Tuesday, October 4, 2011

Hausbesetzer Doku Berlin Kreuzberg 1983

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Anhalter Str.7 "Kuckuck" Kunst und Kulturzentrum (besetzt 1980 - 19?? geräumt)

Dort habe ich mal ein konzert gegeben (1 oder 2 stuecke musik, mit casio keyboard)

http://einestages.spiegel.de/hund-images/2010/12/13/83/6740b7a0655d22fba3cb594d273d3dba_image_document_large_featured_borderless.jpg

http://www.youtube.com/watch?v=tjg70_1MIoM

Häuser, Hass und Straßenkampf - Die Revolte der Westberliner Hausbesetzer 1/5

TOTALLY BIASSED "documentary" ...  the doctrinal system conform film ignores the immense significance of the FREE YOUNG PEOPLE movement in Berlin 1980s

Prügelnde Polizisten, fliegende Pflastersteine, Plünderungen: Vor 30 Jahren tobte die erste große Straßenschlacht in Kreuzberg. Auf einestages erinnert sich Ex-Hausbesetzer Kuno Haberbusch an einen heißen Advent in Berlin - der aus friedlichen Protestlern militante Guerillakrieger machte.

Mit Gewalt hatte ich nie was am Hut - und plötzlich tobte um mich herum eine Schlacht. Dass ich genau zu jener Zeit mitten hinein ins Getümmel geriet, ist purer Zufall. Ich spazierte gerade mit einer Reporterin am Fraenkelufer entlang, der ich eines unserer besetzten Häuser zeigen wollte. Mit einem Mal sprangen überall Polizisten herum. Martinshörner gellten durch den Abend, Blaulicht zuckte, Tränengasschwaden zogen durch die Straßen. Die Gewalt kam aus dem Nichts.

Es hieß, eines der Häuser am Fraenkelufer sei besetzt und gleich darauf wieder geräumt worden. Mir kam das komisch vor: Eigentlich wussten wir von der Bürgerinitiative SO 36, einem Kreuzberger Aktionsbündnis gegen die Wohnungspolitik, immer genau darüber Bescheid, wer wo welche Häuser besetzt. Nur hiervon wussten wir nichts. Immer mehr Menschen strömten heran, um uns herum sperrte die Polizei ab. Dann fing sie an loszuknüppeln. Und zwar auf alle, die vor Ort waren, selbst wenn die Leute schon am Boden lagen.

Jagdszenen spielten sich ab, grün-weiße Mannschaftswagen rasten auf die Gehwege, Polizisten gingen mit gezogener Pistole in die Menge. In der Adalbertstraße erwischten sie auch mich und verprügelten mich mit dem Schlagstock. Ich flüchtete in den "Jodelkeller", wo viele Verletzte saßen, etliche von ihnen bluteten am Kopf. Wir verspürten eine unglaubliche Ohnmacht, eine grenzenlose Wut auf "die da oben". Allen war klar: Die Zeit der beschaulichen Ruhe war vorbei.

Ab jetzt herrschte Krieg.

Zehn Stunden lang lieferten sich Polizei und Sympathisanten der Hausbesetzerszene in der Nacht zum 13. Dezember 1980 einen blutigen Kampf. Auch in den Folgetagen flammten die Auseinandersetzungen immer wieder auf. Bei dieser ersten großen Straßenschlacht am Fraenkelufer wurden 270 Menschen verletzt, davon 70 Polizisten. 109 Menschen wurden festgenommen, 28 Haftbefehle erlassen. Zahlreiche Schaufenster gingen zu Bruch, Geschäfte wurden geplündert.

Laut dem polizeilichen Verlaufsbericht ging die Aggression ursprünglich von der Gegenseite aus: Ab 17.45 Uhr seien Polizisten mit Steinen beworfen worden, zudem seien Stahlkugeln und Molotow-Cocktails geflogen. Konservative Berliner Medien schrieben von einem "höllischen Ausbruch von Hass", Polizeipräsident Klaus Hübner verwies darauf, dass die Polizei "rechtmäßig eine unrechtmäßige Handlung beendet" habe.
Obwohl Mitglieder der Bürgerinitiative SO 36 in jener Nacht mehrfach versucht hatten, mit dem Einsatzleiter zu verhandeln, um die Situation zu befrieden, wich die Polizei nicht von ihrer Prügelstrategie ab. Sie rechtfertigte ihr hartes Vorgehen damit, dass die Hausbesetzer durch ihr Verhalten eine am Nachmittag erarbeitete politische Lösung des Problems boykottieren wollten. Wir Hausbesetzer wussten jedoch gar nichts von diesem Lösungsansatz.

Wir waren uns sicher: Provokateure aus dem Umfeld der Polizei oder Senats waren am Werk, um die Situation bewusst zu eskalieren. Mit Erfolg: Über Nacht hatte sich unsere Bewegung radikalisiert. Zahlreiche Menschen, die vorher niemals einen Pflasterstein geworfen hätten, wurden sozusagen mit dem Schlagstock sozialisiert. Ab sofort waren die Hausbesetzer mit Gewalt verbunden. Dabei war die ganze Sache ursprünglich völlig friedlich losgegangen.

Angefangen hatte alles mit Mieterberatung. Ende 1977, ich war damals 22 Jahre alt, zog ich zum Jura-Studium von Tübingen nach West-Berlin und landete mitten in Kreuzberg. Hier lernte ich Menschen kennen, die etwas gegen die skandalöse Wohnungspolitik im Kiez unternehmen wollten. Wir taten uns in der Bürgerinitiative SO 36 zusammen und halfen den vielen Wohnungssuchenden sowie den Mietern: vor allem alten, sozialschwachen Leuten, denen im Winter das Klo einfror, weil die Hausbesitzer ihr Eigentum vergammeln ließen anstatt zu renovieren.

Ende der siebziger Jahre waren zeitweise bis zu 80.000 Berliner auf Wohnungssuche, während rund 10.000 Wohnungen leer standen. Gleichzeitig wurden im Zuge der so genannten Kahlschlagsanierung zahlreiche, noch gut erhaltene Altbauten abgerissen und Mieter in neu errichtete Wohnblöcke umgesiedelt.
Unser Kiez war von der Abrissbirne sowie von rücksichtslosen Spekulanten bedroht, die Häuser nur deshalb kauften, um Steuern zu sparen. Irgendwann stellten wir fest: Mit Flugblättern allein sowie der Stadtteilzeitschrift Südost-Express, für die ich schrieb, kommen wir nicht weiter. Eine Aktion musste her, um die Vertreibung der Mieter, die Zerstörung der Häuser und die Yuppisierung unseres Stadtteils zu stoppen.

Plötzlich machte der Begriff "Instandbesetzung" die Runde, eine Wortkreation, auf die wir mächtig stolz waren: Wir wollten Wohnraum besetzen und gleichzeitig instand setzen. Unser Motto lautete: Legal, illegal, scheißegal. Wir fühlten uns im Recht - im Unrecht waren jene, die Wohnungen verrotten ließen. Die erste Wohnung, die wir uns in der Lübbener Straße ausgeguckt hatten, war so marode, dass wir sofort wieder abzogen.

In der Görlitzer Straße 74 klappte es besser: Mit Farbe, Tapete und Kabeln ausgestattet, besetzten wir im Februar 1979, noch etwas ängstlich, die erste Wohnung. Handwerker aus der mit uns sympathisierenden Nachbarschaft halfen beim Renovieren. Die Instandbesetzung hatte begonnen - doch noch interessierte sich niemand besonders für uns. Die Bewegung plätscherte so vor sich hin. Bis zum Advent 1980. Plötzlich standen wir im Rampenlicht der medialen Öffentlichkeit. Und wurden stark.

Die Straßenkämpfe zwischen Berliner Hausbesetzern und Polizei beherrschten bundesweit die Schlagzeilen. Um die Freilassung der Inhaftierten zu erreichen, demonstrierten am 20. Dezember 15.000 Menschen friedlich vor dem Untersuchungsgefängnis in Moabit. In der Folgezeit schnellte die Zahl an Hausbesetzungen in die Höhe: Waren im Dezember 1980 noch 20 Häuser besetzt, stieg die Zahl bis Ende Februar 1981 auf 100 an, bis Mitte Mai waren es bereits 169.
Tag für Tag wurden neue Häuser besetzt, auch außerhalb Kreuzbergs. Schöneberg wachte auf, irgendwann erhoben sich sogar Zehlendorf und Schmargendorf, für uns bis dato schlimmstes Ausland. Ich selbst zog mit 40 Menschen in die "Regenbogenfabrik", einen besetzten Häuserkomplex in der Lausitzer Straße. Aufgrund meiner Kontakte zu den Berliner Journalisten wurde ich zu einer Art "Sprecher" der Hausbesetzerszene. Unsere Hymne wurde das Lied von der Band Fehlfarben: "Keine Atempause, Geschichte wird gemacht, es geht voran!" Die Bewegung wuchs dramatisch - und wurde immer unübersichtlicher.

Während es mir und einem Teil der Hausbesetzer primär um eine gerechtere Stadtteilpolitik ging, verfolgten andere viel größere politische Ziele: Sie sagten gleich dem gesamten "Schweinesystem" inklusive staatlichem Repressionsapparat und bürgerlichen Lebensformen den Kampf an. Im basisdemokratisch organisierten Besetzerrat etwa, der jeden Sonntag im Kunst- und Kulturzentrum ("Kuckuck") in der Anhalterstraße tagte, stand als Top eins auf der Tagesordnung oft die Frage: Wollen wir zuerst die Nato zerschlagen und uns dann um die Legalisierung der besetzten Häuser kümmern oder andersrum? Ich war von Anfang an dafür, dass wir uns erst um die Häuser kümmern - und wurde als "Verhandlerschwein" verhöhnt.

Einer immer jünger werdenden Gruppe wiederum ging es im Grunde ausschließlich um dumpfe Gewalt und Abenteuerurlaub. Diese Krawalltouristen, die übrigens zu einem großen Teil aus meiner süddeutschen Heimat stammten, reisten nur der Randale wegen nach Berlin. Mit ihnen sowie dem militanten Teil der Szene konnte ich nie was anfangen. Ich verabscheute deren Paranoia, in jedem zweiten Menschen einen Spitzel vom Verfassungsschutz zu vermuten.

Zudem haben gerade die Militanten oft gekniffen, wenn es ernst wurde. Etwa, als eine ihrer Hochburgen, der "Turm" in der Adalbertstraße, von der Polizei geräumt wurde. Was taten unsere lieben Hardliner und Nichtverhandler, die stets den Widerstand bis zuletzt gepredigt hatten? Sie gingen aufs Dach und sprangen feige über die Mauer, in Richtung DDR. Abends wurden sie klammheimlich wieder abgeschoben. Nein, ich mochte sie nicht, die Militanten, Autonomen, Steinewerfer.

Trotzdem musste ich zugeben, dass ein Steinwurf manchmal das beste Argument war, um Öffentlichkeit herzustellen. Aufmerksamkeit für seine Ziele erreicht man leider erst dann, wenn es ordentlich rumst: ein blöder Zwiespalt, der bis heute alle Bewegungen gleichermaßen kennzeichnet. Um stark zu bleiben, mussten wir mit den Autonomen zusammenarbeiten, auch wenn uns nicht viel mehr verband als die Wut auf den Staat. Eine Wut, die in dem Maße wuchs, in dem wir schikaniert wurden.

Dazu gehörten etwa die frühmorgendlichen Razzien. Die Polizisten kamen meist gegen halb sechs, bolzten die Tür mit Äxten oder einem Vorschlaghammer auf und durchsuchten die besetzten Häuser. Völlig willkürlich warfen sie Gegenstände aus dem Fenster, Festnahmen waren an der Tagesordnung. Einmal wurde ich zusammen mit anderen festgesetzt und mit einem Mannschaftswagen an den Wannsee gekarrt. Nachts um drei stieß man uns vom Wagen, mitten auf eine stinkende Müllkippe.

Nie jedoch fühlten wir uns so ohnmächtig wie nach dem gewaltsamen Tod von Klaus-Jürgen Rattay, einem jungen Straßenkämpfer aus Kleve, der in einem der besetzten Häuser in der Winterfeldtstraße wohnte. Die Bewegung hatte ihren ersten Toten. Und die Wut explodierte.

Am 22. September 1981 räumte die Polizei auf Anweisung von Innensenator Heinrich Lummer (CDU) acht besetzte Häuser. Die Hausbesetzer reagierten mit einer Großdemonstration, bei der der 19-jährige Klaus-Jürgen Rattay von einem BVG-Bus überfahren wurde und starb. Nach Darstellung der Hausbesetzer hatte die Polizei die Demonstranten mit Schlagstöcken in den fließenden Straßenverkehr gedrängt. Ein Gerichtsverfahren widerlegte diesen Vorwurf.
Ich rannte sofort zur Potsdamer Straße und sah Rattay dort liegen, mit aufgeschlitztem Rücken - er war vom Bus mitgeschleift worden. Ein fürchterlicher Anblick, den ich nie vergessen werde. Ausgerechnet Rattay, ein völlig unpolitischer Mensch, ein armer Wicht aus der Provinz, der in der Szene nicht sonderlich beliebt war, wurde zum Märtyrer der Hausbesetzer-Bewegung. Am Nachmittag fand ein Gedenkmarsch von der Savignystraße zu der Stelle statt, an der Rattay zu Tode geschleift worden war. Schweigend zogen wir durch die Straßen, immer mehr Menschen gesellten sich zu uns.

Niemand brüllte Parolen, kein Sprechchor skandierte. Stattdessen summten wir alle zusammen "La Marche de Sacco et Vanzetti". Noch war alles still und friedlich, eine unglaubliche Atmosphäre. Dann, plötzlich, flogen von einem Haus Feuerwerkskörper in die Menschenmenge - und die aufgeheizte Stimmung entlud sich in einem wahren Gemetzel.

Ob ich damals selbst einen Pflasterstein in die Hand genommen und ein Schaufenster eingeworfen habe? Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht mehr. Aber ich verspürte eine solche Ohnmacht, dass ich gern geworfen hätte. Und ich konnte jeden verstehen, der geworfen hat. Auch wenn das nie meine Welt war.

Bis 1984 dauerten die Räumungen besetzter Häuser an, danach beruhigte sich die Situation. In teils zähen Verhandlungen erkämpften sich die Besetzer von 77 Häusern langfristige Nutzungsverträge. Grimme-Preisträger Kuno Haberbusch, Jahrgang 1955, leitete beim NDR unter anderem die "Panorama"- und "Extra 3"-Redaktion sowie das Medienmagazin "Zapp". Derzeit ist Haberbusch beim NDR als Leitender Redakteur der Abteilung Dokumentation und Feature tätig.

"Sprecher" der Hausbesetzerszene: Aufgrund seiner guten Kontakte zu den Journalisten, aber auch seiner redaktionellen Arbeit für die von der Bürgerinitiative SO 36 herausgegebenen Kreuzberger Stadtteilzeitschrift "Südost-Express" galt Kuno Haberbusch als "Sprecher" der Berliner Hausbesetzerszene. 1955 in Rastatt geboren, volontierte Haberbusch zunächst beim "Badischen Tagblatt" und begann dann ein Jura-Studium in Tübingen. Ende 1977 kam er zum Studium nach West-Berlin. Grimme-Preisträger Kuno Haberbusch leitete beim NDR unter anderem die "Panorama"- und "Extra 3"-Redaktion sowie das Medienmagazin "Zapp".


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