLR-Steckern durchgesetzt, die normalerweise bei Mikrophonen im professionellen Audio- und Videobereich verwendet werden. Nicht zulässig sind die sogenannten Kaltgerätestecker, wie wir sie als Zubehör bei Druckern und Monitoren kennen. Noch immer werden Elektrofahrräder mit solchen Steckern verkauft. Aber auch bei den XLR-Steckern sollte man besonders aufmerksam sein und keinesfalls ohne vorherige technische Prüfung die Ladegeräte anderer Hersteller verwenden. Nach Erkenntnissen von ExtraEnergy kommt es immer wieder vor, dass die XLR-Stecker eine unterschiedliche Polbelegung haben und mit 12, 24, 36 oder gar 48 Volt ausgestattet sind. Derzeit ist ein international besetztes Gremium bemüht, Standards für einen weltweit einheitlichen Stecker zu definieren, der für mehr Sicherheit sorgen soll. So wie es der USB-Anschluss möglich macht, Geräte unterschiedlicher Computerhersteller miteinander zu vernetzen, so soll dies eines Tages auch bei den Ladegeräten der Elektrofahrzeuge möglich sein.
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