Munich Germany 2008
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Verschiedenes - Vermischtes - Miscellaneous
Von dem 1918 in der Blüte seiner Jahre von der spanischen Grippe dahingerafften Vaalser Kaplan Adolph Vaessen in deutscher Sprache aufgeschrieben
Die ersten Einwohner unseres Landes, welche die bis heute recherchierbare Geschichte uns kennen lernt, gehörten zum grossen Stamm der Kelten. Sie werden uns als ein ziemlich kultiviertes Volk beschrieben, welches Ackerbau betrieb, Viehzucht kannte und Erz bearbeitete.
Als die Römer unter Julius Cäsar diese Gegenden überwältigten waren die Kelten schon vertrieben und dieses Land wurde von germanischen Völkern bewohnt. Diese Germanen waren nach Cäsars Aussage ein ziemlich raues "Barbarenvolk", das ein umherschweifendes Leben führte und mehr von der Viehzucht als vom Ackerbau lebte.
Zum Stamm der Germanen gehörten die Eburonen, welche von Cäsar vernichtet worden waren. Die Eburonen waren in der gegenwärtigen Provinz Lüttich und im südlicheren Teil der Provinz Limburg auf beiden Maasufern ansässig.
Facitus erzählt, dass in seiner Zeit zwischen dem Lande der Ubier und der Maas, also im Süden der Provinz Limburg, wo früher die Eburonen wohnten, sich die Sunici (Sunucer) niedergelassen hatten, ein Volk, das tapfere Krieger für die römischen Legionen geliefert habe. Auch dieses Volk war von germanischem Ursprung.
Es liefen auch römische Strassen durch die Provinz Limburg; zu den ältesten in der Gegend von Vaals muss die Strasse über Maastricht, Bemelen, Gasthuys, Wolfshuys, Schülder, Gulpen, Wittem, Hilleshagen, Villen, Lemiers und Aachen gerechnet werden.
Eine andere alte Strasse, 32 Fuss breit (2 ruten), führte vom Rhein über Rolduc, Vaels, Moresnet, Houtem nach Limburg, Herzogenweg oder Königsweg genannt.
Doch nicht nur allein in der Nähe dieser Strassen, die grossen Schlagadern des Verkehrs, liessen sich die römischen Kolonisten ausschliesslich nieder; die Römer suchten auch die fruchtbarsten Gegenden und schönsten Stellen auf, um sich da in ihren Wohnungen niederzulassen und so drängten sie mehr und mehr die germanischen Stämme in die dürren Gegenden der Heide und des Peels. Wir finden Spuren von römischen Kolonisten weiter in den fruchtbaren Gegenden des Südens der Provinz Limburg, in vielen Ortschaften des Arrondissements Maastricht, unter anderem zu Vaals bei Lemiers, zu Mamelis, Villa Flengendahl zu Bocholtz und ein Wachtturm zu Valkenburg. Infolge der stets grösseren und erneuerten Überfälle der Germanen wurde die römische Herrschaft im 3. und 4. Jahrhundert n. Chr. sehr geschwächt und ging in der ersten Hälfte des 5. Jh. hier im Lande ganz zugrunde.
Die germanischen Stämme, die der römischen Herrschaft hier viel Nachteil zufügten und diese später ganz verdrängten, führten den gemeinschaftlichen Namen der Franken, was "Freimänner" heisst. Überreste der Franken befinden sich wieder zwischen Lemiers und Vaals.
Nach dem Tode des Kaisers Julianus gewann die Macht der Franken durch das Zuführen neuer Bundesgenossen so an Ansehen, dass sie wagten das römische Joch abzuschütteln und um das Jahr 418 sich einen König erwählten. Dieser König nannte sich Pharamond. Er ist bekannt als der Urheber der salischen Gesetze, das älteste Gesetzbuch der Franken.
Einer der Nachfolger (Clovis) Chlodwig, wurde der Gründer der fränkischen Herrschaft in Gallien. Im Jahre 491 bemeisterte er sich der Stadt Tongeren und breitete die Grenzen seines Reichens (der Hauptsitz war früher Kamereich und Dornik) aus bis an die Loire. Im Jahre 496 gewann er die berühmte Schlacht von Tolbiacum (Zülpich) bei Düren. Dieser Sieg wurde die Ursache der Bekehrung von Chlodwig und seiner Armee zum Christentum, da er gelobt hatte, die Religion seiner katholischen Gemahlin anzunehmen, wenn er den Sieg würde erringen. Bei seinem Tode war ungefähr das ganze römische Gallien seinem Zepter unterworfen.
Seine Söhne verteilten unter sich seine Staaten. Theoderich der Ältere wurde König von Metz, wozu auch die Gegend um Vaals gehörte.
567 fand eine neue Verteilung statt, wodurch das Reich Austrasie ins Leben gerufen wurde. Austrasie, das sich über die Niederlande erstreckte, hatte Metz zum König- und Hofsitz.
Jedoch findet man die austrasischen Könige auch viel zu Maastricht, da diese Stadt mehr im Mittelpunkt des Reiches gelegen und die Hauptstadt des sich weit erstreckenden Maasgaues war. Gaue waren unter der Regierung der Franken und der Karolinger, wie in anderen germanischen Ländern, eine durchlaufende Teilung des Landes. Das Land wurde in Gaue (papi), jeder Gau in kleinere Grafschaften und Marken geteilt. An der Spitze jedes Gaues oder papus stand ein Graf (gawa), der Recht sprach und die innere Verwaltung ausübte. Die Grafen wurden durch den König für eine bestimmte Zeit ernannt, sie führten nicht alle den selben Rang und hatten auch nicht alle die selben Rechte. Ihr Gerichtshof (rechtbank), der auf bestimmte Zeiten seines Amtes waltete, bestand aus sieben Schöffen (schepen). Ihre Arbeit wurde beaufsichtigt durch königliche Gesandte (missi domini) (ondergeschickt aan de comités waren de vice-comités en de centenarii of honderdmannen, aan de hoofd van de kleinere kantons geplaatst, die men doorgaans marken of schoutambten noemde).
In der Provinz Limburg grenzten mehrere grosse Gaue aneinander. Der grösste Gau war die papus masau, Maasgouw, sie erstreckte sich auf beide Ufer der Maas, von Visé bis Teisterband. Sie wurde schon früh geteilt in massau inferior und superior (Unter- und Ober-Maasgau).
Der Maasgouw war ein Teil vom Lütticher Lande, Limburg und Aachen gehörten dazu. Ab dem 11. Jahrhundert gehörte Aachen jedoch nicht mehr zum Bistum Lüttich, sondern zum Bistum Köln. Vaals gehörte zum (Mosago) Maasgau superior (Oberer Maasgau). In diesem grossen Maasgau befanden sich wieder andere Gaue, u. a. Luichgau, dazu rechnete man Lüttich mit der nächsten Umgebung, Valkenburg und selbst Aachen und Vaals mit anderen Ortschaften vom 11. Jh. ab.
Andere Geschichtsschreiber lassen den Maasgau an den Lütticher Gau und an den Aachener Gau (comitatus aquensis) grenzen. Wie dem auch sei, beinahe alle Ortschaften der Provinz Limburg waren Teile des grossen Maasgau, doch man trifft auch Dörfer an, die, sei es zeitlich oder für immer zu anderen Gauen gehört haben. U. a. findet man in den Diplomen aus den Jahren 1041 und 1042, dass Herve, Vaels, Epen und Valkenburg Teile vom Lütticher Gau waren, während in einer Akte vom Jahre 1055 Epen genannt wird als gehörend zum Maasgau.
Unter der schwachen Regierung des Dagobert I., einer der Nachkommen Chlodwigs, ging die Herrschaft der fränkischen Monarchen über die Hände der Hofmeier (majores domus). Ihr Amt wurde allmählich erblich in der begüterten Familie der Pippinger, bis dass einer der ihrigen, Pippin der Kurze, sich 752 zu Soisson zum König krönen liess, so ging das Zepter des Frankenreiches aus der schwachen Hand der Merowinger in die der Pippinger über.
Karl der Grosse, Pippins Sohn, unterwarf alle germanischen Völker des festen Landes und bekam sie in seine Macht und verdiente, am Weihnachtstag des Jahres 800 durch Papst Leo III., zu Rom als Kaiser des Westens gekrönt zu werden. Er hatte seinen Hof zu Aachen und liess das Münster bauen. Er war gross als Feldherr, Fürst und Mensch und dessen Fehler, wie bei allen hochstehenden Personen, nur zu leicht übers Haupt gesehen werden. Unter seiner Regierung wurden viele Verbesserungen eingeführt in seinen Staaten und neue Gesetze gemacht. Waren bis jetzt die Gegenden um Vaals noch mit vielen Wäldern bedeckt, jetzt wurden sie ausgerottet. Die Bodenkultur wurde im allgemeinen mehr und mehr in die Hand genommen. Namen der Ortschaften die auf -rode. -rade, -hain, -scheid, -bruch, -heid, -busch enden, entstanden allmählich. Landwirtschaft und Viehzucht kamen zu hoher Blüte. Handel und Verkehr wurden gefördert. Das Volk wurde mehr entwickelt, blühende Städte entstanden.
Aus dieser Zeit scheint Vaalsbruch (Vaalsbroek) zu stammen. Verschiedene Geschichtsschreiber bezeichnen dieses Schloss als Jagdschloss Karls des Grossen. Das Wörtchen "bruch" bedeutet immer ein feuchtes, wasserreiches Grundstück. Steht nun hier dieses Wort in Verbindung mit Vaals, so könnte man wohl geneigt sein anzunehmen, dass Vaals doch älter sein müsste, aber einen geschichtlichen Anhaltspunkt hat man nicht.
Der Sohn Karls des Grossen, Ludwig der Fromme, erbte das ausgestreckte Kaiserreich, aber nicht den festen Charakter und heldenhaften Mut seines Vaters. Er starb aus Verdruss im Jahre 840, sein Reich hinterliess er seinen Söhnen, die es durch ihre Streitigkeiten zerbröckelten. Von diesen Uneinigkeiten machten die Normannen (Wikinger) unter Harald Gebrauch um unsere Gegenden zu überfallen und zu plündern.
Um diesen Überfällen Halt zu bieten, waren die Söhne Ludwig des Frommen gezwungen, einen Friedensvertrag zu schliessen, welcher zu Meersen 847 zustande kam, wo genannte Fürsten noch einmal im Jahre 851 zu demselben Zweck zusammen kamen.
Im Jahre 876 zogen Godefried, Haralds Sohn und König Siegfried mit einer grossen Armee, zahlreich an Reitern und Fusstruppen, der Maas entlang bis Elsloo. Der kaiserliche Palast in Aachen, die Abtei von Korneliemünster, Malmedy und Stavelo wurden geplündert und in Asche gelegt. Doch nachdem sie mehrmals in Frankreich in die Flucht geschlagen waren, kehrten die verruchten Normannen 891 nochmals zurück. Ein blutiger Kampf fand am 16. Juni statt an den Ufern der Geul, bei Valkenburg, zwischen ihnen und Arnulf von Lothringen. Er wurde geschlagen und liess seinen Bundesgenossen Sunzi, Erzbischof von Mainz mit einer grossen Anzahl seiner Krieger auf dem Schlachtfeld zurück. Es dauerte aber nicht lange bis er sich aufraffte und in einer merkwürdigen Schlacht an der Diele bei Löwen, während die Normannen ihren Streitruf "Geul, Geul" wiederholten, wurden sie vollständig geschlagen, so dass mehr als hunderttausend das Schlachtfeld bedeckten, und die übrigen verliessen das Land.
Das Allodium des Adalberts-Stiftes in Vaels 1380
(Chr. Quix. Die Kapelle zu Melaten etc. Aachen 1843)
"Im Cod. dipl. Aquen. T.I.P.I. Seite 42 habe ich die Urkunde gegeben, mit welcher Heinrich III. im Jahre 1041 dem hiesigen Adalberts-Stifte ein Predium in Vaels schenkte. Da ich aber nach allen Erkundigungen nicht erfahren konnte, wann diese Gut von dem genannten Stifte abhanden gekommen, wurde ich in der irrigen Meinung gestärkt, dasselbe wäre bis zur Aufhebung des Stiftes bei demselben geblieben und von den Franzosen veräussert worden. Die beiliegende Urkunde zeigt aber, dass das Gut, welches zwei Güter ausmacht, schon im 14. Jahrhundert von dem Stift veräussert war, denn im Jahre 1380 besassen es eigentümlich der Herr Ryt von Birgel und dessen Gattin Lisette in dem Bruch, die am Maria Lichtmess-Feste des angeführten Jahres bekannten, von diesem Gute dem genannten Stifte schuldig zu sein einen Jahrzins von 28 Kapaunen:
»Ich, Ryt van Birgel ind Lise den Bruych myn elich Wyf doen kunt allen Lüden inde bekennen sementlich onermitz desen intghewordighen Brief, dat wir schuldich syn inde blinen zo bezalen, erflich inde zo ewighen Daghen aljaer den ersamen Heyrren, dem Dechgen ind deme Capittel der Kirghen van sent Albretz zo Aichge eychtindzwenzig gude Capune van den Hoef van Voels, inde van allen syne Zobehoren, den vürmolz der Heirren inde der Kirghen van sent Albretz was. Wilgche Capunen wyr Ryt ind Lise vürsz. den vürsz. Heirren geoben in guden Truwen vür uns, inde vür unse Nakomelingen wall zu betzalen ind zo leveren yn bynnen der Statt von Aich, inde vn yr Behalt, aljor op sent Steffens Dach neyst deme heyllighen Kyrsz Daghe, in alsulgher Vurwarde. Weyr dat Sachge, dat wyr of uns Nakomelingen in der Betzahlinge der vürsz. Capunr in der Zyt vürsz. bruychlich vunden würden in eyne Deyle of an zo mayl, so moghen die vürsz. Heirren of yr Boeden van yeren weghen penden up deme vürsz. Hoef in orber der vürsz. Heirren inde Kirghen, on eyngherley Wedersetzunge, of Wedersprachs myn Wyis of unser Nakomelingen, inde in wylghen Schaden die vürsz. Heirren das des quemen, of komen moechten, das geloyft wir sy allweych zo intheyven, inde schadeloyss zo halden, al Argeliste inde Vunde nuwe of alt, dey dese vürsz. Heirren an der Bezalinghen deser vürsz. Capune hindern moeghen, alweyge uszgeschezeen, inde zo eyne gentzlicher Warheyde, so hain ich Ryt vür mich myn Wyff, inde vür unse Nakomelingen myn Ingesegel an desen Brief gehanghen, de gegeuen wart, do man schreiff im Jaer zo unser Vrauwen Leytmesse.«
Ex chart nov. Ecc. S. Adalberti."
Der Fall der Karolinger in Frankreich und die unglücklichen Regierungen der Kaiser Heinrich IV. und Heinrich V. waren Schuld, dass die meisten Herzöge, Grafen und Herren unseres Landes sich unabhängig erklärten. Die Gaue, die sie als kaiserliche Statthalter regiert hatten, wurden ihnen in erbittlichen Lehen abgestanden, dadurch traten eine Reihe Staaten ins Leben, wovon viele bis zum Ende des 19. Jh. fortbestehen. Wir halten es für notwendig dem Leser eine kurze Beschreibung anzubieten von diesen Landen, wovon früher Teile zu dem Grundgebiet des südlichen Teiles der Provinz Limburg gehört haben.
Im Anschluss an die Urkunden, die schon gegeben sind, können wir noch hinzufügen, dass nach Quix "Schloss und Kapelle Berensberg", Garsilius de aquis, Kanonikus der Marienkirche zu Aachen, das Lehen von Vaals kaufte. 1294 schenkte derselbe an die Marienkirche den Hof Pfaffenbruch. Aus den Chart. Eccl. S. Adelberti ist uns weiterhin bekannt, dass der Vogt des St. Adalbertsstiftes eine Frau von dem Stiftshove in Vaals transcribieren an das Stift selbst 1135; weiter bekennt Reinhard, genannt "Bunde", den dem Adalberts-Stift zuständigen Hof in Vaals in Pachtung zu haben 1229.
Der Kanonikus der Münsterkirche zu Aachen Hendricus von Tuneborch, schenkte im Jahre 1238 der Äbtissin und dem Konvent von Burtscheid einen Zins von 11 Solidi, 3 Denarien und 6 Kapaunen, den er von Wilhelm von Vaals gekauft hatte.
Die Grafschaft Limburg
Hierzu gehörten nach Kanonikus S. P. Ernst ursprünglich auch mehrere Dörfer zwischen Aachen und Maastricht, die aber bald davon abgeschieden sind; u. a. haben ursprünglich Wahlwiller, Mechelen und Epen dazu gehört (1288).
Hat Vaals dazu gehört? Es ist unbekannt.
Hieraus ist aber zu erkennen, dass der Name der Provinz Limburg von dem alten Herzogtum Limburg abstammt.
Im elften Jahrhundert war ein Herr namens Graf von Limburg Walram I. durch seine Gemahlin, eine Tochter eines der Herzöge von Lothringen, in den Besitz von einigen Ländern zwischen Lüttich und Aachen gekommen. Er lies ein altes, von Wohnhäusern umringtes römisches Kastell, gelegen auf einem hohen Felsen am linken Ufer der Vesdre bei Eupen (im keltischen Lijmburg oder Leinburg genannt, was befestigter Ort am Wasser heisst) wieder aufbauen. Danach nahm Walram, nach damaligen Brauch, den Namen des Kastells an, welches er renoviert hatte und dessen Name sich schliesslich über alle Gebiete ausstreckte, über welche er die Oberherrschaft ausübte. Es besteht eigentlich keine Urkunde, um mit Sicherheit die Grenzen festzustellen.
Die Herzöge von Limburg haben sich auf dem Schlachtfeld grossen Ruhm erworben, unter ihnen zeichnete sich besonders Walram III., Gemahl von Kunigunda, Tochter des Herrn von Valkenburg, aus. Er wurde 1226 in der Abteikirche von Klosterrode beigesetzt. Walram III. ist doppelt verwandt mit dem gegenwärtigen Königshaus. Dieses Herzogtum ging nach der Schlacht von "Woeringen" (zwischen Neuss und Köln) infolge des Erbfolgekrieges im Jahre 1288 an Brabant über, worunter es lange Zeit verblieb.
Eben um diese Zeit war es auch, dass gewisser Ailbert, Kanonikus des Hochstiftes zu Dornick, die eine Meile weit von Aachen gelegene Abtei Klosterrode stiftete; er kam mit seinen beiden Reisegesellen Thiemo und Walger in diese damals noch wüste Gegend und erhielt von dem Grafen Adalbrecht von Saffenberg und dessen Gemahlin Mathilde, einem überaus frommen Ehepaare und Eigentümer des damaligen Bezirkes, einen geräumigen Platz zur Ausführung seines gottgefälligen Vorhabens; er baute aber nur ein hölzernes Kapellchen, und dieses war der Anfang zu einer Abtei, die unter der angenommenen Regel des grossen Augustinus an grossen Männern gross ward, die den Schimmer echter Tugenden weit über ihre Grenzen hinaus warf, und die noch bis auf den heutigen Tag in der Gottesfurcht, Gelehrtheit, Seelsorge und in einem recht geistlich geordneten Leben ihre ungeheuchelte Stärke setzt.
Dieser Adalbrecht führte Krieg mit dem Herzog von Limburg, der einen Teil von Herzogenrath an sich gezogen hatte. Doch später kam Herzogenrath durch die Heirat Mechtildis, einer Tochter des Grafen von Herzogenrath, mit Heinrich II., Herzog von Limburg, ganz an das Limburgische Haus. Nachdem es später noch einige Zeit dem Bischof von Lüttich zugehört hatte kam das Land von Herzogenrade wieder zurück an Limburg, um durch Heirat im Jahre 1155 mit Brabant vereinigt zu werden. Von dieser Vereinigung sagt ein alter Aachener Geschichtsschreiber folgendes:
»Nicht gar lang nach diesem ging ein Feuer aus, das von Jahren her um sich gefressen, und die Stadt Aachen zweymal beschädiget hatte; es ward nämlich zwischen Herzog Gottfried dem III. und Nieder-Lothringen oder Braband, und des Herzogen Heinrich von Limburg Tochter, Margareth genannt, eine Verehelichung zum Stande gebracht, und also hierdurch alle oberzehlte Verbitterung und Feindseligkeit zwischen beeden Häusern auf einmal ganz glücklich beygelegt; ja der letzerwähnte Herzog war von dieser Heyrath so sehr zufrieden, dass er dem hohen Braut-Paar unter andern auch das Schloss Herzogenrode mit dem hierzu gehörigen Lande schenkte.«
Später kam diese Herrschaft noch einmal an das Herzogtum Limburg, bis es schliesslich nach der Schlacht von Woeringen fest und ganz mit dem Herzogtum Brabant vereinigt wurde, und so machte es mit dem Lande Overmaas und Limburg als Provinz einen Teil von Brabant aus. 1544 bis 1609 ging das Land Herzogenrade, wie wir sahen, in die Hände des Herzogs von Jülich über; nach dem Tode des letzten Herzogs von Jülich kam es wieder bei Limburg und wurde 1661 zwischen dem König von Spanien und den vereinigten Niederlanden verteilt.
Wir sahen jetzt, welches Wehe und Elend die fortwährenden Änderungen der Oberherren über unsere Gegend vom 11. bis 16. Jahrhundert gebracht hat und welches Los unsere Gegend getroffen hat. Wir wollen jetzt noch kurz die Geschichte vom Herzogtum Brabant erwähnen, weil alle Herzöge und Grafen dieser Gegend ein und das selbe Los getroffen hat, nämlich das sie alle 1396 dem grossen Brabant als Provinz unter dem Namen Overmaas einverleibt wurden. Schon nach de Schlacht von Woeringen waren die Länder Herzogenrade und Limburg abhängig geworden vom Herzogtum Brabant.
Das Herzogtum Brabant
Brabant entstand aus dem Herzogtum Niederlotharingen. Seit 1190 nahm der Herzog Heinrich I. von Niederlotharingen den Namen ’Herzog von Brabant’ an. Nachdem dieses Reich in verschiedene Herzogtümer zerfallen war, wusste er 1204 in Besitz zu kommen von einigen Gütern, gelegen in dem Lande von Overmaas, die bisher im Besitz der Kaiser waren. Dieser Heinrich hatte so als erster Herzog von Brabant schon frühzeitig festen Fuss bekommen in den Landen von Overmaas. Einer seiner Nachfolger, Johann I., bekam 1288 nach der Schlacht von Woeringen Limburg und Herzogenrath.
Jetzt wollen wir eben den Lauf der Geschichte verlassen, um uns die innere Verwaltung der Gemeinde Vaals in dieser Zeit vor Augen zu führen.
Jedes der Länder von Overmaas wurde in Banken und Herrschaften verteilt. Schon im Jahre 1323 bestand hier eine Schöffenbank. Holset und Vylen waren auch alte Schöffenbanken. Diese Banken entstanden aus dem Lehnwesen und regelten die Rechtspflege. In zivilen Sachen ging man von der Schöffenbank in höheren Beruf (in hooger beroep) nach Herzogenrade. Kriminelle Missetäter wurden an den Herzog von Brabant ausgeliefert. Später ging man auch in höheren Beruf nach Holset.
Siehe hier wie sich diese Rechtspflege aus dem Lehnwesen entwickelt hat. Nachdem die Franken das von Römern beherrschte Land erobert hatten, wurde jeder vollberechtigten Familie ein Teil der Bodenfläche durch das Los zugewiesen, d.h. das Nutzungsrecht wurde dem jeweiligen Inhaber abgetreten. Nur der freie Mann wurde wirklicher Besitzer eines erblichen Anteils, welches Allod oder reines Eigentum hiess. Die vorigen kaiserlichen römischen Krongüter waren den fränkischen Königen (Merowinger) zugefallen, welche sie teils selbst verwalteten, teils auch ihren Getreuen zur Belohnung unter gewissen Bedingungen (nämlich der Treue und der Verpflichtung in Kriegszeiten mit ihren Dienstleuten Hilfe zu leisten) zu Lehen gaben. Während der Regierung der Karolinger wurden diese Lehen nur auf Lebenszeit verliehen, später wurden sie erblich. Das Prinzip des Lehnsystems dehnte sich im Laufe der Zeit noch weiter aus. Die Besitzer von diesen ausgedehnten Lehngütern, die nicht das ganze Eigentum bearbeiteten, oder nicht genug Knechte oder Hörige hatte, zerlegten die weniger fruchtbaren Äcker zu Hufen und gaben dieselben gegen jährliche Abgaben zu Lehen. Die Inhaber dieser grösseren und kleineren Hufen hiessen Laten (von laten, zu lassen, zur Benutzung überlassen). Diese Laten bildeten mit dem Herrenhof eine Hofgenossenschaft, wenn sie auch persönlich frei waren. Die stets wachsende Zahl der Laten und die immer grössere Ausdehnung der Latengüter führten die Notwendigkeit bestimmter Gesetze und Verordnungen bei. Auch diese Lehen waren also erblich geworden. Die Laten durften sogar ihr Gut durch Verkauf oder Testament veräussern, dasselbe belasten oder verpfänden. Dazu bedurften sie jedes Mal der Zustimmung des Grundherren, welche nur gegen bestimmte Abgaben verliehen wurde. Diese Abgaben, zumeist Kapaunen, wurden ursprünglich in natura auf dem Hofe eingeliefert, später diese nach Guldenwert geschätzt. Wie schon vorhin erwähnt bildeten die Laten eine Hofgenossenschaft oder Bank an deren Spitze der Grundherr selber, später sein Statthalter oder Schultheiss (schout- von Schuld fordern) stand; die Bank, vertreten durch ihre Schöffen, sicherte einerseits die Rechte der Laten, schrieb aber auch die Pflichten gegenüber dem Lehnherrn vor. Schultheiss und Schöffen mit dem Herrn der Bank an der Spitze, stellten die Laatbank oder Schöffenbank dar, nachdem beide ersteren vor dem Herrn den Eid der Treue geschworen. Ein oder mehrmals im Jahre, an bestimmten Tagen, welche 14 Tage vorher angekündigt wurden und an dem der Jahreszins dem Schultheissen entrichtet werden musste, wurden gemeinsame Angelegenheiten besprochen, Beschwerden vorgebracht, Behändigungen zu Buch gebracht und Zwistigkeiten entschieden.
Übereinstimmend mit dem allen sehen wir, wie in Vylen Schultheiss und Schöffen angestellt wurden durch die Äbtissin von Burtscheid, Grundfrau von Vylen. Die Herrschaft Vaalsbruch unter Vaals und der Hof Einrade unter Holset waren Laatbanken.
Gehen wir weiter mit der Geschichte von Brabant, dann begegnen wir dem Herzog Johann III., der Friedsame, gestorben 1355, der vom Kaiser Karl V. die “goldene Bulle“ erhielt, die inne hielt dass u. a. die Einwohner von Limburg, Herzogenrath und Brabant nicht durch Richter des römischen Kaiserreiches durften aufgefordert, festgenommen oder verurteilt werden.
Johann IV. verordnete, dass der Herzog keinen Krieg führen sollte, ohne die Zustimmung der Städte und dass er keine Freiheiten des Landes konnte einschränken. Philip der Gute schloss 1465 mit dem Bischof von Lüttich einen Vertrag, wodurch geregelt wurde, auf welche Weise die Brabantischen Truppen über das Gebiet von Lüttich ziehen durften, um mit den Landen von Overmaas in Beziehung zu kommen.
Karl der Stolze, Herzog von Brabant, war ein kriegsüchtiger Mann und setzte für die Untertanen der Landen von Overmaas fest, dass diese Länder bei Endbeschlüssen ausschliesslich nur vor dem Hof von Brabant in Brüssel erscheinen sollten.
Seine einzige Tochter heiratete mit Maximilian, Kaiser von Österreich und später Kaiser von Deutschland. Er ist der Stammvater des Habsburgischen Königshauses in den Niederlanden geworden. Sein Sohn Philip der Schöne heiratete mit Joanna, Tochter von Ferdinand dem Katholischen und wurde so auch König von Spanien und Erbe der ganzen spanischen Monarchie. Diese Ehe brachte die Niederlande in Verbindung mit Spanien und wurde so die Ursache für die Unruhen, die nachher für die Niederlande ausbrachen.
Karl V., Sohn von Philip dem Schönen, 1500 geboren, wurde der mächtigste Fürst seiner Zeit. Er regierte über Spanien, Burgundien und Österreich. 1519 wurde er zum Kaiser erwählt und wusste auch das Gebiet der Niederlande, damals das blühendste und reichste Land von Europa, in seine Hand zu bekommen. Für diese Zeit gilt der Spruch: »alia bella gerunt, tu felix Austria nube« (mögen andere Krieg führen, du aber glückliches Österreich feiere Hochzeit).
Die Reichsstadt Aachen
Die Reichsstadt Aachen übte auch nach dem Zerfall der karolingischen Macht die Herrschaft über die Nebenhöfe und das sie umgrenzende Gebiet aus. Daher möchte ich nicht unterlassen ein viertes Reich zu erwähnen, womit Vaals besonders nach dem 16. Jahrhundert mehr in Beziehung trat, nämlich das Aachener Reich, dessen Aneinandergrenzung mit Vaals aber schon seit Jahrhunderten besteht. Das Aachener Gebiet, districtum aqueme, wird schon 870 im Meersener Vertrag genannt. Aachen war schon in der Zeit Pippin und Karls des Grossen mit Mauerringen und Befestigungen umgeben. Kaiser Friedrich I. Barbarossa, der bereits dem Reiche von Aachen Münz- und Marktrecht verliehen hatte, legte ein besonderes Gewicht darauf, bei der Erteilung der Stadtrechte im Jahre 1171 die Anforderung zu stellen, dass die aufblühende Stadt mit einem festen Mauerringe umzogen werde, was aus einem Schriftstück über die damalige Zeit hervorgeht:
»Indem nun derselbe (Friedrich I.) sein Augenmerk sonderbar darauf richtete, was zur Flor der Stadt Aachen dienen, und was den gedeylichen Fortgang der ihr geschenkten zween Jahr-Märkte befördern könnte, so befahl er dem dortigen Rath, dass theils dieser Ursache halber, theils auch wegen der allda ungemein stark anwachsenden Bevölkerung, besonders was die Wollen-Weber, und deren Zugehörige, als Woll-Kömmer, Spinner, Walker und dergleichen betraf, die schon ziemlich angebauten Vorstädte mit Ring-Mauern, Thoren und Thürmen umzogen werden sollten; und musste sich der Rath eidlich verbinden, dieses Werk innerhalb vier Jahren zum fertigen Stande zu bringen; der Herr Nopp irret also, oder wenigstens drucket sich nicht deutlich aus, da er schreibt: der Aachensche Erb-Rath und die Gemeinde hätten, sonderlich zur Zeit und Regierung des Burgermeisters Chorus, die äussere Stadt gebauet: denn dieser brave Regent war bey Anbauung der Stadt noch weit zu suchen; Blondel gibt hierüber eine bessere Erklärung, da er sagt: die äussere Stadt wäre unter Friedrich angefangen, und nur zum Teil verfertigt, unter der Regierung des belobten Burgermeister aber der Bau völlig ausgeführt worden. Durch diese Erweiterung ward unter andern auch das Stift St. Adalbrecht zwischen den Mauern eingeschlossen.«
Aus dem Vorhergehenden sehen wir, dass der Handel und die Tuchindustrie in Aachen zur Blüte kam. Ein alter Geschichtsschreiber sagt uns, dass die Tuchweber die hoffärtigsten und verwegensten Burschen vorstellten und einen unerträglichen Stolz führten. Wir werden später sehen, wie nachher noch protestantische Weber aus den Niederlanden nach Aachen kommen und wie dann diese Industrie nach Vaals übersiedelt.
Aber noch mehr kam Aachen zur Blüte unter dem Bürgermeister Chorus, der wie wir gesehen, die Befestigungswerke vollendete und 1353 mit dem Bau des Rathauses und des Münster-Chors begann.
Wenn wir jetzt die Blüte Aachens besprochen haben, so blieb die Stadt jedoch auch nicht von grossen Schicksalsschlägen verschont: Krieg, Feuersbrunst und Pest. Es würde zu weit führen, das alles aufzuführen. Auch dem Stadtrat wurden in dieser Zeit grosse Beschwerden gemacht. Derselbe besass nämlich einen schönen Landbezirk, in dessen Mittelpunkt er wohnte, der aber, da der eine hier, der andere dort davon abzwackte, immer kleiner wurde und auch wie ein Hühnerhaus allezeit offen stand; mithin war ein jedes Dorf, ein jeder Bauernhof dem Diebesgesindel bei Tag und Nacht ausgesetzt und selbst der Bürger in seinen Ringmauern war nicht so sicher, wie er es wünschte. Der Rat verfiel daher auf die Erschliessung, die Grenzen seines Gebietes mit einem starken Damme und Graben »Landgraben« genannt, umgeben zu lassen. Dies war ein Wall mit Eichen und Buchen bepflanzt, wodurch ein breiter dichter Zaun entstand; an verschiedenen Stellen befanden sich Wachthäuser, wovon im vorigen Jahrhundert noch welche erhalten waren. Über den »Landgraben« finden wir in der Geschichte des Aachener Reiches von Pfarrer Gross folgendes aufgezeichnet:
»Die Stadt liess ihr Gebiet mit einer Landwehre, im Volksmund gewöhnlich Landgraben genannt, umgeben. Den Landgraben bildete ein etwa 10 Fuss hoher und 20 Fuss breiter Erdaufwurf oder Wall, der mit einer doppelten Reihe von Eichen und Buchen bepflanzt war. Die Stämme wurden auf Mannshöhe abgeschnitten und ihre vielfach verschlungenen Zweige bildeten mit den knorrigen Stumpfen ein undurchdringliches Dickicht. Vor und hinter dieser lebendigen Mauer befand sich ein breiter und tiefer Graben. Die Einrichtung hatte einen doppelten Zweck. Zunächst diente sie als Grenzbezeichnung, dann aber sollte sie auch eine „Wehre“ sein, die den Anmarsch des Feindes hinderte und eine Überrumpelung möglichst untunlich machte.«
»An diesem landgraben liegen acht wachttürme, und zwar der erste bei Linzenshäuschen, der zweite in der Preuse, der dritte am Beck oder Gimmenicher Weg, der vierte zu Orsbach, der fünfte am Hirsch (Laurensberg), der sechste zu Morsbach, der siebente am Wamich und der achte an Verlautenheide. In diesen thürmen legte ehdiesem der rath bei kriegszeiten behörige wachten, welche auf die anrückung der feinden acht haben und zusehen mussten, ob selbe sich in der nähe hielten oder vorbeigingen, oder wie stark sie waren. Hierinne wohnen die förster, welche die landwehre und stadtwaldungen wahrnehmen müssen. Auch forden ihre pflichten auf anrückenden fremden völkeren, streifende parteien und herrenlosem gesindel acht zu haben und solches der regierung alsofort zu hinterbringen.«
Vor der Zeit Meyers lagen letztere Pflichten besondern Wächtern ob, welche in den Türmen wohnten und wie in Aachen den Namen Kurwächter führten. Später ist die Strecke vom Senserbach bis zur Wurm angelegt worden. In einer Urkunde von 1453, welche den Ankauf eines Morgens Land zu Orsbach durch die Aachener Regulierherren berichtet, heisst es, das Grundstück sei gelegen »beneiden up der nuwer lantweren grave«. Der Landgraben ging jedoch nicht in ununterbrochenem Zuge um das Reich. Abgesehen von den Unterbrechungen durch Strassen, welche durch die Wachttürme gedeckt wurden und durch Wege, welche durch Grindeln und Falltore geschlossen werden konnten, wurde derselbe an einigen Stellen durch Bäche ersetzt und fehlte an anderen Stellen gänzlich.
Alles was jetzt durch den Landgraben eingeschlossen wurde, gehörte zum Aachener Reich, das sich eine halbe Stunde ungefähr ausserhalb der Festungsmauern ausstreckte; dieses Reich, nur allein vom Kaiser abhängig, wurde in 6 Quartiere verteilt (Laurens) Berg, Vaals (deshalb Vaalserquartier), Haaren, Weiden, Orsbach, Würselen. Als Schutzherren wurden an Kaisers statt andere mächtige Fürsten aus der Umgegend angestellt. Diese Schutzrecht hatte 1282 Walram, Herr von Valkenburg, 1296 der Herzog von Brabant und andere, aber schon sehr früh und oft hatten die Grafen und Herzoge von Jülich diese Macht in Händen. Der Stadtrat, den wir früher erwähnten, war bis zum 15. Jahrhundert erblich und hatte das Regiment der Reichsstadt in Händen. Dieser erbliche Rat hatte sich entwickelt aus Hofbeamten der Kaiserpfalz. In diesem Stadtrat hatten nur einzelne Mitglieder des niederen Adels Sitzung. Diesem einseitigen Regiment standen die Gilden (Zünfte) gegenüber, die sich zu einer starken Macht ausbildeten und denen es teilweise gelang im städtischen Regiment mitzusprechen.
Die Wegenetze
Wir haben im Vorhergehenden den Zusammenhang von Aachen mit Vaals beschrieben. Im Gegensatz zu Aachen, das schon früh eine Industrie ersten Ranges führte, blieb Vaals klein und war dem Scheine nach ein ländliches Dorf, das sich aus kaiserlichen Gütern entwickelt hatte, wie aus den zur Pfarrkirche Berg (Laurensberg) gehörenden königlichen Höfen sich die Ortschaften Berg, Soers, Seffent, Vetschau, Orsbach, Lemiers und Vaelserquartier entwickelt haben.
Einen weiteren Blick auf den Zustand unserer Gegend geben uns die Verkehrsstrassen. Wer ein neuerobertes Gebiet behaupten will, muss in erster Linie dafür sorgen, dass es leicht zugänglich ist und dass seine wichtigsten Punkte in rascher, sicherer Verbindung mit den Hauptstützpunkten der eroberten Macht stehen. Das wusste niemand so gut wie die Römer.
Wir haben schon die ältesten Strassen unserer Gegend genannt, nämlich 1. die grosse von Aachen nach Maastricht und weiter nach Lüttich führende Königsstrasse. Sie führte über Maastricht, Heer, Bemelen, Gasthuys, Wolfshuys, Schuelder, Gulpen, Wittem, Hilleshagen, Villen, Lemiers, Melaten, Aachen. Über diese Wege zogen die römischen Legionen unter Cäsar zum Rhein; Meilensteine zeigten die gleichmässigen Etappen an. In Lemiers scheint einer dieser Steine am Ausgang des alten Villener Weges, wo jetzt das Kreuz steht, am Weg zum »Kool«, gestanden zu haben. Wo sich die Wege kreuzten erhob sich gewöhnlich die Statue einer römischen Gottheit oder ein Viergötterstein, worauf die Reisenden gewöhnlich Opfer für eine günstige Reise darbrachten. Diese einsamen Göttersteine trugen dazu bei, dass diese Stellen für heilig gehalten wurden. Die Kirche schaffte in ihrer Weisheit die Gebräuche der Heiden nicht ab, sondern wusste dieselben in christliche Gebräuche umzuwandeln. Diese heidnischen Götteraltäre verschwanden und an ihre Stelle traten dann sehr oft Kreuz oder die christliche Kapelle. So stand früher ein Kreuz zwischen dem „Schneeberg“ und dem „Schwarzenkopf“ in der Nähe wo der alte Herzogenweg mit der „Königsstrasse“ kreuzte unter dem sogenannten „Mierbäumchen“ (oft verwechselt mit dem „Seffenterbäumchen“ auf dem Schneeberg) einem schweren Lindenbaum. Das Kreuz wurde durch die protestantische Herrschaft vom Pfaffenbruch nicht mehr unterhalten und verschwand. An dieser Stelle war es auch, wo sich einst zwei Schäfer, die miteinander in Streit geraten waren, erschlugen. Vaals lag am Herzogenweg; es war die grosse Strasse (jetzt noch Hatzigweg genannt) die vom Rhein über Rolduc oder Herzogenrade, Vaals Houtem nach Limburg (bei Dolhain) führte. Hieraus sehen wir, dass Vaals nicht direkt an der grossen Völker- oder Königsstrasse lag, sondern Vaals lag in einem Vallis d.h. Tal wurde, währenddessen zu Villen eine römische villa rustica lag und daher seinen Namen entlehnte.
Im Mittelalter zogen die Kaiser auf dieser Heerstrasse mit buntem Gepränge zur Krönung nach Aachen. Dem Königsweg entlang befanden sich Gast- und Siechenhäuser für Reisende zu Bemelen, Schuelder, Gulpen, Villen und Melaten. Das Siechenhaus von Melaten ist uns allen bekannt. Auch andere fromme Stiftungen lagen an diesem Wege, u.a. Kapelle zu Ehren der hl. Luzia und Katharina zu Lemiers und eine Kapelle zu Ehren des hl. Petrus und Martinus zu Vylen, erbaut vom hl. Clodulfus.
Ausser den zwei besprochenen Heerstrassen hat unsere Gegend auch noch viele andere Wege zu verzeichnen, welche alle darauf hinweisen, dass in landwirtschaftlicher Beziehung hier schon früh ein grosser Austausch stattgefunden haben muss. So hat ebenfalls schon sehr früh eine direkte Verbindung von Vaals mit Aachen bestanden. Die jetzige Akenerstraat war schon 1663 bekannt als die Gerichtsstrasse von Aachen. Diese Strasse, welche durch Vaalserquartier nach Aachen führt, hat sich wie alle alten Strassen zwischen Vylen, Holset und Lemiers aus den von Ort zu Ort getretenen Pfaden entwickelt, Ausser dem früheren Maastrichterweg, welcher über Vylen, Lemiers nach Aachen führte, haben wir noch verschiedene andere Wege in unserer Gemeinde, von denen ich einige angeben will.
Ein Weg (von dem noch verkommene Überreste zu finden sind) führte von der Vylenderstrasse aus über Harlis, an der Schauermühle vorbei, nach Vaals, Akenerweg genannt. Diesen Weg benutzte der Postwagen von Maastricht nach Aachen. Er ging über den Kulerberg an der protestantischen und katholischen Kirche vorbei und kam in der Gerichtsstrasse aus. In Lemiers, ungefähr an der alten Kapelle, zweigte sich von der alten Heerstrasse ab nach Vaals die an der sogenannten Emmaburg vorbeiführende Strasse, Meulenweg genannt, der durch die Gemeinde an den interessierten Eigentümer verkauft ist. Von Vylen, an Einrade vorbei, Holset, Vaalsbruch nach Vaals führte der Hoptschetsnellenweg, Hoeverweg, Staweg, Leeverigeweg, Doodlegg, Dousbergerweg, Holseterweg, Broekerweg, Kettenweg, nach verschiedenen Teilen benannt. Der Broekerweg war, am Hof Weger vorbei, verbunden mit dem Akerweg durch den Boffeweg. In allen Ortschaften unserer Gemeinde lagen schon vor dem 16. Jahrhundert viele Güter, welche den verschiedenen Kirchen und frommen Stiftungen in Aachen gehörten und deren Ertrag teils nach Aachen geführt wurde. Wenn wir früher von den Protestanten sprachen, welche grösstenteils aus Aachen ausgewiesen, hier ihre Kirchen errichteten und uns die Kupfer- und Tuchindustrie brachten, dann benutzten sie die alte Gerichtsstrasse. Ausser der Gerichtsstrasse sind für Vaals nur der ‚s-Hertogenraderweg (Hatzigweg) und der Kupfergasken bekannt. An den obengenannten Wegen lagen Huis de Vaalsbroek, Weijerhof, Huis te Lemiers und Huis te Eenrade.
Wir wollen jetzt wieder zurückgehen, um die Holseter Bank, wozu Vaals und Vylen immer gehört haben, und nach der Einraderbank, welche ein grosses Gebiet in unserer Gegend besass, zu besprechen. Die Archive von Maastricht besitzen hiervon ausführliche Verhandlungen, welche man in „het Rijksarchief“ gratis einsehen kann. Über die Laat- oder Schepenbank führen wir jetzt vieles an, das uns Herr Dr. Goosens, Archivaris aan ‚t Rijksarchief te Maastricht, zur Verfügung stellte.
Anmerkung: Am Kettenweg, nicht weit von Holset, steht an der Strasse ein Kreuz. Der Volksmund erzählt, dass hier zwei Grafen, einer war von Teemen, ein Duell führten und einer erschossen wurde.
Laatbanken in der jetzigen Gemeinde Vaals
Wir haben angegeben, wie sich aus dem Herrenhofe durch das Lehnsystem die Latengüter entwickelten und wie dadurch die Laat- oder Schöffenbank entstand, welche aus dem Schultheiss oder Statthalter und den Schöffen zusammengestellt war, die durch den Herren der Bank angestellt wurden. So sehen wir in der Herrschaft Villen, die Grundfrau, Äbtissin von Burtscheid, in der Herrschaft Einrade den Herrn von Einrade und in der Herrschaft Vaals den Herrn der Herrschaft Vaals und Holset einerseits als Vasallen des Herzogs von Brabenat, anderseits aber auch als Lehnherren, welche die ihnen gehörigen Güter ihren Laten zur Benutzung überliessen und durch ihre Statthalter (schout) mit den Schöffen das übliche Latengericht abhalten liessen. Der Äbtissin gehörten als Grundfrau die Früchte des Feldes und sie war verpflichtet einen Teil der Kirche zu unterhalten. Früher bestand hier ein Kloster der Tempelieren, doch ist dasselbe dermassen verwüstet worden, dass man schon 1750 keine Überreste mehr davon fand.
Zum vollständigen Überblick und auch zum besseren Einblick in das Gerichtswesen der Laten- oder Schöffenbank, welche sich mit der Zivil- und Rechtsverwaltung Jahrhunderte lang in unserer Gemeinde befasste , wollen wir mit der Bank von Villen anfangen. Ursprünglich trug das Dorf Villen mit dem nahe gelegenen Nyswiller den Namen „Littemala“. Man ist der Meinung zugetan, dass erstgenanntes mehr angedeutet ist mit „Littemala superior“, während Nyswiller angedeutet sein soll mit „Littemala inferior“. Soll hierunter nicht Lemiers verstanden sein? Andere sagen, dass der Name Mala, abgeleitet von Littemala (am Ufer gelegen) noch fortbestehen sollte in Mamelis.
Littemala war eine Besitzung des hl. Clodolfus, Neffe Pippins II., Bischof von Metz seit 654, gestorben 694. Dieser liess im 7. Jahrhundert zu Littemala eine Kirche bauen zu Ehren des hl. Martinus. Derselbe stiftete auch zu Burtscheid eine Kirche zu Ehren des hl. Petrus. An jede der beiden Kirchen verband er zwölf matriculari (Mönche), die für die Ruhe seiner Seele beten sollten. Diese Mönche standen unter einem Abt der mutmasslich zu Burtscheid wohnte. Später vereinigten sich die Mönche von Villen mit denen von Burtscheid und nahmen später die Regel des hl. Benedikt an. Im Anfang blieb das Kloster in Burtscheid für Männer bestimmt. Nachher wurde es Frauen übertragen. Seitdem stand ein Äbtissin an der Spitze des Klosters zu Burtscheid. Diese Äbtissin besass in Villen sehr viele Güter, welche unter der Rechtsmacht der Äbtissin von Burtscheid standen, der sogenannten Grundfrau von Villen, die in Villen an der „Bank“ den Schultheissen und die Schöffen anstelle, die in ihrem Namen Recht sprachen. Hierauf weisen auch noch einige uralte Gebräuchlichkeiten in Villen, der Mönnichshof und ‚t Pannes, wo die Mönche wohnten und die Bank abgehalten wurde. Freiwillig hat die Bank ihre höhere und mittelbare Jurisdiktion schon früh abgestanden an den Herzog von Brabant. Villen wurde später durch den König von Spanien als Erbschaft verpfändet. So steht in der Urkunde: »Villen, ein Dorf mit Turm, wo die höhere Rechtsmacht mit Bestrafungen zukam an seine Majestät, und an die Dame von Burtscheid das Übrige, wurde den 11. August 1626 verpfändet an Winand de Berlo für die Summe von 3700 florin.«
Die Bank von Villen hatte auch eine Stempel. Auf dem Felde dieses Siegels kommt die gewöhnliche Vorstellung des hl. Martinus vor mit dem Bettler hinter sich, beide nach rechts gewendet, alles auf einem Terras. Die Umschrift des Siegels lautet: Sigilum Curiae in Vylen. Das Kirchen-Archiv von Villen ist 1686 durch Brand vernichtet worden und so ist viel von Villen für die Geschichte verloren gegangen.
Die Grundherrlichkeit Einrade
Es ist zweifellos sehr interessant, dass sich in dem kleineren Dorfe Holset ein Lehnstaat oder Herrschaft mit einem Schloss als Mittelpunkt befand. Heute noch fällt uns der zur Herrschaft Einrade gehörige Hof als das antikste Stück unserer Gegend auf. In einem anmutigen Tal, nahe am Rand des Holseter Waldes hatte sich in dieser friedlichen Gegend aus den alten königlichen Gütern eine Herrschaft gebildet, welche sich teilweise ausstreckte in das Band von Herzogenrade, teilweise in das Herzogtum Limburg. Sie besass eine Schöffenbank, die keine kriminelle Rechtsprache besass. Die Missetäter wurden ausgeliefert an eine der beiden Oberherren, je nachdem ob die Tat auf limburgischem oder Herzogenrader Boden stattgefunden hatte. Der Herr einer solchen Herrschaft besass allerlei eigentümliche und altehrwürdige Rechte. So besass Einrade unter anderem das „Molenrecht“, wo alle Laatmannen mussten „laten malen“. Die Zehnten von verschiedenen Höfen und Ländereien mussten abgetragen werden. Im Archiv von Holset befindet sich eine Pergamentrolle, durch Dr. Goossens entziffert, woraus wir ersehen, dass 1375 viele Güter in Oersberch, Lommiers, Holsitt, Eynroede, Harlis, Villen, Voels, zen Roederen, Gymmenich, Fulckrich, Gulpen, ende Cartyls, Iliashoeven en de Gastmolen usw. ihre Rechte und Cense in denarien und solidi (alte Münzen) mit capygn, sumberen rogge en nude even an die Herrschaft von Einrade abzahlen mussten.
Ausserdem befand sich zu Einrade auch noch eine Laatbank, zusammengestellt aus schout und schepen, wo man „dingen“ konnte und wo der Laat- oder Lehnmann bei Absterben oder Erbschaft wiederum im Besitz des Landgutes befestigt wurde; dann musste der Laat etwas geben, wodurch er seinen Lehnherrn anerkannte. Diese bestand meistens aus einer Gabe aus dem Nachlass des Verstorbenen, welche der Erbe, dem die Güter behändigt (verheven) wurden, seiner Herrschaft abtragen musste. Diese Gabe bestand aus dem besten Stück Vieh oder Kleidungsstück, welches sich beim Tode des Laten vorfand. Später wurde die Gabe in Geldwert umgesetzt. (Patacon = 2,40 fl., denarius, solidis, obolen, buschen und Reichstaler.) Diese Lehnbank sprach Recht, wenn Streit oder Uneinigkeit unter den Lehnmannen entstand.
Die Herrschaft Einrade besass auch noch einen anderen Rechtsbrauch, vordem dass die französischen Gesetzgeber unseren alten vaterländischen Rechtszuständen ein Ende machten. Da wurden auch Vogtgedinge abgehalten. Wenn der Vogt des Herrn sein Vogtgeding abhielt wurden nur allein ungefähr solche Sachen behandelt, über welche heute der Kantonsrichter sein Urteil fällt: über Breite der Wege, Gewichte, Grenzschwierigkeiten, Reinhaltung der Bäche und deren Verunreinigung, Beleidigungen usw.
Für gewöhnliche Fälle hatte der Schultheiss (schout) der Herrschaft in Vogtgedingen den Vorsitz. Solches Vogtgeding ging sehr feierlich vor sich. Die Übertreter nun, die in solchem Vogtgeding, auf Anklage des Herrn schuldig befunden wurden, verurteilte dieses Schöffengericht zur Busse und Strafe. Ob man auch danach in höheren Appell gehen konnte ist unbekannt. Auf jeden Fall war solche Rechtsprache öfters viel gemütlicher, wenn es auch feierlicher anfing und beendet wurde, wie das gegenwärtige Kantongericht. Oft musste die Strafe in Tonnen Bier gezahlt werden. Der Herr des Zehnthofes hatte auch seine Verpflichtungen gegenüber den Laten. Er musste auf seine Kosten unterhalten, was jeder Bauer sich nicht anschaffen konnte, u.a. alles, was jetzt durch Vereinigungen gemeinschaftlich unterhalten und angekauft wird, wie z.B. Hengste und andere Sachen, deren Fortbestand für Viehzucht und Landwirtschaft nötig war.
Die Rechte der Herrschaft Einrade wurden nacheinander durch verschiedene ansehnliche Familien in Besitz genommen. Zuerst gehörte dieselbe den Herren von Wertheim, »op des heeren straet«, danach Daniel von Ghoir, Herr von Weijer und Einrade. Er war verheiratet mit Maria von Oyl und starb 1529. Er besass die Grundherrschaft Schimper. Einer seiner Söhne hiess Daniel und ein anderer Johannes. Am 20. Juli 1619 wurde Schimper durch Hermann Spies in Lehnbesitz genommen, die Verwandtschaft mit der Familie Spies zu Ehrenstein scheint ihren Ursprung zu haben in einer Ehe Elisabeth, Schwester des obengenannten Daniel und Johannes mit Franz von Spies zu Schweinheim, und so kam die Herrschaft Einrade in den Besitz der Familie von Spies. Aus der Ehe des Franz Spies mit Elisabeth von Ghoir ist Daniel Spies, Herr zu Schweinheim, hervorgegangen, der mutmasslich Einrade erbte, der auch im Jahre 1629 Herr von Einrade genannt wird. Durch die Familie von Spies wird Einrade unter die Herrschaft des Herrn Daniel von Hoensbroek gebracht, Erbgrundherr dieser Herrlichkeit, 1643 und 1680 Jan Charles, vrijheer van Haudion, Heer van Gibrechi und Einrade.
Danach kommt die Herrschaft Einrade in den Besitz des Herrn Hermann Lambertz, welcher 1650 zu Aachen geboren wurde, 1680 Herr von Einrade. Dieser kaufte 1682 Cortenbach von einem Aachener Kanonikus Flavius Maria de Bautze. Der Sohn dieses Hermann war Leonard Joseph de Lambertz von Cortenbach-Einrade und Vaalsbruch, 1764 gestorben. Leonard Joseph war der einzige Sohn des Hermann, und verheiratet mit Gräfin d'Apremont-de Lynden-Barvaux. Er hatte einen Sohn, Anton Ulrich, der ihm nachfolgte als Herr von Einrade und verheiratet war mit de Meau, welche Ehe kinderlos blieb. Jetzt ging die Erbschaft über an den zweiten Sohn des Leonard Joseph, der George hiess, Herr von dem »Bau Herve und de Thimister«, welcher Erbschaft von Anton Ulrich annahm und von dem die weitverzweigte Familie Lambertz abstammt. Er heiratete mit einer Baronesse der Veyder-Malsberg aus dem Lande Luxemburg. Diese edle und alte Familie Lambertz kam ursprünglich aus Bayern und eines der Mitglieder wohnte in Aachen, wo 1703 sich auch die Archive dieser Familie befanden und daselbst bei einem Brande vernichtet wurden. Das Schloss und Hof Einrade gehörten zur Pfarre Holset. Das Schloss ist verschwunden, der Hof besteht noch.
Im Anfange des 19. Jahrhunderts bestand das Schloss noch, daselbst wohnte eine 70-jährige Frau Lambertz de Cortenbach, die von der kirchlichen Obrigkeit die Erlaubnis erhielt in ihrer Schlosskapelle die hl. Messe lesen zu lassen.
Heute sieht man noch in den Wiesen des Hofes deutlich die Dämme der Weiher, die das Schloss umgaben und wo früher ein Fusspfad vorbei führte. Vor noch nicht langer Zeit wurde mir noch erzählt, dass ein Mann abends in diesen Weiher geriet und ertrunken ist.
Schöffen und Schultheissen von Einrade:
1625 Schwut Joh., Virenschatz und Schöffe
1629 Arret Rochs, Schöffe
1630 Lenart Lenarts,
1639 Lambert Vlegen,
1657 Leonard Merkelbach,
1658 Th. Roichs,
1658 Bindels,
1659 Antonius Romper, gestorben 8. April,
1682 Mathias Brull, schout en secretaris
1682 Thys Roen, Johan Klinkenberg, Gielen Voussen, Cornelis Brull.
Eversen und Meuleners meinen, dass infolge Verpfändungen die Schöffenbank von Einrade sich in die von Holset (Vaals-Villen) aufgelöst haben sollte und stützen sich dabei auf eine Einschreibung von 15. September 1654 im obengenannten Register.
Vorwort: Das verhehmste und wichtigste Recht des Herrn einer Herrschaft bestand in der Rechtsprache; wie unbedeutend auch noch eine Herrlichkeit sein mochte, stets war mit derselben eine grosse Rechtsmacht (jurisdiction) verbunden. So stand es auch mit der Bank Holset für Vaals, Holset und Vylen. Dieselbe war mit einer höheren, mittleren und niederen Rechtsmacht ausgestattet. Und so konnte Limburg mit seinen Dutzenden Schöffenbanken (in unserer Gemeinde waren bereits deren vier) die hier 1794 bestanden, ein Wort mitsprechen und die Richtigkeit des Ausspruches einer unserer Gelehrten, des Herrn Habets begründen, dass in mancher Hinsicht das Mittelalter fortdauerte bis zur französischen Revolution. Wir haben schon über zwei Schöffenbanken unserer Gemeinde gesprochen und nun folgt die Bank von Vaals.
Wie setzte sich denn eigentlich eine solche Schöffenbank zusammen? Was ich hier schreibe, gilt nicht für die grösseren Städte unserer Provinz, wo das Recht erträglich geblieben war; doch auf dem Lande, wozu wir uns bis zum 17. Jahrhundert auch rechnen müssen, wie sah es da aus? Die Rechtmässigkeit einer Schöffenbank war in erster Instanz, wenn sie Recht in zivilen Sachen sprach, unbegrenzt. Sie war nicht das, was jetzt das Kantongericht ist, dessen Recht begrenzt ist, sondern sie war der gewöhnliche Richter. In Strafsachen behandelten die Schöffenbanken alles, von den grössten Missetaten bis zu den geringsten Übertretungen. Im allgemeinen bestand sowohl in bürgerlichen wie in Strafsachen Appell. So ging man von Villen in höheren Appell nach Holset. Auch zu Einrade wurde keine Aussprache getan.
Ob damals schon die Laatbank Vaalsbroich bestanden hat, ist mir unbekannt. In jedem Falle hatte sie keine höhere Rechtsprache.
Wenn die damaligen Schöffenbanken aus wenigstens drei Schöffen bestanden, wobei der »Schout« als Vertreter des Herrn der Bank auftrat, wird sich mancher vielleicht die Frage stellen, wie es wohl in jener Zeit, wo unsere Provinz kaum die Hälfte der Bevölkerung zählte, möglich gewesen ist, die tüchtigen Kräfte für all die Schöffenbanken zu finden. Aber der Herr einer Bank legte wenig Wert auf die Rechtsprache derselben, sondern sie war ihm nur ein Mittel, um Geld zu verdienen, wie ein Geschichtsschreiber berichtet. Im übrigen kümmerte er sich wenig um den Gang der Sachen. Der Herr hatte bloss Schöffen nötig, die sich als Werkzeuge brauchen liessen. Ihm waren die schlechtesten gut genug. Wenn Aussprachen getan wurden durch Rechtskollegien, zusammengestellt aus unwissenden und öfters dummen Menschen, die oft unter dem Druck des Herrn Recht sprechen mussten, so ist es leicht zu verstehen, dass Rechtsuchende, wenn sie verpflichtet waren, Leib, Ehre und Gut dem Urteile einer Schöffenbank zu unterwerfen, Wert darauf legten, dass im gegebenen Falle ein höherer Richter die Urteile untersuchen möge. So bestand für Reichsherrschaften der Appell von dem Schöffengericht an den kaiserlichen Rechtsstuhl in Aachen. Man ging von Vylen in höheren Beruf nach Herzogenrath in zivilen Sachen. Kriminelle Missetäter wurden dem Oberherrn, dem Herzog von Brabant ausgeliefert. Am Ende des 16. Jahrhundert ging man in höheren Beruf nach Holset, das eine sehr alte Schöffenbank besass, welche die Hauptbank für Vaals, Villen und Holset war. Was die Bank von Einrade anging, so wurden dort die kriminellen Missetäter ebenfalls dem Oberherrn ausgeliefert.
In unserer Gegend bestanden ziemlich gesunde Rechtszustände und man darf darauf nicht anwenden, was von anderen Schöffenbanken in Limburg gesagt worden ist.
Vaals lag ursprünglich im Lütticher Gau, später im Aachener Gau wenigstens bis 1661; teilweise im Aachener Reich, wie wir sehen werden. Kirchlich lag Vaals im Kirchensprengel des Bischofs von Lüttich und gehörte, ehe es zur Pfarre erhoben wurde, zu Laurensberg. Über die innere Verwaltung ist uns nur bekannt, dass es im Jahre 1323 eine Schöffenbank besass. Bei dieser Bank ging man in höheren Appell im 16. Jahrhundert von Villen aus. Dieses weist schon auf die Tüchtigkeit dieser Bank hin. Vaals hat sich entwickelt, wie wir sahen, aus einem Fronhofe der römisch-kaiserlichen Zeit, der zuerst von der Aachener Kaiserpfalz abhängig war, und unter den merowingischen Königen einer ihrer Getreuen in Lehn gegeben wurde. Dieser Lehnmann oder Vasall wurde wieder Lehnherr in der Weise, dass er seine überflüssigen Güter an andere in Lehn gab und bei dem sich andere Bürger anschlossen um Schutz zu suchen. Wir haben ferner gesehen, wie sich aus diesen Beziehungen die Bank entwickelte, welche aus dem Herrn der Herrschaft bestand, seinem Statthalter und Schöffen, wozu sich dann noch der Polizeidiener oder Bankbott gesellte. Dass Vaals schon frühzeitig eine Herrschaft war, ersehen wir aus den uns schon früh bekannten Namen einiger Herren von Vaals; nämlich Stephan de Vaals (1100), ebenso 1133 ein Radulfus de Vaals; Wilhelmus de Vaals ist im 13. Jahrhundert Mitglied des Aachener Schöffenstuhles gewesen. Aus der Bank der Herrschaft von Vaals ist wahrscheinlich die Hauptbank für Vaals, Villen und Holset entstanden, mit ihrem Sitz in Holset, worüber 1323 berichtet wird. Wenn wir jetzt über die Hauptbank »Vaals-Villen-Holset« sprechen werden, dann müssen wir von der Botmässigkeit dieser Bank einen Teil von Vaals absondern, der, obwohl er diesseits des Landgrabens lag, doch noch bis 1663 von Aachen aus verwaltet wurde. Es waren ungefähr 50 Häuser (scheint übertrieben), zu welchen auch das alte Pfarrhaus samt dem vorderen Teil der Kirche bis zur Türe derselben gerechnet wurde. Wir werden später darauf zurückkommen. Dieser Teil umfasste vom früheren Pastorat aus alle Häuser der Aachener- oder Gerichtsstrasse, die an der Seite, wo jetzt die »Fransche Kirche« steht, gelegen waren. Mit dieser Ausnahme umfasste in der höheren Rechtsprache die Bank »Vaals-Villen-Holset« das jetzige Vaals und auch die Gemeinde, in der niederen Rechtsprache nur einen Teil davon. Diese Bank kommt in den Gerichtsstücken unter verschiedenen Benennungen vor. So im Jahre 1618 unter dem Namen Holset-Eynrade-Villen. Im Jahre 1630 ist die Herrschaft Vaals gelegen unter der Bank von Holset; im Jahre 1639 wird dieselbe die Bank »HolsetVaals« genannt.
Im allgemeinen wird diese Bank mit dem Namen »Hoofdbank voor Vaals, Holset, Vylen« angedeutet. Aus diesen Ergebnissen kann schon ein jeder ersehen, dass die Bank von Holset die Hauptbank war. Das Versammlungslokal der Bank lag in Holset und hiess die »Hall«. 1634 wurden 14 Morgen Land durch die Bank von Holset verkauft zum Zwecke der Restaurierung der Bank.
Die »Hall« hatte eine besonders günstige Lage: Kommen wir von Vaals über die Maastrichterlaan nach Lemiers, dann sehen wir in einem Tal, wo früher Industrie blühte und zugleich Landwirtschaft ausgeübt wurde, mitten in grünen Wiesen das anmutige Dörfchen Holset liegen. Dortselbst befindet sich heute noch ein Hof, der »Banket« genannt wird, und dort ist der Mittelpunkt unserer Gemeinde, wo früher die Obrigkeit zu Gericht sass und die Gemeinde Vaals verwaltete. Keiner brauchte sich über diese Lage zu beklagen, denn wo konnte besser das Gemeindehaus liegen als mitten in der Gemeinde, denn wo der verkehrsreiche Aachener Weg sich mit dem Bofenweg, der von Vaalsbruch aus führte, und mit dem von Lemiers nach Holset führende Pfade vereinigte, lag, nach dem Volksmunde die Hall, worauf der jetzige Name des Hofes »agene Banket« hindeutet.
Die Geschichte der Bank lautet als folgt: In seiner Majestät Rechenkammer in Brüssel befindet sich eine Unkunde folgenden Inhalts: Holset und Vaals wurden den 13. August 1626 durch den König von Spanien als Herrschaft verpfändet an Adolf Bertolf von Belven für die Summe von 3700 florin. (Wapen: in azuur een zittend eenhoorn van zilver, het hoorn van goud.)
Dass Holset und Vaals damals hohe, mittlere und niedere Rechtsprache besass, ersieht man aus derselben Urkunde, wovon sich eine ausführliche Abschrift heute noch im Reichsarchiv in Maastricht befindet. Adolf Bertolf de Belven war auch Herr von Belderbusch. Seine Erben verkauften die Herrschaft Vaals an Johan Wilhelm de Schwartzenberg, welcher dieselbe übernahm und bis zum Jahre 1656 besass diese Familie dieselbe. Johan Wilhelm de Schwartzenberg war der letzte Herr von Holset, Vaals und Villen.
Als das Land von Herzogenrade teilweise in die Macht der Holländer gekommen war, wurden die Pfandpfennige zurückgegeben und kam die Herrschaft unter direktes Regiment (bestuur) des staatischen Drossard des Landes Herzogenrade. Dieser Drossard hiess von Itterson, später werden Drost, Com. van Aerssen 1688, danach Taets, Freiherr von Amerongen, Drossart und Statthalter der Lehnen vom Kastell, Stadt und Landen von Daelhem und 's-Hertogenrade 1711, später Godard Baron de Thuyl de Genooskerke, hooge Drossart und Drossart des Kastells, Stadt und Landen von Daelhem und Herzogenrade; Partagie van Haar Hoo 1719-1722; danach Baron Taminga, Drossart von Herzogenrade und Statthalter 1743. Gegen die Massnahmen der Holländer widersetzte sich am 15. Febr. 1656 der Herr von Vaals und wandte sich an die Staaten-General durch ein Request der Eingesessenen von Holset-Vaals-Villen, welches aber keinen Erfolg hatte. Johan Wilhelm de Schwartzenberg starb 1679. Die Familie Schwartzenberg hatte folgendes Wappen: »voert in een schild van Lazuur vier zilveren palen en op den helm twee olifantssnuiten. Dit geslacht kwam in de XVe eeuw uit Duitschland naar Limburg«. Diese Familie wohnte in Raeren.
Seit dem Jahre 1656 wurden Holset, Vaals und Villen vereinigt und bildeten zusammen eine der drei Banken des staatischen Teiles des Landes Herzogenrade. Die hohe Rechtsmacht wurde ausgeübt durch den Drossard von 's-Hertogenrade. Dieser stellte im Namen der holländischen Regierung die Mitglieder der Schöffenbank an und war zugleich Haupt der bürgerlichen Gemeinde. Gleichzeitig wurde das Rathaus und der Sitz der Bank nach Vaals verlegt. Bei dem Partagevertrag von 1663 wurde Gulpen der Hauptort im Lande Herzogenrade, der die Bank von Vaals-Villen-Holset unterstellt wurde. Die »Hoofdbank van Gulpen«, gefestigt zu Gulpen laut Reglement für das Land von Herzogenrade (15. Oktober 1663) wurde am 14. September 1772 nach Maastricht verlegt als ein Appellgericht für die Schöffenbanken des staatischen Teiles von Herzogenrade: nämlich u.a. für die Bank »Vaals« für die Dörfer Holset, Vaals, Villen; für die Grundbank der Äbtissin von Burtscheid als Grundfrau von Villen; für die Laatbank der Herrschaft Vaalsbruch unter Vaals; für die Laatbank des Hofes Einrade unter Holset, früher Schöffenbank.
Im Jahre 1702 bekam die Bank von Vaals die Erlaubnis, wegen der Zeitverhältnisse ihre Gerichtstage in Aachen abzuhalten durch den Meyer Baron Schenk de Smitbergen und durch den Bürgermeister der Stadt. Im Jahre 1659 bekam die Schöffenbank von Vaals-Holset-Villen einen Siegelstempel, welches aus Nachstehendem hervorgeht:
„In 1659 verkreeg de schepenbank van Holset, Vaals en Villen eenen zegelstempel. Deze vertoont de beeltenis van den kerkpatroon van Holset, den H. Lambertus, bisschop, gekleed in bisschoppelijk ornaat, staande ten vollen lijve van voren; houdend in de rechterhand, schuins vóór zieh, den kromstaf met de kromming biaitenwaarts gekeerd, en de linkerhand dragende op de borst; in het veld van het zegel, ter hoogte van de schouders, is het jaartal van den stempel (1659) aangebracht, rechts 16 en links 59. Omschrift: S. Curiae in Holset. Vaels et Vilen.
Tusschen het einde en het begin van het omschrift bevindt zieh een klein klimmend leeuwtje naar links gewend, om de souvereiniteit van het land van 's-Hertogenrade aan te duiden.
In 1711 werd een tweede en kleinere stempel ten gerieve der schepenen vervaardigd. Deze vertoont eveneens de beeltenis van den genoemden kerkpatroon, doch houdende den kromstaf paalsgewijze geplaatst in de rechterhand naast zieh en dragende in de linkerhand, vöör de borst een boek; het jaartal van het vervaardigen van dezen stempel is op dezelfde wijze als op het voorgaande zegel in het veld aangebracht. Ook het omschrift luidt hetzelfde, terwijl het leeuwtje van het land 's-Hertogenrade op dezen zegel naar rechts gewend is. (Midd. 2,7 cM). Beide zegelstempels zijn thans nog op het raadhuis te Vaals aanwezig. "
Wir wollen jetzt noch einige wichtige Jahreszahlen für unsere Gemeinde anführen.
Im Jahre 1678 den 7. Dezember hat die erste Versammlung der Bank von Vaals stattgefunden, nachdem die Banken aus den Landen von Overmaas an »Hare Hoogmogenden, de Staten General« abgetreten waren.
1679 wurde durch die Bank von Vaals Jan Kockarts als erster Bürger von Vaals und so auch als holländischer Bürger aufgenommen.
1681 Ablegung des Eides durch D. A. Burette als schout und erhielt gleichzeitig die Bank ihre »Instructies voor de procureurs«.
Am 25. Oktober 1685 gerichtliche Besitznahme der Mühle zu Vaalsbruch.
Seit 1663 hatten sich alle Bürger in den staatischen Dörfern einem neuen Grundgesetze zu unterwerfen; welches wichtige Änderungen in den alten Gebräuchen und Gesetzen brachte.
Am 8. März 1632 wurde es den Einwohnern, unter Androhung als Aufständige behandelt zu werden, verboten, sich noch weiterhin dem Rat von Brabant in Brüssel zu unterwerfen, was bisher bei der Bank Holset, Vaals, Villen und Einrade geschehen war. An Stelle des Rates von Brabant wurde der brabantische Leenhof in den Haag durch die Staaten errichtet, welcher auch in späterer Zeit das Appellgericht blieb für die Länder von Overmaas.
Auch wurden jetzt die »Landstenten«, welche aus den Abgeordneten der Bank und der Ritterschaft zusammengesetzt waren und unter dem Vorsitz eines Vogtes standen, abgeschafft.
Vor der französischen Revolution kommen noch als einflussreiche Personen in Betracht: 1792 Joh. Arn. von Clermont, sich nennend »Opperrechter en oppererfheer van den Maelensbosch«. 1794 F. C. Heinrich v. Clermont, Friedensrichter in Vaals im dritten Jahre der Republik. Recht wurde gesprochen durch den Friedensrichter und die Assessoren des Gerichts. Dieses Gericht wurde »Ondergerecht« genannt.
Als Maire (Bürgermeister) der Gemeinde (municipalitaet) Vaals wurde am 27. November 1794 als erster Herr J. H. Fellinger ernannt.
In der Zeit der französischen Revolution wurde mit dem französischen Adler gesiegelt. Nach der französischen Revolution musste man eine genaue Beschreibung des alten Schöffenstempels geben.
Am 22. Februar 1816 schrieb der damalige Bürgermeister F. C. H. Clermont an den Gouverneur der Provinz Limburg u.a. folgendes: „In Übereinstimmung mit der Bittschrift betr. des Wappens, habe ich die Ehre, an Ihre Excellenz einen Abdruck einzusenden von dem Wappen, das man in dieser Gemeinde gebrauchte, bevor dieselbe durch die Franzosen besetzt wurde". Diesem Schreiben fügte er einen Abdruck in Lack des bereits beschriebenen grössten Stempels bei. Trotz nochmaligem Schreiben blieb die Angelegenheit ruhen und Vaals blieb bis 1890 ohne Wappen. Im Jahre 1890 wurde durch den damaligen Bürgermeister C. Ruland und den Gemeinde-Empfänger Th. Gudden ein neues Wappen angefragt und durch königlichen Beschluss vom 24. Juli 1890, No. 25 wurde an die Gemeinde Vaals ein neues Wappen verliehen, welches wie folgt beschrieben wird: »In keel den H. Lambertus in bischoppelijk ornaat van goud en gedekt met een myter van hetzelfde, het gelaat en de handen in natuurlijke kleur, houdende een bisschopsstaf en een ]ans, beiden van goud, de bisschop steunt met zijn linkerhand op een voor hem geplaatst schildje van zilver beladen met een naar rechts gewenden springenden leeuwvan keel, met dubbelen staart, getongd en geklouwd van goud ('s-Hertogenrade), alles op een terras van sinopel«.
Im Anschluss an die bisherigen Ausführungen über die Bank Einrade, Villen, Holset-Vaals-Villen, gehen wir jetzt zur Beschreibung der vierten Bank über, nämlich Vaalsbruch.
Vaalsbruch war nur eine Grundherrschaft mit Laatbank. Ursprünglich war Vaalsbruch ein grosser Hof mit Herrenwohnung. Einer der Eigentümer hatte einen grossen Teil seiner Ländereien an die Bauern abgestanden mit der Verpflichtung, dass dafür ein jährlicher Zins bezahlt würde und dass bei Absterben und Verkauf ein Übertragen stattfinden müsste in Gegenwart des Eigentümers oder seines Statthalters (Meyer) und einiger (meistens zwei) Bauern, die auch von diesem Lande besassen. Wenn betreffs des Landes Verhandlungen geführt wurden, so geschah dies ebenfalls vor dem Meyer und seinen Laatschöffen, die die Laatbank ausmachten. Der Eigentümer wurde Laatherr oder gewöhnlich kurz Herr genannt und sein Gut nannte man auch Herrschaft oder Herrlichkeit. Als Eigentümer oder Herren von Vaalsbruch werden angeführt: Maria Crümmel von Nechtersheim, welche Vaalsbruch durch Heirat an Andreas van Eijs genannt Beusdal brachte. Ihr Sohn Joh. Wilhelm v. Eijs genannt Beusdal (gestorben 24. März 1656) war verheiratet mit Maria von Doenrade, welche am 7. Juli 1668 starb. Ihr Sohn Wilh. Ad. v. Eys-Beusdal, Schöffe und Schöffenmeister zu Aachen, war verheiratet mit Flor. Kath. v. Voss zu Brunssum. Später, im 18. Jahrhundert kam Vaalsbruch an die Familie von Clermont. Van Eys, genannt Beusdal, war nicht Herr »von Vaals« sondern »zu Vaals« (nämlich Grundherr von Vaalsbruch). Auch besass er einige herrschaftliche Rechte, wie z.B. das Jagdrecht. In einem Aufsatz über Vaals schenkte man dem einst im Besitze der Familie von Schwartzenberg befindlichen Schloss besondere Bedeutung. Nach den mir zur Hand stehenden Bullen ist es nicht bekannt, dass die Angehörigen der Familie von Schwartzenberg zu Vaals gewohnt haben. Dieselben waren Herren der Bank Holset-VaalsVylen und gehörten eigentlich zu Aachen. Im Totenregister von Vaals kommen wohl die Namen von Schwartzenberg vor, die aber keinen Bezug haben mit den Herren der Bank. Auf jeden Fall steht sicher geschichtlich fest, dass in der Zeit, wo die von Schwartzenberg Herren von Vaals waren, die Familie van Eys, genannt Beusdal, Besitzer und Herren der Herrschaft Vaalsbruch waren.
Die Verwaltung der Gemeinde ging später an die Bürgermeister über. Dieselben waren vor der französischen Revolution Obrigkeitspersonen, die bestimmte politische und administrative Befugnisse besassen. Auf dem Lande hiessen sie im allgemeinen Dorfmeister. Sie wurden meistens für ein Jahr durch das Volk gewählt. Die Bürgermeister in ihrer jetzigen Art bestehen seit der Aufrichtung des Königreiches der Niederlande (also nach der französischen Revolution).
Kirchengeschichte - Das Bistum Roermond.
Karl V., der sich den Neuerungen des Protestantismus auf kirchlichem Gebiete in den Niederlanden entgegensetzte, war der Meinung, dass als bestes Mittel zur Bekämpfung der protestantischen Lehre und zur Verbesserung der kirchlichen Zucht, die Errichtung neuer Bistümer sei. Er brachte selbst dies Werk nicht mehr zustande, und überliess diese schwere Aufgabe seinem Nachfolger. Dieser errichtete neben vielen anderen Bistümern auch das Bistum Roermond unter der Regierung des Papstes Pius IV. Im Jahre 1561 wurde dasselbe bei Breve »Regimini universalis« bestätigt. Von den Ländern von Overmaas kam nur das Land von Valkenburg an das Bistum Roermond, während Philipp II. die drei übrigen Länder von Overmaas, das Land von Daelhem, 's-Hertogenrade (worunter Vaals gehörte) und Limburg dem Bistum Lüttich überliess. Bis 1801 gehörte das gegenwärtige Bistum Roermond drei Bistümern an: 1. dem alten Bistum Roermond, 1581 errichtet; 2. dem Bistum Lüttich (durch den hl. Hubertus von Maastricht nach Lüttich übergebracht); 3. dem Bistum Köln gehörten damals an Gennep, Ottersum, Mook und Bergen.
Das alte Bistum Roermond bestand aus 9 Dekanaten: Valkenburg, Montfort, Weert, Erkelenz, Kessel, Kriekenbeek, Geldern, Nijmegen, Kuyk. Das Bistum Lüttich war in 2 Erzdiakonate geteilt, nämlich Kempen und Hespengouw. Das Erzdiakonat Hespengouw bestand aus 6 Konzilien: Hasselt, Maastricht, St. Truye, Tongeren, Warrennes und Villers l'éveque. Zum Konzilium Maastricht gehörte bis 1801 Maastricht, Heer, Bemelen, Margraten, Wylre, Gulpen, Epen, Eijs, Aachen, Villen, Mechelen, Vaals, Bocholtz, Simpelveld, Rimburg, Nieuwenhagen und Ubach over Worms.
Seit 1801, infolge des Konkordats zwischen dem hl. Stuhl und der französischen republikanischen Regierung, durch Seine Heiligkeit Pius VII. ratifiziert und am 5. April 1802 in Frankreich proklamiert, wurden die Bistümer Lüttich, Roermond und Köln aufgehoben und bald zwei neue Bistümer, nämlich das von Lüttich und Aachen errichtet. Das Bistum Aachen erstreckte sich über das Departement der Rur und es kamen alle Pfarreien des Herzogtums Limburg hinzu, die nicht unter Lüttich gestellt waren, nämlich die Pfarreien, gelegen im alten Herzogtum Jülich; die Pfarreien im Lande von Kessel; das Herzogtum Geldern, Kleve, Gennep, Ottersum und Mook. Infolge des Konkordats de salute animarum (24. Oktober 1821) zwischen dem hl. Stuhl und dem Könige von Preussen wurde das Bistum Aachen wieder aufgehoben. Alle Limburgischen Pfarreien, welche zum Bistum Aachen gehörten, nur wenige ausgenommen, wurden unter die geistliche Rechtsmacht des hochwürdigsten Herrn G. A. Barette gestellt, seit 1814 Vicar capitularis in Lüttich. Gegen Ostern 1833 wurden dieselben unter das aussergewöhnliche Regiment des damaligen Bischofs von Lüttich gestellt, Msgr. van Bommel und endlich 1835 dem Bistum Lüttich eingegliedert. Am 2. Juni 1840 wurde das apostolische Vikariat Limburg durch den Papst Gregorius XVI. errichtet, das die gegenwärtige Provinz Limburg, eine der elf Provinzen des Königreichs der Niederlande umschloss. Bei Breve von S. H. Papst Pius IX. wurde dasselbe am 4. März 1853 zum Bistum erhoben.
Protestantische Unruhen im 16., 17. und 18. Jahrhundert.
Im Jahre 1568 brach der 80-jährige Krieg aus. Alles was aus früheren Zeiten an frommen Einrichtungen bestand, wurde in der Zeit dieses Krieges verwüstet, wo fremde Kriegshorden unsere Gegend durchstreiften und selbst die Kirchen und Klöster in Flammen aufgingen.
In den Niederlanden festigte sich eine neue Macht, nämlich die Republik der vereinigten Provinzen. Sie entspross 1579 aus der Union von Utrecht und wuchs in kurzer Zeit zu einer Grossmacht an, welche zu ihrem Vorteil im 80-jährigen Kriege (1568-1648) ihre Macht auf die Wagschale warf. Welches waren nun die Ursachen für den Freiheitskampf der Niederlanden? Es waren die spanischen Besatzungen, Strafedikte gegen die Ketzer, die bedeutende Vermehrung der Bistümer unter der Statthalterin Margaretha von Parma, der Schwester Philips und ihrem Beirate Granvalla, welche in den niederländischen Provinzen Unruhen erweckten. Die ersten Aufständigen führten den Namen Geusen (aus Geuse = Bettler entstanden). Dazu gehörten 300 Edelleute, welche den Pöbelaufstand, Bilderstürmerei und Plünderung der Kirchen veranlassten. In dieser Zeit verliessen Wilhelm von Oranien und viele andere Niederländer das Land. 1567 erschien der gestrenge Alba mit seiner Armee, liess ohne Margaretha's Zustimmung u.a. die Grafen von Egmont und Horn aus Wert verhaften. Alba verwaltete das Land, die Güter der nicht auf dem Blutrat (Rat der Unruhen) Erschienenen (auch Wilhelmus von Oranien) wurden konfisziert. Die beiden Brüder Oranien, die mit einer Armee, zusammengestellt aus Flüchtlingen und deutschen Söldern, in unsere Gegend eingefallen waren, wurden zurückgeschlagen. Alba legte neue Vermögenssteuern auf und verbot den Handel mit England.
Neuer Aufstand. 1572 wurde der Briel von den Watergeusen eingenommen und Märtyrer von Gorkum hingerichtet. Alba wurde auf seinen Antrag zurückberufen. Seine Nachfolger Requesens und Don Juan d'Austria richteten wenig aus gegen die Aufständigen.
Alexander Farnese von Parma (1578-92), der Sohn Margaretha's rettete als Statthalter die katholischen (belgischen) Provinzen für Spanien, während die sieben reformierten nördlichen Provinzen (1579) sich in der Utrechter Union zu einem Ganzen vereinigten und 1581 sich gänzlich von Spanien losschlugen und die erbliche Grafenwürde an Wilhelm von Oranien (1584) übertrugen. Dieser wurde in demselben Jahre zu Delft ermordet. Sein Sohn, der 17-jährige Moritz von Nassau-Oranien, trat jetzt an die Spitze des Staatsrates, der die Regierung führte. Alexander von Parma eroberte 1585 Antwerpen und unterwarf die südlichen Provinzen.
Nach der Vernichtung der spanischen Armada durch einen Sturm (1588) und durch die Tapferkeit der mit den Holländern verbündeten Engländern ging die Republik offensiv gegen Alexander und dessen Nachfolger vor. Nach langen mit abwechselndem Glück geführten Kämpfen wurde 1609 ein 12-jähriger Waffenstillstand auf Grund des augenblicklichen Besitzstandes abgeschlossen, nach dessen Beendigung der Krieg sich erneuerte und sich über Amerika und Indien ausdehnte. In dieser Zeit kam der spanische General Spinola nach den NiederIanden, der bis 1627 siegreich vordrang. Im Jahre 1648, im westfälischen Frieden, wurde die Unabhängigkeit der vereinigten Provinzen anerkannt.
Nach diesem ganz allgemeinen Überblick gehen wir wieder zurück in die Zeit vor dem 80-jährigen Kriege. Schon vor diesem Kriege treffen wir in unserer Provinz Protestanten an. Der berühmte Geschichtsschreiber Habets schreibt wie folgt:
„De eerste hervormers, die in deze provincie optraden, waren voor zooverre wij konden achterhalen, volgelingen van Luther. Hun invloed echter op het volk bleef onbeduidend, doordien zij zich kort daarna reeds oplosten in de meer krachtig optredende secte der wederdoopers. Deze kreeg hier meer vasten voet. Op weinig na, zegt een ander geschiedschrijver, is de geschiedenis van 't Anabaptisme (wederdoopers) de geschiedenis der Kerkhervormiger in Nederland van 1530-1566".
Sehr scharf und streng Iauteten die Plakate des Kaisers Karl V. gegen die Ketzer. Am 15. Februar 1535 gab KärI V. einen Befehl aus, worin er den Gouverneur des Herzogtums Limburg beauftragte, alle Wiedertäufer, die er in seine Macht bekommen konnte, zur Bestrafung an die Schöffen von Limburg auszuliefern. Mit der Vertreibung der Wiedertäufer scheint die Reformation hier zu Ende gegangen zu sein. Erst 30 Jahre später sehen wir ihre Anhänger als unvertragsame Kalvinisten zurückkehren, die 1560 aus Frankreich nach Holland gekommen waren. Im Jahre 1556 fand der Bildersturm statt, der in den Ländern von Overmaas keine grösseren Unruhen erweckt hat.
In Maastricht, wo der Kalvinismus gepredigt worden war, treffen wir schon im Jahre 1567 ungefähr 2000 Protestanten an, während sich in den Nachbarländern von Overmaas noch viel mehr befanden, welche über die Dörfer des Herzogtums Limburg und Dalhem verbreitet waren. Schon aus dieser Zeit datiert die protestantische Geschichte von Vaals. Diese Gegenden hatten vieles in dem Blutstreit unserer Väter mit dem Könige von Spanien auf religiösem Gebiete zu leiden. September des Jahres 1568 kam Prinz Wilhelm von Oranien aus Deutschland und lagerte sich mit seinem Kriegsheer, welches er gegen den Herzog Alba anführte bei Gupen (Wittem) nach der Seite von Vaals. Sein Zweck war, dem Herzog, der bei Maastricht sein Lager hätte, in den Rücken zu fallen. Während seine Soldaten in den umliegenden Dörfern stahlen und raubten verlangte er von der Stadt Aachen eine Kriegssteuer von 50 Tausend Talern mit der Drohung, bei Weigerung die Stadt zu plündern.
Nach Unterhandlungen kam Aachen mit 20.000 Reichstalern ab. Als das Geld am bestimmten Tage noch nicht zur Verfügung stand, fingen die Soldaten mit der Verwüstung der zum Reichsgebiet gehörenden Dörfern an, wozu damals auch ein Teil von Vaals gehörte. Die Kirchen mussten es missgelten. Religionshass und Raub ging bei diesen Kriegstruppen Hand in Hand. Nicht nur der Zierrat der Kirchen, sondern auch der Hausrat der Einwohner (denn alles brachte man in die Kirchen in diesen unruhigen Zeiten) wurde gestohlen und vernichtet. Am Abend des 5. Oktober verliess Wilhelm der Schweiger die Umgegend von Wittem; er zog bei Stockem über die Maas und wurde bis über die französische Grenze durch Alba verfolgt. Alsdann war ein Jahr Friede.
Kirchengeschichte.
Der erste Bischof von Roermond Lindanus machte von dem Friedensjahre Gebrauch und kam auf seiner Firmungsreise bis nach Heerlen, wo sich Firmlinge von 50 bis 80 Jahre befanden. Aus Aachen, das damals durch die protestantischen Umwälzungen heimgesucht war, strömte eine Menge Gläubiger ihm entgegen. Kaum war der Bischof nach Roermond zurückgekehrt, so tat die meuternde Armee Wilhelmus von Oranien wieder einen neuen Einfall. Roermond hatte viel darunter zu leiden. Die Geschichte der Märtyrer von Roermond, die damals als Karthäuserpatres das jetzige »Groot Seminarie« bewohnten, ist den Lesern vielleicht bekannt. In den Ländern von Overmaas erschien er nochmals, als er am 10. August die kölnischen Truppen, die angeführt wurden durch Jan van Brempst und mit denen die Truppen von Alba vereinigt waren, überfiel und schlug. Kaum war Alba nach Spanien zurückgekehrt und hatte sein Nachfolger Ludwig de Requesens die Leitung auf sich genommen, da zog Ludwig von Nassau an der Spitze von 9000 Fussknechten und 3000 Reitern in das Land von Overmaas ein, um Maastricht zu belagern. Seine Truppen waren erfüllt von Hass gegen alles was katholisch war und glichen vollkommen den Söldnern, die sein Bruder im Herbst 1568 angeführt hatte. Er zog sich nach schwerem Verlust nach Gulpen zurück, wo er bis Anfang April blieb. Don Sachez d'Avilla verfolgte ihn und schlug ihn bei Mook, wo Ludwig mit seinem Bruder Heinrich das Leben liessen. So endete der neue Einfall auf traurige Weise. Inzwischen war der Zustand in unserer Gegend nicht besser geworden. Das schöne Geultal war in ein Tal des Elends umgewandelt. Von dieser Zeit an datieren die andauernden Fehden zwischen spanischen Soldaten und staatischen Freibeutern bis zum Jahre 1599. Im Jahre 1599 erschienen zu Simpelveld und Gulpen staatische Freibeuter. Auch dort raubten sie Pferde, nahmen den Einwohnern alles weg und nahmen sie zuletzt selbst gefangen. Von Gulpen wurden die Gefangenen massenhaft nach Vylen gebracht. In Vylen hatten die Freibeuter kaum angefangen zu plündern, da erschienen 27 Reiter aus der spanischen Garnison aus Roermond. Die Staatischen wurden überrumpelt, gefangen und getötet. Nur acht von ihnen entkamen. Ein schlechter und gefährlicher Nachbar war das nahegelegene Aachen, wo die Prostestanten den Herrn spielten und von wo aus die Staatischen die Länder von Overmaas unterdrückten, aussaugten und niederbrannten.
Im Jahre 1598 wohnte da ein gewisser Cronenburgh, Staatskommissar und ein Mann, namens Gost, der den Titel »Kontroleur« führte. Diese standen seit drei oder vier Jahren an der Spitze einer Bande, die im Lande von Overmaas viele Unruhen verursachte. In diesem Jahre sandte der spanische Gouverneur-general Prins von Mansfeld an die Regierung von Aachen ein Schreiben, worin er forderte, diese Leute aus der Stadt zu entfernen, und den von denselben verursachten Unruhen sofort ein Ende zu machen. Von jetzt ab hörten die staatischen Einfälle auf, und es begann eine verhältnismässige Friedenszeit, die bis 1632 dauerte. In diesem Jahr fiel der Statthalter Frederik Hendrik van Oranje mit einer grossen Truppenmacht in Limburg ein und Maastricht wurde erobert. Diese Kapitulation war sehr verhängnisvoll für die limburgische Geschichte. Sie stürzte die Einwohner des Landes in eine Flut von Unglück. Maastricht wurde das Hauptquartier, woraus die Staatischen allerlei Expeditionen und Raubzüge in die Umgegend unternahmen.
„De inname van Maastricht in 1632 door Frederik Hendrik", sagt ein holländischer Geschichtsschreiber „was als het wäre het sein tot een eindelooze reeks van krijgstochten in de landen van Overmaas, ook tot wederzijdsche plunderingen van Spanjaarden en Staatschen, beiden onder den naam van retorsien bekend."
Am 8. September 1632 wurde die Stadt Limburg eingenommen und kam zugleich der Prinz in den Besitz von Valkenburg, Herzogenrath und Daelhem. Bei der Übergabe der Stadt Limburg wurde durch den Prinzen der folgende Befehl erlassen: „In der Stadt Limburg und im ganzen Lande von Overmaas wird die öffentliche Ausübung des kath. Gottesdienstes, so wie es bisher gewesen ist, ohne Hindernis in den Kirchen und Klöstern und überall zugestanden". 1648 wurde der Friede von Münster geschlossen, der dem Kriege zwischen Spanien und den Niederlanden ein Ende machte.
Jetzt kommen wir an jene Zeiten, wo in der Geschichte von Vaals nacheinander und gleichsam in einer Reihe solche Auftritte vorkommen, wovon wir lieber schweigen als reden möchten, besonders, da es schmerzlich fällt, alte Wunden aufzureissen. Wir verstehen hierunter die Religionserneuerungen mit ihren Verfolgungen und Gewalttätigkeiten. Schon 1632, kurz nach der Übergabe von Maastricht und Limburg, fingen die Staatischen an mit der Anstellung von neuen Beamten. Aber wie wir gesehen haben, fiel Limburg 1635 an Spanien zurück, während 1644 die Staaten Valkenburg, Herzogenrath und Daelhem zu Holland kamen. Hier stellten die Staaten neue Beamten an: Drossards, Statthalter der Banken, Empfänger usw. Die Spanier widersetzten sich dagegen und forderten, dass man mit der Anstellung von Beamten und der Einforderung der Steuern aufhören sollte.
Aber im Jahre 1647 gaben die Staaten Befehl, dass alle staatischen Beamten im ganzen Lande von Overmaas ihre Beschäftigungen aufnehmen sollten, mit der Versicherung an den Befehlshaber von Maastricht, sie dabei mit starker Hand zu unterstützen. Auch waren die Staatischen mit Hilfe der Garnison von Maastricht immer mehr und mehr Herr über das Land geworden. Dies war der Stand der Parteien, als der Friede von Münster geschlossen wurde, worin eigentlich nichts Besonderes in Bezug auf die Länder von Overmaas beschlossen worden war.
Unter der Regierung dieser beiden Mächte hatte unsere Gegend viel zu leiden. Beide behandelten die Einwohner als ausschliesslich ihre Untertanen. Das Volk wurde durch dieselben ausgeplündert, ausgesogen und verfolgt. Es spricht von selbst, dass unter solchen Umständen die Staatischen nicht auf die Zuneigung der Bevölkerung rechnen konnten. Viele Jahre hatte man geklagt über die Unerträglichkeit des spanischen Jochs, aber jetzt klagten die Menschen über das staatische Joch. Und in der Tat machten die Staatischen genau das selbe was die Spanier vorher getan hatten: die Aufdrängung von fremden Truppen und fremden Beamten, Religionszwang und hohe Steuern. Kaum war Friedrich Heinrich 1632 aus Maastricht verzogen, da führten die Staatischen noch in demselben Jahre den Kalvinismus ein. Überall wo sie Herr der Lage wurden unterdrückten sie die Katholiken und stellten protestantische Beamten und Prediger an, legten die Hand auf die Kirchen und verfolgten die Geistlichen. Dieses alles fand in einem Lande, das gestern spanisch und heute holländisch war, nicht wenig Widerstand
Am 15. April 1623 wurde die Bestimmung erlassen, dass überall in Limburg und in den Ländern von Overmaas, wo zwei Kirchen vorhanden waren eine den Protestanten abgetreten werden musste und dort, wo nur eine Kirche bestand, dieselbe gemeinschaftlich benutzt werden sollte, in der Weise, dass die beiden Konfessionen abwechselnd ihren Gottesdienst in derselben abhalten konnten.
Am 18. April 1633 sah sich der Bischof von Lüttich genötigt ein Schreiben zu erlassen, worin er die Ausübung des protestantischen Gottesdienstes in den katholischen Kirchen seines Bistums verbot. Die Staaten General verboten nun ihrerseits überall, wo sie es vermochten, die Verlesung dieses bischöflichen Schreibens.
Am 14. April 1649 erschien eine Bekanntmachung, worin unter Androhung von Strafe verboten wurde, die angestellten protestantischen Prediger in der Ausübung ihres Amtes zu hindern. In einer anderen am gleichen Tage erlassenen Bekanntmachung wurden die katholischen Geistlichen nochmals aufgefordert, das Land zu verlassen und alle katholischen Schulen usw. verboten. Unter Strafe wurde fernerhin verboten katholische Geistliche zu beherbergen. Wer dieses Verbot nicht beachtete, wurde beim dritten Male verbannt.
Nochmals wurde am 10. Februar 1651 die Bekanntmachung betreffend der Ausweisung der katholischen Geistlichen wiederholt. Auch hatten die vereinigten Staaten der Niederlande beschlossen auf Kosten der Einwohner die Kirche von Vaals zu vergrössern, damit sie ebenfalls als Bethaus der Protestanten von Aachen, Burtscheid und Umgebung dienen könnte. Eine Bekanntmachung der Spanier erklärte nun diese beiden Verordnungen in Widerspruch mit Artikel 3 des Friedensvertrages von Münster. Da die Staatischen dieser Bekanntmachung keine Beachtung schenkten, sandte der spanische Kommandant der Stadt Limburg eine Abteilung Truppen nach dem Aachener Gebiet um die Protestanten aus Aachen, die in Vaals zur Kirche kamen, zu überfallen. Sie beraubten diese Kirchgänger ihrer Mäntel, Hüte und sonstiger Sachen. Auch selbst dem Prediger nahmen sie den Mantel ab, nachdem sie ihn vorher miss handelt hatten. Darauf folgte am 17. Oktober 1641 ein Aufruf von Peter Everhard, Landdrost, betreffend der Sicherheit der Wege in den Ländern von Overmaas, worin auf den Überfall, den die Aachener Protestanten erlitten hatten, hingewiesen wurde. Inzwischen waren von den zuständigen Behörden bereits Schritte getan, damit den Überfallenen der erlittene Schaden wieder ersetzt werde, widrigenfalls auf die Güter der katholischen Geistlichen Beschlag gelegt werde.
Die Schicksalsschläge, welche die Einwohner von Vaals in den vorhin beschriebenen Zeiten erlitten, lassen wir jetzt folgen.
In diesen unruhigen Zeiten wurden viele Menschen bei ihrer Verteidigung von Hab und Gut, von Soldaten und Banditen niedergeschossen. So steht unter den Namen der Verstorbenen im Kirchenbuch von Vaals Leonard in dem Bauch (13. Oktober 1601), welcher durch einen Gewehrschuss getötet wurde; in demselben Jahre wurde von einem Soldaten aus Limburg ein anderer Bürger erschossen.
Von 1641-1677 war Sigerus a Thenen Pfarrer in Vaals, der den grössten Teil der protestantischen Unruhen hierselbst mitgemacht hat und viele Besonderheiten aus dieser Zeit in das Kirchenbuch aufzeichnete. In Vaals bestanden schon früh Uneinigkeiten zwischen den Katholiken und Protestanten, so dass bereits im Jahre 1614 der spanische Feldherr Spinola im Auftrage des spanischen Gouverneurs in den Niederlanden mit einer Kriegsmacht in diese Streitigkeiten eingriff. Nach dem ersten Siege über die Länder von Overmaas 1632 hatten die Holländer schon alle Massregeln getroffen, und überall wo sich nur eine geringe Anzahl Protestanten befanden Prediger angestellt, so in Herzogenrath und Vaals. Der Prediger von Herzogenrath kam später, da die Stadt spanisch blieb, nach Gulpen und sollte alle 14 Tage auch in Vylen predigen; letzterer Bestimmung kam er jedoch nicht nach.
Am 21. März 1649 taufte der damalige Pfarrer Sigerus a Thenen einen Jungen in der Kirche des hl. Lambertus zu Holset. An demselben Tage, gegen 10 Uhr morgens, fielen die Protestanten in die kath. Kirche von Vaals ein, nachdem sie die Türen gewaltsam aufgebrochen hatten und führten ihren Prediger dort ein. Es war Montags in der Karwoche. Dieses geschah nicht ohne Betrübnis der Gläubigen. „Möge Gott dieses Übel von uns abwenden, Amen." So schliesst der Pfarrer.
Jetzt brach für Vaals eine Zeit der grössten Leiden an. Kriegsunruhen und Glaubenshass spielten in dieser Zeit eine Hauptrolle. 1650 musste der Pfarrer von Vaals zu St. Lambertus in Holset taufen, 1653 wegen der Menge Militär auch in Gemmenich. 1654 wird ein Kind aus der Pfarre Gemmenich zur Taufe nach Vaals gebracht. Der dortige Pfarrer war vor den Freibeutern geflüchtet, welche damals das ganze limburgische Vaterland verwüsteten und keine Kirchen und Burgen schonten. Am 16. Oktober 1654 taufte der hiesige Pfarrer in der Quirinuskapelle zu Melaten. Vom 15. Oktober desselben Jahres an sind sehr viele Kinder aus Vaals in der Kapelle von Orsbach getauft worden. 1657 taufte der Pfarrer von Vaals hierselbst ein Kind vom Hofe »Heiliger Geist« und ein anderes Kind, dessen Eltern auf der Flucht waren. 1663 wird wiederum ein Kind aus Vaals in Gemmenich getauft, weil die Protestanten dem Pfarrer die Kirche geschlossen hatten. So lesen wir auch weiter, dass genannter Pfarrer Zeuge bei Eheschliessungen in der Kapelle von Melaten und Orsbach war.
Es wurden mehrere Ehen von fremden Soldaten aufgezeichnet und auch kamen schon Ehen vor, die vor dem protestantischen Domino geschlossen wurden, die aber der katholischen Pfarrer nicht anerkannte. In den ältesten Totenlisten unserer Pfarre werden auch die Namen der durch Bösewichte Ermordeten oder im Krieg gefallener angeführt. Jan Promper, Küster zu Vaals, wurde in der »Knopshagh« 1649 durch einen unbekannten Soldaten aus Limburg ermordet. Jan Hinz Ortmans starb am 31. Oktober 1649 infolge eines Beinschusses. Jacob Theis Schürmans ist derjenige, für den zum ersten Male die Glocke im neuen Turm läutete. Am 31. Januar 1650 starb Jan Kerst Scheurmans an der Esch, durch einen unglücklichen Gewehrschuss eines unbekannten Soldaten aus Lotharingen.
Einige Auszüge aus den Aufzeichnungen über die Lotharinger lassen wir hier folgen:
„De hertog Karel von Lotharingen, die door de Franschen van zijne landen en goederen was beroofd, en niets meer bezat dan een troep oude en woeste soldaten, had deze ter beschikking gesteld van de Spaansche regeering in de Nederlanden, en was er mede overeengekomen om te dienen in den oorlog tegen Frankrijk. Soldij ontvingen die vrijbuiters niet, maar de hertog liet hen rijkelijk zich vergoeden in de strooperijen en plunderingen, die zij overal onmeedogend aanrichtten. Waar zij voorbijtrokken, waren moord en brand aan de orde, en de meest lustige dorpen en streken weldra in rookende puinhoopen en desoldate met bloed gedrenkte vlakten veranderd. De Aartshertog Leopold van Oostenrijk, die destijds gouverneur der Spaansche Nederlanden was, konde, hoewel verontwaardigd over de gruweldaden van zijnen bondgenoot, er zieh niet tegen verzetten. Leger, politie, staatsbeheer waren te zeer in ontredderden toestand.
Vier achter een volgende jaren zijn de Lotteringen hier in deze landen geweest, en haer winterquartieren gehouden, swermenden ten alle canten als de bijen, ende hebben 't sedert die jaren naementlijck 1651, 1652, 1653 en 1654, soo't rijck van Aecken als in de landen van Luijck, Overmaese en Kempen ende rontom Maestricht, soo in steden als dorpen, sulcken moetwille bedreven, dat het onmogelijck is te schrijven ofte verhaelen hoe sij geleeft hebben. Men sal noyt historie schrijven, noch daer en syn soo langen als de wereldt gestaan heeft baecken uytgegaen; noch martelaren syn die geleden hebben sulcke tyrannie als deze Lotheringen aangedaen hebben aen de luydens die sij hebben gecregen. Van het begintsel des werelts tot nu toe heeft men eenige tyrannen gevonden, die gedogt souden hebben wat dese gedaan hebben. Men leest van de heydense tyrannen, van Turcken, van de Roomse Keyzers, maer haere tyrannien waeren maer kinderspeel tegens die der Lotteringen."
Um noch ein besseres Bild von den damaligen Zuständen zu geben, wollen wir jetzt über die Kirchengeschichte Näheres berichten. Vom Jahre 1600 an können wir interessante Tatsachen im Kirchenbuch unserer Pfarre finden. Das Buch beginnt mit dem Pfarrer Petrus a Keer im Jahre 1600. Er war Pastor in Vaals, Sacellanus in Holset und Kanonikus des Adalbertstiftes in Aachen. Seine zwei Vorgänger als Pfarrer in Vaals, Hendricus Klocher und Servatius Schaffraeth von 1589 bis 12. Juni 1600 hat dieser Pfarrer noch im Kirchenbuch erwähnt und dieselben so der Vergessenheit entrückt. Servatius Schaffraeth stand 11 Jahre unserer Kirche vor und starb den 12. Juni. Am 13. Juni wurde er auf dem Friedhofe des Convents der Predigtherren begraben. Wann Vaals eigentlich zur Pfarre erhoben wurde ist uns unbekannt. Wir wissen nur, dass Vaals schon im Jahre 1435 eine Pfarrkirche besass.Der damalige Seelsorger wird aber noch angedeutet mit dem »Rector de Voilst«. Die Pfarre erstreckte sich früher weiter aus als jetzt und zwar nach Lemiers hin bis zu dem deutschen Hofe Gastmühle, nach Vaalserquartier hin bis zu den Höfen Terkaulen und Melaten. Im Vaalser Schützenbuch steht verzeichnet, dass die Vaalser Prozession bis Melaten zog, was aus folgendem Auszug hervorgeht:
„Zum fuenften sullen die schützen sich vergaederen auff den bruncktag tot Vaels bey den slachbaum an die pastorij, die im Kirspel Vaels wohnhaftig seind jetweder mit sein Rohr umb mit den Heer Pastor und procession aus zu gehen, aber die bussen Kirspel sullen sich auff Melaten und aus heusgen lassen vinden um baldar abgelesen zu werden und das auff ein peen (Strafe) der absenten ein dobbel inlagh und sullen sich regeleren nach des königs will und des schützenmeisters sinn und vergreiffen zich nit zu weit nae ihren nutz und profit."
1639 erstreckte sich nämlich die Pfarrei soweit wie der sogenannte Glockenklang, nach welchem die Umgebung den einzelnen Pfarreien zugewiesen war und so gehörte Vaalserquartier usw. zur Pfarre Vaals. Vaalserquartier kam später durch die französische Organisation zu Laurensberg und gehört jetzt zur Pfarre St. Jakob in Aachen. Die Vaalser Pfarrer wurden angestellt durch das Kapitel des Marienstiftes zu Aachen. Vaals blieb aber immer als Pfarrei unter dem Bistum Lüttich bis in die Mitte des 19. Jahrhundert.
Die katholische Pfarrkirche zu Vaals war sehr bedürftig. Das sagt uns ein Inventar vom Kirchenschmuck, aufgestellt durch Pfarrer Sigerus a Thenen. Ausser dem Hochaltar waren auch noch drei andere Altäre, einer zu Ehren des hl. Antonius, einer zu Ehren der hl. Anna und einer zu Ehren der Jungfrau Maria, die dargestellt war mit dem Jesuskind auf ihrem Arme in einem Kleid von rotem Stoff.
Ein anderes Dokument, das uns einen Einblick gibt in die Zustände der damaligen kirchlichen Verhältnisse sind die Ergebnisse einer Visitationsreise, aufgeschrieben durch Antonius Henricus, ernannt durch den Erzdiakon des Hespengau. Diese Aufzeichnungen lauten wie folgt:
„Besucht ist 1658 die Kirche von Vaals, welche steht unter der Anrufung des hl. Paulus. Rector ist Sigesmundus Athenen, im Jahre 1640 angestellt. Collatro (Vergeber) war der Dechant und das Kapitel der Kirche der Jungfrau Maria in Aachen, die auch den grossen und kleinen Zehnt besassen. Der Pfarrer hat davon für sich 12 Mass Roggen, 4 Morgen Land und das Pfarrhaus, anders nichts. Keine Jahrgedächtnisse und Altäre sind gestiftet. Das Hochwürdigste wird bewahrt in einem Schrank in der Nähe des Hochaltares aus Furcht vor den Protestanten. Die Pfarre zählt 360 Kommunikanten und keine Protestanten, sondern diese kommen aus Aachen und aus andern Gegenden dorthin. Der Pfarrer gibt keinen Unterricht weil ihm keine Gelegenheit dazu geboten wird.
Gepredigt wird an Sonn- und Festtagen. Er muss seinen Dienst beendet haben im Sommer um halb neun, im Winter um neun Uhr. Dann kommen zwei protestantische Prediger um ihre Predigt zu halten. Der deutsche hält seine Predigt in der Kirche und der französische in einer Scheune in der Nähe. Dies geschieht seitdem die Holländer das Land von Herzogenrade nahmen, wozu Vaals gehörte. Der Küster wird jährlich durch die Gemeinde angestellt und bekommt von jedem einen Schober und zwei Brot. Der Friedhof ist offen, seitdem die Protestanten die Türe, welche der Pfarrer hatte machen lassen, ausgerissen hatten um ihre Wagen und Pferde auf den Kirchhof zu bringen, welche jeden Sonntag sich dort in grosser Menge einfinden."
Dass das kirchliche Leben in Vaals trotz der Religionsunruhen in Blüte stand, sehen wir aus den zwei kirchlichen Vereinen aus dieser Zeit. 1601 fand nämlich die Neuaufrichtung der Antonius-Bruderschaft in Vaals statt. Ein anderer ebenso alter Verein war die Schützenbruderschaft. Von dem guten Geist, der diese Gesellschaft belebt hat, sind die weisen Statuten aus dieser Zeit Zeuge: „Noch sullen die schutzen verursacht sein mit den Heiligen um zu gaen oder mit dem Herren pastoir ordentlich gehorsam sein mit hünnen gewehr, als nemblich ieder ein rör und dat op ein peen van ein dubbel einlagh, sall der Herr Pastor und schutzenmeister macht haben die muthwillige flucher, keyver, schleger ungehorsame und die auff den bruncktag auss dem gelitt lauffen er sey kleinhans of groshans zu strafen. Den armen tot Achen int weishaus drey golt gl., der Kirchen ein punt wax und den schutzen ein tön biers, wer dargegen solt frevelen oder unwillig seün den sall man aus das schutzenspeil jagen und seinen nahmen verdiegen jedoch das er zu voren seines übertretens ermahnet werde, wil er dan nithoeren soo sall man mit ihm procederen wie Christus sagt Matey Cap. 18: wer die kierch niet horen en wilt, den sol man halten vor een heyden und puplicau."
Dass diese Schützenbruderschaft in den traurigen Zeiten, welche wir angeführt haben, auch an den Rand das Unterganges gekommen war und erneuert werden musste, sehen wir aus folgendem: „Ordinans der bruderschaft des H. Apostel Pauli patron der Kirchen in Vaels. Demnach des H. Pauli unsers patron in Vaels schützenbruderschaft. Durch kreich und ander ungelegenheiten bijna untergegangen, und man nun nyt woll wuste welche brüder in der Bruderschaft oder Schutzenspeill wahren, so hatten einige von den alsten schutzen vor gut gefonden das im Jahr 1602 dies Schutzenspeill widerumbt solt ernewert und in seynen vorigen standt gebracht werden wie dan auch gescheen, aber weilen numehr die schutzen in ein ofte ander sich nit woll verstehen als haben die herren Bürgermeister von Aachen gut gefonden diese ordonans des schutzenspeils widerum zu erneweren im Jahre 1669."
Aus diesen Worten sehen wir, wie selbst nach der vollständigen Einverleibung von Vaals bei Holland Aachen sich in Vaalser Angelegenheiten mischte.
Von der Liebe zur katholischen Religion und ihrem Opfersinn legten die Vaalser im Jahre 1648 besonderes Zeugnis durch den Neubau des Kirchturmes ab, der heute noch in seiner alten Stärke besteht und seit 1649 in gemeinschaftlichem Gebrauch mit den Protestanten war. Über diesen Neubau steht in einer Urkunde des Kirchenarchivs von Vaals u.a. folgendes: „Anno 1648 den 16. September hab ich und sempmentliche nachber unser parochie Vaals den newen Kirchtur verdingt an M. Geradt Croush vor 75 Acher Richtshl. und 7 thunen beirs jeder thon vor 12 gl. ex summa 88 ½ Richsthl. " Ebenfalls werden die weiteren Ausgaben in dieser Urkunde ganz genau aufgezählt.
In Kriegszeiten und Unruhen scheint selbst die Natur ihr böses Spiel zu treiben. So zeichnete uns der damalige Pfarrer folgendes Ereignis auf:
„Am 26. August des Jahres 1662 nachts um 2 Uhr brach ein Sturm los, wie er vor aller Menschen Erinnerung nie dagewesen und kaum je geschehen ist. Viel Schaden richtete er an den Bäumen an, besonders an denen, die keine guten Wurzeln hatten. Ich und mein Küster Martinus Laschet waren in der grössten Gefahr, weil wir zum Schloss Vaalsbruch gehen mussten zu Dionysius de Capell, Diener in Bruch, welcher im Todeskampfe lag, und dem wir in dieser Nacht die hl. Ölung bringen mussten. Wie wir aber zwischen der Kapelle und der Eisch kamen, wären wir umgekommen, wenn uns nicht die Hand Gottes beschützt hätte, da wir oft den süssen Namen Jesu und Maria angerufen und das Evangelium des hl. Johannes »In principio erat verbum« gebeten hatten."
Pfarrer von Vaals waren:
1600-1619 Petrus a Keer;
1619-1928 Joes Peschart;
1628-1630 Laurentius Beussenius;
1630-1641 Henricus a Monte; dann von
1641-1677 der tätige und opferreiche Pfarrer Sigesmundus oder Sigerus a Thenen.
Unter diesen Pfarrern haben sich eigentlich die Protestanten in Vaals angesiedelt. Haben wir den Einfluss von Holland in dieser Geschichte gesehen, so hängt dieselbe auch eng zusammen mit den protestantischen Unruhen in Aachen. Die erste Spur des Protestantismus in Aachen findet man in Jahre 1524, als nämlich ein Landstreicher gegen die katholische Kirche zu predigen begann. Derselbe wurde aber auf anderweitige Anzeigen hin schwerer Verbrechen überführt und als Mörder hingerichtet.
Im Jahre 1533 wurde durch Wiedertäufer gepredigt. Der Magistrat verbot dies und liess 1535 einige Personen, welche das wiederholte Verbot übertreten hatten, hinrichten, die andern hatten sich schon beizeiten aus dem Staube gemacht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die ersten Wiedertäufer schon damals nach Vaals gekommen sind.
1544 setzte der Ratsherr Adam von Zeuel von Aachen, der nachher Bürgermeister wurde und heimlicher Anhänger der neuen Lehre war, die Aufnahme mehrerer aus den Niederlanden vertriebenen reformierten Familien durch, welche reiche Unterstützung erhielten. Man hatte nämlich den Ratsverwandten und andern Mitbürgern gerühmt, wie vorteilhaft und einträglich es für die Stadt sein würde, wenn man vielerlei fremde Fabriken aus Flandern und Arras an sich zöge und hier einzupflanzen suchte. Vermögende Leute konnten nicht besser tun, als wenn sie ihre Kinder dorthin schickten, um solche Industrie zu erlernen.
Ebenfalls erbot man sich auch fremde Arbeiter nach Aachen zu locken und man gab vor, er wären schon über zwanzig reiche Fabrikanten, die keine Bedenken tragen würden, ihre Wohnung nach Aachen zu verlegen und jedem, der nur Lust hätte, die nötigen Anweisungen in ihren Fabriken zu geben.
Auf diese Weise hatten unter von Zeuel die Protestanten allmählich den Rat für sich eingenommen. Eine Schilderung, die gar zu reizend war und vielen Eindruck machte, weil sie die Bereicherung und Blüte des Staates zum Gegenstand hatte. Sie wurde daher von Mund zu Mund weiter verbreitet und hatte endlich den Erfolg, dass der Rat am 8. Oktober 1544 dreissig dergleichen fremden Familien das Bürgerrecht schenkte.
Inzwischen hatten die geheimen Protestanten in Aachen ziemlich Fuss gefasst und wurden von Tag zu Tag zahlreicher, weil die jungen Leute, die das erwähnte Fabrikswesen entweder in der Fremde oder zu Aachen erlernt hatten, sich fast alle auf deren Seite schlugen. Es bildeten sich kleine wallonische und lutherische Gemeinden; auch die Wiedertäufer zeigten sich. Ungeachtet der Stadtrat den Protestanten die Anstellung eines eigenen Predigers am 26. Januar abgeschlagen hatte, so stellte sich doch nun am 10. Februar 1558 ein gewisser Adrian von Haemstede als Prediger der Kalvinisten eigenmächtig an die Spitze und richtete in der Stille eine Gemeinde von dreizehn Familien auf, die alle aus geflüchteten Handelsleuten aus Antwerpen bestanden und unter dem Namen Protestant in Aachen eingeschlichen waren und so bestand von der Zeit an auch eine Gemeinde Wallonen aus der Pflanzschule des Johann Kalvinus. Jetzt versuchten die Protestanten durch die Fürbitte protestantischer Fürsten vom Magistrate die St. Folianskirche zu erhalten und erregten wegen Zurückweisung der Bitte Unruhen. Die Zünfte (Gilden) aber waren gegen sie, man wählte einen neuen Bürgermeister und wies alle Protestanten, die kein Bürgerrecht hatten, aus.
Seit dieser Zeit datiert die wälsche Gemeinde in Vaals, die ihre eigene Kirche in der Aachenerstrasse hatte und die in Vaals bekannt ist als „fransche Kirche"; auf der ältesten Karte von Vaals heisst sie »walse Kerk«, wurde 1558 errichtet und hat in der kombinierten wälschen Gemeinde von Aachen, Vaals und Burtscheid bis 1884 fortbestanden. Ein holländischer Geschichtsschreiber sagt: „Ook waren in den landen van Overmaas nergends zooveel protestanten als te Vaals, welke meestal bij de aankomst van Alva 1567 uit Belgie derwaarts de wijk hadden genomen. Onder hen waren verscheidene fabrikanten en kooplieden".
Hieraus ersehen wir, dass Vaals nicht allein von Aachen aus, sondern auch direkt von Belgien aus schon früh als Zufluchtsstätte der Protestanten gedient hat. Nach neuen Unruhen wurde im Jahre 1597 die Acht über Aachen durch den Kaiser ausgesprochen. Jülicher Truppen vollstreckten dieselbe ohne Blutvergiessen. Mehrere Protestanten wurden geächtet. Aus dieser Zeit datiert die Kirche der Wiedertäufer (Verves) oder Memnoniten, welche in Vaals ihre Zuflucht genommen hatten. Am 16. Juli 1602 wurden die Wiedertäufer aus Aachen vertrieben, doch wurde nicht strenge gegen dieselben vorgegangen. Die in Aachen Zurückgebliebenen verbanden sich mit den Memnoniten zu Vaals, wo ihre Versammlungen stattfanden, ebenso wie die Protestanten. 1611 kam das Verbot des Magistrats von Aachen, welches untersagte in den umliegenden Orten den Gottesdienst der Predikanten zu besuchen und die Übertreter des Verbotes wurden schwer bestraft; man griff zu den Waffen, man eilte aufs Rathaus und verlangte Freilassung der Gefangenen. Bevollmächtigte des Kaisers Mathias versuchten nochmals den Weg der Güte, richteten aber nichts aus. 1614 rückte General Spinola mit 16000 Mann vor die Stadt, welche sich bald ergab. Ein neu gewählter katholischer Magistrat verordnete, dass kein Predikant sich länger wie drei Tage in Stadt und Reich Aachen aufhalten durfte, 600 Andersgläubige, die seit 1598 das Bürgerrecht nicht erlangt hatten, wurden ausgewiesen. Die vertriebenen und geflüchteten Tucherzeuger erbauten ihre Fabriken in den umliegenden Ortschaften und viele protestantische Tuchhändler kamen nach Vaals.
Auch kamen damals Messingwerke nach Vaals. Es waren grosse Hammerwerke, deren schwere Hämmer welche durch das Mühlenrad in Bewegung gesetzt wurden, die Messingtafeln zu Blechen schlugen. Es waren die sogenannten Kupfermühlen, u.a. besass der Kupfermeister Johan Pelzer schon 1596 eine Kupfermühle zu Vaals. Diese Messing-Industrie entfaltete sich hierselbst zu hoher Blüte. Hierauf weisen die noch im Volke fortlebenden Namen von »Koffergas« und »Kofferhof« hin. Dieser Hof hiess früher Bocksgut, mutmasslich ist hier die Kupfermühle gewesen, daher die Veränderung des Namens.
Im Jähre 1764 kamen die von Clermont nach Vaals und gründeten hier eine Industrie ersten Ranges. Das Stammhaus war Tuchfabrik der von Clermont, ihre Tuche beherrschten den Weltmarkt. Sogar die Leibgarden des Zaren und des deutschen Kaisers trugen Uniformen, welche aus Tuchen dieser Fabrik hergestellt waren. Vaals war zunftfrei, daher diese Blütezeit.
Auch hatten die Lutheraner schon früh hier eine Kirche. Zu Vaals soll bereits 1645 eine lutherische Gemeinde bestanden haben, aus der die Aachener lutherische Gemeinde wieder auflebte. Das Taufbecken der lutherischen Gemeinde datiert von 1687, das erste Schriftstück von 1724 und die gegenwärtige Kirche am von Clermontplein wurde erst 1737 errichtet. Den Lutheranern wurde stark gegengearbeitet. Im Jahre 1683 erhielt jedoch der Drossart zu Vaals von den Staaten General ein Schreiben, worin ihm mitgeteilt wurde, dass er der Ausübung des lutherischen Gottesdienstes keine Hindernisse in den Weg legen sollte; von da an konnten die Lutheraner freier in Vaals aufatmen.
Am 11. Dezember 1696 wurde auf Anfrage der Augsburger Konfession die bisher gebrauchte Stelle in Vaals zur Ausübung ihres Gottesdienstes verändern zu dürfen und sich ein dazu durch sie gekauftes Haus einzurichten, zugestanden.
Was die Kirche der Deutsch-Reformierten betrifft, gibt die Geschichte keine genauen Angaben. Diese gebrauchten zuerst gemeinschaftlich mit den Katholiken deren Kirche. Im Jahre 1669 sahen die Protestanten von dem Gebrauch der katholischen Kirche ab und bauten eine neue Kirche. Der Prediger Bachine sagt, dass die protestantische Kirche, die in einem Winkel an die katholische gebaut und mit dieser einen Turm hat durch die Generale Staaten errichtet ist, andere behaupten mit guten Gründen, dass dieselbe schon vor der Besitznahme der Staaten durch die Katholiken errichtet war an der Stelle ihrer alten baufälligen Kirche. Wie dem auch sei, am 17. November 1668 wurde die reformierte Kirche zu Vaals vergrössert.
Zu der Zeit bestanden ausser der katholischen Kirche mithin 4 Kirchen der Protestanten und zwar:
1. die Kirche der Deutsch-Reformierten;
2. die »fransche« Kirche (auch ursprünglich »wälsche« Kirche genannt), wo die Französisch-Reformierten aus Aachen ihre Zusammenkünfte abhielten. Dieselben hatten auch hier ihren Predikant wohnen;
3. die lutherische Kirche der Lutheraner von Aachen und Burtscheid, deren Predikant das Pastorat von Vaals bewohnte;
4. die Kirche der Memnoniten oder Wiedertäufer.
Die erste dieser Kirchen, die der Deutsch-Reformierten, lag auf einem kleinen Hügel, ein Predikant aus Aachen versah den kirchlichen Dienst. Diese Kirche besteht noch heute, ebenso die lutherische. Von der »franschen« Kirchengemeinde bestanden im Jahre 1865 noch zwei Familien, die sich mit den Deutsch-Reformierten vereinigt hatten und denselben ihre reichen Einkünfte übertrugen. Die »fransche« Kirche wurde im Jahre 1850 in ein Wohnhaus umgebaut. Nach den Aufzeichnungen des verstorbenen hochwürdigen Herrn Kaplan Vaessen soll die »wälsche« Kirchengemeinde von Vaals, Aachen und Burtscheid sogar bis Mai 1884 fortbestanden haben. Von der Kirche der Memnoniten (Verves) besteht noch ein Teil. Der Fabrikant von Clermont hatte darin eine Weberei eingerichtet und der Israelit Gerathwold aus Frankfurt hatte das Türmchen dieser Kirche abgebrochen und zwei andere gegenüberliegend gebaut. Die Bevölkerung von Vaals bestand im Jahre 1858 aus 110 Reformierten oder Kalvinisten, 4 Lutheraner, 36 Israeliten und 1950 Katholiken.
Im Jahre 1673 bekam Vaals eine neue katholische Pfarrkirche, welche Anfang desselben Jahres fertiggestellt wurde, wie im Kirchenbuch verzeichnet steht. Einige Aufzeichnungen des damaligen Pfarrers lassen wir hier folgen: „Am 15. August 1673 wurde die erste Ehe eingesegnet in der neuen Kirche zwischen Gerhard Lauszberch und Johanna Lauen; am 20. August wurde getauft Katharina Bree. Sie ist das erste Kind, das in der neuen Kirche bei ihrer Einweihung mit meiner Erlaubnis durch den hochw. Herrn Nicolaus a Campo, Pastor in Gemmenich, unter meiner hl. Messe getauft wurde".
Am 13. November 1713 wurde der Kirchenvorstand von 6 auf 4 Personen zurückgebracht.
Petrus Radermacher, der schon vom 1. August 1702 Pfarrer von Vaals war, meldet, dass er den 10. Oktober 1729 von dem Weihbischof Jan Baptist Gillis, der damals in Aachen die hl. Firmung spendete, Einwilligung bekam, die kleine Glocke, die neu gegossen war, zu benedizieren und zu taufen und das im Beisein des hochw. Herrn Heyendal, Abt von Rolduc und des ehrw. Herrn Römer, Direktor des Armenhauses. Am 12. Oktober fand die Feier statt und er taufte die Glocke zu Ehren des hl. Paulus, Patron seiner Kirche und gab ihr den Namen Petrus Antonius. Die Taufe wurde im Beisein von Johannes Klinckhamer, Pastor von Gemmenich, in der Scheune des Pfarrhauses verrichtet, da sie in der Kirche oder auf dem Friedhof nicht stattfinden konnte. Als Pate fungierten Joannes Theodorus Schorenstein aus Aachen und Thomas Creutzen aus Vaals und als Patin Anna Margaretha Schorenstein aus Aachen und Jungfrau Anna Dautzenberg aus Vaals.
Greifen wir nur nochmals zurück zur Geschichte des Protestantismus in unserer Gegend, so sehen wir, dass auch 1664 noch nicht die völlige Ruhe wiederhergestellt war.
Zuerst erliessen die Staten General neue Reglemente und von 1667 an entstanden wieder Kriege, in welche auch Holland verwickelt wurde und wobei auch von den Vaalsern wiederum Opfer gefordert wurden.
Zwei Jahre nach dem Partagetraktat, am 15. Oktober 1653, erliessen die Staten General einige Reglemente für die Länder von Valkenburg, Daelhem und Herzogenrade. Darin konnten die Katholiken dieser Länder bereits lesen, was sie von dem Staatsbeheer zu hoffen und zu fürchten hatten. Dieselben enthielten:
1. Das Verbannungsdekret der katholischen Geistlichen aus dem Lande;
2. dass jeder, der eine amtliche Stelle bekleidete, ob hoch oder niedrig, der reformierten Kirche angehören musste;
3. dass alle katholischen Beamten, die ihrer Religion nicht entsagen wollten, einfach aus dem Dienste entlassen würden;
4. alle Katholiken wurden gezwungen, ihre Eheschliessungen vor dem Predikanten zu vollziehen, wandte man sich dieserhalb an den katholischen Pfarrer, so musste dieses geheim geschehen;
5. die Schulen mussten protestantisch eingerichtet sein und die Kinder in der reformierten Religion erzogen werden.
Von alters her war aber das Amt des Schulmeisters meistens verbunden mit dem des Küsters. Dieser war gleichzeitig Vorsänger und hatte ebenfalls das Glockenläuten zu besorgen. Dieses wurde jedoch anders unter dem Beheer der Staten General. Die Schulmeister mussten der reformierten Religion angehören.
Wie aus dem Totenregister der Protestanten ersichtlich ist, sind in Vaals lange Zeit Protestanten Schulmeister gewesen:
1774 starb Daniel Wahle, Vorleser und Schulmeister;
1793 Lambert Alex Wagner, ref. Lehrer;
1798 Joh. Leon. Förster, Schullehrer in Vaals.
Die katholischen Lehrer durften keinen Unterricht mehr geben, selbst nicht, wenn sie mit den Kindern ausserhalb des Gebietes der Staten General gingen. Die mehrmalige Übertretung dieser Verordnung wurde mit Verbannung bestraft. Auch durfte kein Unterricht gegeben werden in Privathäusern durch katholische Lehrer. Die reformierten Schulmeister durften keine Herbergen halten und kein politisches Amt bekleiden. Ihre Stelle war ebenfalls verbunden mit dem Amt des Küsters, Vorlesers und Vorsängers.
Infolge einer Bestimmung vom 20. Juni 1719 durfte niemand als Küster oder Schulmeister angestellt werden, der nicht
1. das Alter von 25 Jahren erreicht hatte;
2. öffentlich Zeugnis abgelegt hatte von seiner reformierten Religion;
3. ein Attest vom Predikanten vorlegen konnte, worin seine Fähigkeit und gutes Betragen bescheint war.
In den Ländern von Overmaas waren nur gewöhnliche Volksschulen.
Eine Kirchenvisitation im Jahre 1694 ergab, dass nur in VaaIs, Valkenburg, Heerlen, Beek, Meerssen und Geul das ganze Jahr hindurch Schule gehalten wurde, in allen anderen Gemeinden nur im Winter. Während der französischen Herrschaft in unserer Gegend von 1672-78 (die niederländische Republik führte nämlich seit 1672 mit Frankreich Krieg) zogen grosse französische Truppenscharen durch unsere Gegend zum Rhein. In dieser Zeit kam Erleichterung in die allgemeinen Leiden.
Die Franzosenstellten die Pfarrer wiederum in den Besitz ihrer Kirchen und Pastorate, die Beschlagnahme der Güter der Geistlichen wurde aufgehoben, sie gaben den Katholiken ihre alten Rechte zurück und liessen den Protestanten, die in unseren Gegenden wohnten, volle Freiheit in ihrem Gottesdienst, so dass sie Kirchen bauen konnten, Ämter bekleiden, Predikanten anstellen und in gleicher Weise leben konnten wie die Katholiken. So etwas war bis zu dieser Zeit noch nirgends geschehen. Was die Kirchen und Güter betrifft, so blieben nur diejenigen Eigentum der Protestanten, die ursprünglich von Protestanten herrührten. So wurden nach dem Partagetratak van 1661 die Kapelle von Welten und die Kirche von Vaals durch die Staaten von Grund auf neu gebaut, deswegen gab auch der französische Gouverneur von Maastricht ihnen die Erlaubnis, daselbst ihren Gottesdienst zu halten. Die Kapelle von Welten und die Kirche von Vaals waren die einzigen in dieser Gegend, welche durch die Staaten gebaut waren. Der Predikant aus Heerlen, Wilhelm Nobis, der auf vorgenannte Erlaubnis des Gouverneurs hin, an einem bestimmten Tage in die Kapelle nach Welten kam, um daselbst vor den dort versammelten Protestanten der ganzen Umgebung zu predigen, wurde in diesem Vorhaben durch die Bauern mit Gewalt gestört; der Predikant mit seiner ganzen Gemeinde musste mit grosser Lebensgefahr die Flucht ergreifen. Seit dieser Zeit wurde der öffentliche Gottesdienst der Protestanten ausser in Vaals, in dieser Gegend nicht mehr abgehalten, bis zur Rückkehr der Staatischen.
Im Jahre 1689 haben die Franzosen zu Vaals das Haus des Predikanten niedergebrannt und die Kirche im Innern ruiniert.
Am 8. August 1690 zogen die Franzosen mit 2000 Pferden in unsere Gegend und verbrannten daselbst 21 Dörfer. Das ganze Land (ungefähr von Köln bis Maastricht musste Kriegsabgaben zahlen. In dieser Zeit sind auch wieder viele Personen aus Vaals im Krieg gefallen und es hielten sich hier viele Flüchtlinge auf.
1678, nach dem Frieden von Nijmegen verzogen die Franzosen, aber so wie wir gesehen haben, dauerten die unsicheren Zustände fort bis 1697 und damit sind die Kriege noch nicht beendet, die unsere Gegend trafen. 1701 bis 1713 (dem Frieden von Utrecht) wurde Holland, das an der Seite von Kaiser Leopold stand, wiederum in den Krieg verwickelt und kamen hier wieder die traurigsten Fälle vor. Ein Teil von Herzogenrade, das spanisch geblieben war und auch andere von den Spaniern besetzten Gebiete kamen 1713 an Österreich.
So lesen wir im Totenregister von Vaals wie am 31. Oktober 1710 Joh. Prompers auf elende Weise ums Leben kam. Der Bericht lautet folgendermassen: „Gestern Abend gegen 10 Uhr drangen 18 Diebe in den Hof von Einrath ein. Um die gefangen zu nehmen waren durch den Statthalter Brul infolge höheren Befehls alle Männer gezwungen, zu erscheinen und fand eine Umzingelung von Einrath statt durch die Bauern aus der Umgebung. Die 13 Soldaten wurden gefangen genommen, jedoch einer der Bauern, namens Prompers, fiel infolge eines Schusses, der seine Schulter durchbohrt hatte.
Am 1. November haben die Bauern von Vaals diese französische Bande, worunter sich zwei Deserteure befanden, nach Maastricht gebracht. Am 12., 17. und 20. Januar 1711 wurde die Todesstrafe an denselben durch Erhängen vollzogen. "
Von 1741 bis 1748 dauerte der österreichische Erbfolgekrieg. Philipp von Spanien, Frankreich und andere Staaten verbündeten sich gegen Österreich; die Franzosen eroberten die österreichischen Niederlande. Bei dieser Gelegenheit kamen wieder einige Kriegsunruhen vor. Am 3. September kamen etliche tausend Soldaten der alliierten Armee und lagerten sich auf das Seffenter Feld. Sie wollten sämtliche Lebens- und Futtermittel geschafft haben, wo dies aber eine Unmöglichkeit war, da bereits alles von ihren Truppen weggenommen war und die Bauern selbst nichts mehr für ihr eigenes Vieh hatten. Ausserdem fällten sie alle Bäume und verbrannten, plünderten und raubten alles was sie bekommen konnten, denn der Ärger über das Fehlen von Winterquartieren war so gross, dass sie allerlei Schandtaten begingen und mit Gewalt desertierten. Die Offiziere konnten die Soldaten auch nicht mehr im Zaum halten, da deren Sold fehlte, und so mussten die Bauern herhalten und das letzte was sie hatten, ausliefern.
Die Zeit der Bockreiter.
Man kann hier drei Perioden unterscheiden; in der ersten Periode von 1734-56 hausten sie hauptsächlich in Herzogenrade und Valkenburg; in der zweiten Periode, von 1762-76 wurden 500 Bockreiter getötet und der Rest auseinandergesprengt. In der dritten Periode von 1790-98 existierte die Meerssener Bande, die hauptsächlich aus jüdischen Dieben bestand, welche nach 1798 zu Neuwied ihr Unwesen trieben.
Wenn Vaals auch nirgendwo als Sitz der Bockreiter genannt wird, so liegt doch in unserer ganzen Gegend kein Dorf, welches sich vor diesem Unheil schützen konnte; bereits der Überfall auf Einrath war ein Vorläufer der Bockreiterperiode.
Am 7. Oktober 1750 wurde Jakob Hulse, der abends von einer längeren Arbeit nach Hause kam, durch eine Bande Bösewichter überfallen, ganz unschuldig wurde er grausam geschlagen und infolge eines dabei erlittenen Schädelbruches starb er kurz nachher. Auffallend ist aber, dass Vaals, in dessen Sälen von Blumenthal und Vaalsbroich das aristokratische Zeitalter die üppigsten Blüten spross, nicht von den Banden heimgesucht worden ist.
In diesen Strecken bestanden bis zur französischen Revolution 1789 nur kleine Herrschaften und Herzogtümer mit selbständigen Schöffenbanken, so in den Ländern von Jülich, Valkenburg, Herzogenrade, Schaesberg und Limburg. In dem Gebiet wo die Bockreiter entstanden, war eine vielzählige und schwache Obrigkeit, welche ihr Entstehen nicht verhindern konnte, vielmehr ihren Unternehmungen günstig war. Der Rat von Aachen, die Statthalter der österreichischen Niederlande, die holländischen Generale Staaten, der Herzog von Jülich und andere kleinere Dynastien teilten das Land. Die vielen kleinen Gebiete machten das Überlaufen der Missetäter von einem Land ins andere leicht und dadurch entrannen sie bequem dem Arm der Gerechtigkeit. Noch vor der Zeit, wo die Bockreiter als organisierte Bande auftraten, war das Gebiet von Herzogenrade, wie wir bereits gesehen haben, zwei Jahrhunderte hindurch der Schauplatz von Kriegsunruhen, auf dem sich Räuberbanden frei bewegen konnten. Nach den Annalen von Rolduc hatten die Söldlinge des Herzogs von Jülich, dem Herzogenrade von 1484 bis 1543 verpfändet war, in dieser Zeit viel Unheil angerichtet. Während des spanisch-niederländischen Krieges 1564 wurden die Gegenden der Wurm, Rur und Maas sowohl von den Geusen und holländischen Freibeutern als von den kaiserlichen und spanischen Soldaten öfters besucht.
Im Pfarrarchiv von Simpelveld befinden sich die Aufzeichnungen von Pastor Didden, nach welchem dieser Pfarrer sowie die ganze Strecke bis Kirchrath von 1576-1798 unsäglich viel von den staatischen Freibeutern als auch von den Spaniern zu leiden hatten. Genannter Pfarrer hatte mehrmals solche Missetaten zu erdulden. Anfang des 16. Jahrhunderts begann erst recht die Leidenszeit für das Land von Herzogenrade. Auf diesem Gebiet schwärmten plündernd und brennend bis zum Ausbruch des dreissigjährigen Krieges spanische und staatliche Söldlinge herum und vor allem waren es entlassene Soldaten, welche die ganze Strecke unsicher machten. Dazu kam noch, dass die kirchlichen Zwistigkeiten in Aachen viel Kriegsvolk durch das Land von Herzogenrade führte, bis Spinola im Auftrage des Kaisers Mathias am 25. August 1617 Aachen besetzte und daselbst sowie in Vaals das katholische Element wieder in Achtung brachte. Zugleich säuberte er die Umgebung von Aachen wie auch das Land von Limburg von den holländischen und französischen Räuberbanden. Doch die als Retter in der Not erschienenen spanischen Söldlinge übten selbst Erpressung und Unterdrückung aus. Als jedoch nach Ablauf eines 12-jährigen Waffenstillstandes 1609-1621 der Krieg zwischen Spanien und den Generalen Staaten wiederum ausbrach, erschienen sie zeitweise während 8 Jahren (1625-33).
Durch Jan van Weert wurde ihr Treiben in dem Gebiet der Wurm zum Stilstand gebracht; aber auch noch von 1632-40 hatte das Land von Herzogenrade viel zu leiden durch die Staatischen, die dasselbe ganz aussaugten, während die Söldlinge des Herzogs Karl von Lotharingen, die in dieser Zeit das Land von Limburg als Pfand von Spanien in Händen hatten, noch viel schlimmer hausten. Als jedoch die Zeit der Verpfändung zu Ende ging, dauerten die Lieferungen von Lebensmitteln noch an, bis endlich die Holländer durch einen Einfall mit Gewalt in den Besitz des Landes von Herzogenrade kamen.
Wie die Umgebung von Aachen und das Land von Overmaas in dem Krieg von Frankreich gegen Spanien 1666-68 durch die Truppen des Fürstbischofs van Gaelen aus Münster schwer geprüft wurden, ebenso wie in den drei französischen Raubkriegen, teils von holländischen, teils von französischen Söldlingen und durch Reichsoldaten bis Ende des 17. Jahrhunderts aufs äusserste bedrängt und ausgeraubt wurden, beweisen die im Archiv von Richterich sich befindenden Aufzeichnungen über Lieferung von Brot, Bier, Fleisch, Hafer, Heu und Stroh zur Genüge.
Auch über Vaals befinden sich solche Aufzeichnungen im Reichsarchiv von Maastricht, durch den damaligen Sekretär der Bank Holset-Vaals-Villen in den früheren Jahren (1635-37) niedergeschrieben, welche noch nicht veröffentlicht sind.
Der im Jahre 1697 zu Rijswijck zwischen Frankreich und dem deutschen Kaiser geschlossene Friede brachte Ruhe. Im Jahre 1702 brach jedoch der spanische »Suczessie« -Krieg aus und brachte in unserer Gegend viel Einquartierung und Durchzug von Soldaten, selbst von englischen, und so kam diese Gegend wiederum an den Rand des Unterganges, sodass viele Bewohner des platten Landes Haus und Hof verliessen und, durch die Verhältnisse gezwungen, ein umherziehendes Leben führten. Diese umherziehende Lebensweise wurde durch die nachfolgenden Gefechte, besonders in dem österreichischen »Successie«-Krieg noch mehr gefördert. Man braucht sich daher nicht zu wundern, dass durch die angegebenen Umstände das Diebes- und Freibeuterwesen im Lande von Overmaas noch allgemeiner wurde und sich zu organisierten Banden entwickelte, die wir unter dem Namen »Bockreiter« kennen. Genügend Polizei oder Militärmacht zur Bekämpfung dieses Räubervolkes war nur zeitweise vorhanden, die geringe Ortspolizei war hierzu ungenügend.
Der grösste Teil dieser Räuberbanden bestand aus der einheimischen Bevölkerung, denen sich viele fremde herumziehende Landstreicher und Bettler, sowie desertierte Soldaten und arbeitsscheue Menschen anschlossen. Die desertierten Soldaten übernahmen meistens die Leitung und Anführung der Bande.
Die erste Räuberbande in Lande von Herzogenrath hatte es vornehmlich auf die Beraubung von Kirchen und Pastorat abgesehen, später gingen dieselben auch auf Beraubung von Privatbesitz aus.
Aus amtlichen Briefen über die Bockreiter geht hervor, dass die meisten verführt waren durch einzelne Schuldige und dass man gegen dieselben bei der Bestrafung zu streng vorging.
Ebenfalls werden auch als Mitursache dieser Bockreiter-Greueltaten die Kirmessen, sowie der Missbrauch von starken alkoholischen Getränken genannt. Daher führte man eine allgemeine Kirmes ein und bestimmte, dass alle Schenkwirte ihre Namen bei dem Offizier oder Gericht des Ortes angeben mussten. Die Zahl der Wirtschaften wurde möglichst eingeschränkt und es durfte keiner auf abgelegenen Wegen eine Wirtschaft halten. An Sonn- und Festtagen durften während des Gottesdienstes keine Getränke verabreicht werden, mit Ausnahme an andersgläubige Reisende, ebenso durfte keine Tanzbelustigung vor 4 Uhr nachmittags stattfinden. Die Wirtschaften mussten an Sonn- und Feiertagen abends um 8 Uhr geschlossen werden.
Nach diesen allgemeinen Betrachtungen kommen, wir wieder zurück zur eigentlichen Geschichte. Im Jahre 1678, nach dem Frieden von Nijmegen, verliessen die Franzosen das Land und die vormaligen Zustände kehrten wieder, doch in mehr gemässigter Form. Die Verfolgungssucht und Prosolitenmacherei waren abgeflaut. Dieses hatte vermutlich seinen Grund in der Veränderung der Zeiten und den politischen Zuständen, worin seit 1672 Maastricht und die staatischen Länder von Overmaas verkehrten; man weis, dass die Staaten infolge eines geheimen Abkommens mit dem König van Spanien sich verpflichtet hatten, ihm genanntes Gebiet abzustehen wenn er ihnen Hilfe gegen die Franzosen verlieh. Diese Hilfe kam, aber nachdem der Friede geschlossen war nahmen die Staatischen wieder Besitz von den Ländern und weigerten sich dieselben abzustehen.
Diese unsicheren Zustände, worin diese Bezirke sich fortan befanden, trugen unzweifelhaft viel dazu bei, um die Staatischen mehr verträglich zu machen, denn stets mussten sie erwarten, dass die Spanier das Gebiet zurückfordern würden. Es kamen jedoch die alten Gesetze wieder in Kraft, die geistlichen Güter wurden wieder in Beschlag genommen, die Schulen in protestantische Hände gegeben und das Land durch reformierte Beamte regiert, jedoch wurden die katholischen Geistlichen fernerhin geduldet.
Der gemeinschaftliche Gebrauch der Kirchen für Katholiken und Protestanten wurde wieder gesetzlich eingeführt. Die Staaten gaben 1680 den Katholiken ihre Kirchen zurück unter der Bedingung, dass sie den Reformierten, die ebenfalls ihren Gottesdienst halten wollten, keine Schwierigkeiten machten, noch Grund zum Ärgernis gaben. Die Katholiken mussten die Zeit ihres Gottesdienstes nach der Zeit der Reformierten regeln. Das Anbringen von neuen Bildern und Verzierungen war nicht erlaubt und während des Gottesdienstes der Reformierten musste der Altar und die Bilder durch einen Vorhang bedeckt sein. Dieser Zustand hatte für Vaals bereits seit 1669 aufgehört, blieb jedoch an den andern Orten wo Protestanten waren fortbestehen. Bekanntlich beerdigten unsere Vorfahren ihre Toten nicht allein auf den Friedhöfen, sondern auch in den Kirchen. Einen Beweis dafür aus der jüngeren Zeit hat man noch in Lemiers bei der Restaurierung der alten Kapelle gefunden. So wurden 1762 in der reformierten Kirche in Vaals Frau Baronin von Dorrenberg, verschiedene Kinder der Familie von Clermont, sowie auch ein Engländer begraben.
Im Jahre 1772 wurde von einem Grabgewölbe in der lutherischen Kirche berichtet, wo u.a. auch ein Kind des Herrn Trostorff begraben liegt.
1778 wurde in der französischen Kirche Jungfrau a Brassard geb. Delhaes begraben und am 8. Mai 1793 H. Guerin, französischer Prediger.
Am 16. Oktober 1730 bestimmten die Kommissare im Auftrage der Staten Generale, dass infolge einer Resolution vom 3. Juli 1715 die Grabstätten innerhalb der Kirchen in den Ländern von Overmaas Eigentum der Kirchen waren, und dass für jede Leiche, welche darin begraben wurde, ein Dukaten bezahlt werden musste. Diese Bestimmung galt nicht allein für grössere Kirchen des Landes, wo der Predikant wohnte, sondern auch für die kleineren Kirchen, wie Holset, wo Sonntags wohl gepredigt wurde, jedoch kein Predikant wohnte. In dieser Zeit wurde auch zu Vaals die lutherische Kirche gebaut. Dieselbe wurde ausmöbliert durch die beiden berühmten Architekten von Couven, die viele stattlichen Gebäude in unserer Gegend errichtet hatten. Die lutherische Gemeinde versammelte sich früher zu Vaals in einem Zimmer ihres Predigers. „Es waren dies Leute aus der Reichsstadt Aachen, der Reichsfreiherrlichkeit Burtscheid und aus dem holländischen Dorfe Vaals.“
Die Bauerlaubnis zu dieser Kirche wurde von den Generale Staten der vereinigten Niederlande erteilt. Man konnte aber nicht eher bauen bis Seine Excellenz der Herr Reichsgraf von Seckendorff als kommandierender General der kaiserlichen und Reichsarmee im Jahre 1737 das Winterquartier in Aachen bezogen hatte.
Herr von Zittig, Ingenieur-Major des Grafen von Seckendorff machte den Plan. Am 12. April 1736 wurde der Grundstein gelegt. Es versammelten sich im Kirchenzimmer der Graf von Seckendorff und Gemahlin, General von Diemar, dessen Sohn, Schwiegersohn und Tochter und andere hohe Offiziere und Damen wie auch die Mitglieder der Kirchengemeinde. Alsdann folgten die damals üblichen Zeremonien und Gesänge. Der Graf von Seckendorff legte den Grundstein und in denselben kamen goldene und silberne holländische und kaiserliche Münzen. Der Prediger legte die Inschrift hinein.
Die Einweihung der lutherischen Kirche fand noch in demselben Jahre statt. Bei der Einweihung war die Kirche gefüllt von Personen aus Vaals, Aachen, Burtscheid, Eupen, Gulpen, Maastricht, Stolberg, Zweifall und Montjoie (Monschau). Anwesend waren auch ein Vertreter der holländischen Obrigkeit, die Herren Gerichtsschöffen sowie drei reformierte Prediger von Aachen, Burtscheid und Stolberg.
Im Jahre 1751 begannen die Katholiken mit dem Bau einer neuen Kirche. Die alte Kirche wurde abgebrochen, da dieselbe viel zu klein und baufällig war.
Am 27. April wurde der erste Stein für dieneue Kirche gelegt. Während der Bauzeit wurde die hl. Messe in der öffentlichen Schule gelesen. Am 10. August 1753 wurde das Kruzifix, das früher über der Türe der alten Kirche hing, in der Mitte der Kirche aufgehängt; die Nichtkatholiken protestierten dagegen, erreichten aber dadurch nichts. Am. 18. August 1754 wurde die Kirche feierlich eingesegnet. Erst am 19. Juni 1770 wurde dieselbe konsekriert zu Ehren des hl. Paulus durch den Bischof von Lüttich Kar. Alex von Arberg und Vallenqin, Bischof von Amyzone. In dem Altar legte man die Reliquien der hl. Martyrer Martialis und Maximi.
Im Jahre 1883 wurde wiederum eine neue kath. Kirche (das jetzige Patronat) unter dem Vorsitz des Herrn Pfarrers Schmetz und des Konsuls Baron von Pelzer Berensberg erbaut.
Gehen wir weiter in der Kirchengeschichte, dann sehen wir, dass laut Resolution der Generale Staten die Pfarrer keine Assistenten haben durften; nur in Krankheitsfällen war es ihnen erlaubt sich von einem in der Nähe wohnenden Priester aushelfen zu lassen. Auch sollte der Staatsrat dafür Sorge tragen, dass die grosse Anzahl Priester und Kapläne, die sich im Lande befanden, merklich vermindert würde. Um dies zu erreichen, sollte fortan an jeder Kirche nicht mehr als ein Kaplan angestellt sein. Auch betreffend der Eheschliessungen wurden nach und nach Bestimmungen getroffen, welche zum Nachteil der Katholiken waren. So durfte z.B. ein Protestant, der zwecks Heirat mit einer katholischen Person zur katholischen Religion übertrat, erst nach Verlauf eines Jahres getraut werden. Solche Massnahmen waren geeignet unter der katholischen Bevölkerung Unwillen hervorzurufen und Zustände zu schaffen, die viele unangenehme Geschehnisse zur Folge hatten.
In den unruhigen Zeiten, von denen wir in unserer Abhandlung berichtet haben, können noch zwei Ereignisse von grosser Wichtigkeit hervorgehoben werden, nämlich die Grenzschwierigkeiten, welche mit religiösem Hass gegen den Pfarrer Sigerus a Thenen gepaart gingen und Verbannung des Pfarrers Bosten. Über erstere finden wir in der Chronik nachstehende Aufzeichnung, welche wir hier wortgetreu folgen lassen:
„Nachdem zwischen König Philipp in Soanien und den Herren General-Staaten der sogenannten Partage-Tractat wegen der drey Lande über Maas, nämlich Falkenberg, Dalem und Herzogenrode, am 26. December 1661 im Haag zum Stande gekommen und hiebey den letztern aus dem Lande von Herzogenrode unter andern auch das Dorf Vaels war zugetheilet worden, so setzte es mit diesen neue Haendel mit Aachen ab; unter andern ward dem dortigen katholischen Pfarrer eine Staaten-Verordnung zugebracht, und ihm hierinn bey schwerer Strafe anbefohlen, sich vom 1. Tage des nächstfolgenden May-Monates der dasigen katholischen Kirche zu enthalten, und selbige nicht mehr zu betreten; der StadtRath, so sich hiebey getroffen fand, säumte nicht, dem befehlenden Theil am 30. Merz dagegen vorzustellen, dass nicht das ganze Dorf Vaels der Spanischen Krone zugehörig gewesen, sondern ungefähr fünfzig Häuser, zu welchen auch das Pfarrey-Haus samt dem vordern Theil der Kirche bis zur Thür gerechnet werden musste, auf Aachenschem Boden, folglich unter seiner Bothmässigkeit gelegen wäre, wie die ältesten Urkunden solches erweisen, auch man von Spanischer Seite bezeugen würde; so gar wäre zum ganzen Kirchen-Bau das Gehölz aus der Aachenschen Waldung hergegeben worden; die Herren Staaten würden also unterthänig ersucht, das nichtig angelegte Verboth als einen offenbarn Eingriff in des Raths Gerichtsbarkeit aufzuheben, oder bey sich etwa noch ereignendem Anstand ihren Herren Kommissarien, die sie vermuthlich zur Regulirung der Grenzen überschicken würden, aufzutragen, dass diese des Raths Beweise vernehmen, und alles nach Recht und Billigkeit vollenden sollten; es fand aber solcher Vortrag kein Gehör, im Gegentheil ward am 5. May das Schloss von der Kirchthür abgebrochen, und so verändert, dass des Küster selbiges mit seinem Schlüssel nicht mehr öffnen konnte; noch oben drauf machte man ihm das Kompliment, seine Wohnung zu räumen und am erstgefolgten Sonntage ward den Katholischen die begehrte Öffnung ihres Gotteshauses geweigert; wesfalls sich der Rath in einem Schreiben vom 8. selbigen Monates bei den Herren Staaten abermal, obwohl fruchtlos, beschwerte.
Endlich ging es gar soweit, dass die holländischen Beamte den Altar abbrechen, und selbigen samt dem übrigen Kirchen-Geräthe wegnehmen liessen; auch hierüber klagte der Rath am 1. Junius im Haag ohne mindester Wirkung.
Vermuthlich wollte solches eine Wiedervergeltung heissen, dass jenem zufolg Schlusses vom 9. September 1614 so wohl als auch noch ferner zur Handhabung seiner im Jahre 1650 erlassenen Verordnung, dass überhaupt alle Protestanten in Zeit von fünf Jahren mit Sack und Pack abziehen sollten beym Anfang des Jahres 1661 zween reformirten Predigern, die sich eine Zeittang unter dem Titel der Gastfreyheit in Aachen aufgehalten hatten, das Thor zu weisen gefällig gewesen war; worüber dann die Herren Staaten sich in einem Schreiben so bedrohlich ausdruckten, dass der Rath am 26. Hornung die Kaiserliche und am 16. Merz die KöniglichFranzösische Hülfe anflehte, auch die Kur- und Fürsten zu Köln, Mainz, Trier und Pfalz-Neuburg bath, jenen ihr Unrecht vorzustellen und zu erinnern, dass sie die Stadt der in den ReichsVerfassungen ihr zugemessenen Gerechtsamen als einen Reichsstand friedlich geniessen lassen wollten; wobey es dann auch sein Verbleiben hatte. Nun trafen die obgedachten Herren Kommissarien am 12. Junius zu Mastricht ein; zur Stund fertigte der Rath einen Ausschuss dorthin ab, und dann schritt man zu den Konferenzen; erstere forderten jene 200 Rhein. Gulden, so die Stadt dem Hause Burgund zufolg Konkordaten jährlich abzutragen pflegte; der Ausschuss berichtete solches an den Rath, und dieser erklärte sich am 19. hierzu erbötig, doch mit dem Bedinge; dass die Herren Staaten ihm desfalls für allen Anspruch von Seiten des höchstgesagten Hauses Bürge seyn sollten, schickte auch die Beweise von seiner Zoll-Freyheit in den vorerwähnten dreyen Länden, und bath hiebey gehandhabet zu werden; alles aber war umsonst, nur von Vaels liess sich noch was weniges reden; und da der schwächere Theil sich gemeiniglich zu einer auch noch so weh thue den Grossmuth anschicken muss, so wurde die Sache dahin verglichen, dass der Rath von seiner dasigen Forderung abstehen, dagegen ihm das Pfarrhaus mit allen hierzu gehörigen Einkünften und Gefällen frey und vollständig verbleiben sollte; und also ergieng es der guten Stadt Aachen auf dieser Seite fast eben so, wie man es mit ihr auf der Limburgischen im Jahr 1439 gemacht hatte."
Nachstehend lassen wir weiter die Geschehnisse folgen, die sich unter dem hochwürdigen Herrn Pfarrer Bosten zugetragen haben sowie seine Verbannung.
Im Jahre 1762, am 14. April, wurde zu Vaals ein Kind zur Taufe gebracht, um von dem Prediger Pfermingis getauft zu werden. Der Vater war katholisch und hiess Heinrich Mommers, die protestantische Mutter nannte sich Sara Erfvens.
Der Prediger hatte gerade begonnen, dem Kinde die Taufe zu spenden, als eine gewisse Kunigunda Mommers, eine Schwester Heinrichs, in die Kirche hineinstürmte und mit Gewalt sich des Kindes bemächtigen wollte.
Ihr Versuch stiess aber auf den Widerstand der Taufzeugen, unter welchen sich der Grossvater von Muttersseite befand.
Der Prediger, wütend über diese Störung, befahl unmittelbar die Kirche zu schliessen und Kunigunda festzunehmen.
Da aber in Vaals kein Gefängnis vorhanden war, wurde die Frau in einem Gebäude, das durch einige Protestanten bewohnt war, eingeschlossen.
Am andern Tage wurde dieselbe durch das Gericht von Vaals-Vylen-Holset, das ausschliesslich aus protestantischen Mitgliedern bestand, in Verhör genommen und da sagte die Gefangene aus, dass sie zu dieser Gewalttat angespornt worden wäre durch den Herrn Pfarrer Jan Willem Bosten; dass wenigstens dieser Pfarrer und sein Kaplan sowie der Küster alles versucht hätten, um ihren Bruder Heinrich zu dem Beschluss zu bringen, sein Kind katholisch taufen und erziehen zu lassen. Doch da dieser Versuch nicht gelungen sei, der Herr Pfarrer in Beratung getreten wäre mit Andreas Butgens, Vater des Küsters, der sie dazu gebracht hätte, sich des Kindes zu bemächtigen, sobald es nach der protestantischen Kirche gebracht würde und es dem Pastor zu bringen, um dasselbe katholisch taufen zu lassen.
Nach Beendigung des Verhörs wurde die Frau in ihr Gefängnis zurückgebracht.
Dieser Vorfall wurde alsbald bekannt. Wie der Grossvater des Kindes Jan Maarten Erfvens an jenem Abend nach Burtscheid, wo er wohnte, zurückkehrte, wurde er unterwegs so misshandelt, dass er erst des andern Tages in einem Tragstuhl in sein Haus gebracht werden konnte. In derselben Nacht erschien eine Anzahl Leute aus Aachen und Bauern aus der Umgegend, mit Gewehren und Stöcken bewaffnet und begleitet von einigen französischen Soldaten aus der Garnison von Melaten zu Vaals. Sie trieben die.Wächter in die Flucht, brachen die Türe des Gefängnisses auf und gaben Kunigunda die Freiheit wieder.
Auch am darauffolgenden Sonntag (18. April) zeigten sich diese Gewalttäter in Gesellschaft eines französischen Soldaten im Dorfe und durchzogen mit den Waffen in der Hand wütend die Strassen. Diese Ereignisse wurden an die Staten General berichtet.
Am 2. Juni meldete Abraham von den Heuvel, Leutnant-Drossard von 's-Hertogenrade, dass nach seiner Meinung die Ursache der Misshandlung von Jan Maarten Erfvens und der Ausschreitungen in der Nacht vom 14. auf 15. April in der Handlungsweise des Pfarrers Bosten gesucht werden müsste, der in der genannten Nacht in der Nähe des Hauses, wo Kunigunda gefangen sass, bemerkt worden war, und dem Grossvater Erfvens unterwegs eine Anmahnung gegeben hatte. Vermutlich könnten auch der Kaplan und der Küster nicht ganz von aller Schuld freigesprochen werden.
Die Staten General ernannten eine Untersuchungskommission. Dazu gehörte auch von Haersolte van Yerst. Nach der vorgenommenen Untersuchung erliessen sie folgenden Befehl:
1. Musste die Kirche von Vaals geschlossen bleiben bis Kunigunda Mommers wieder im Gefängnis wäre; inzwischen durfte der Pastor und Kaplan keine kirchliche Handlung vornehmen und religiöse Übung halten;
2. musste der Leutnant-Drossard und die Mitglieder der Bank alle Mühe anwenden, um die Mitschuldigen, auch die nicht auf statischem Gebiete wohnten, aufzufinden und siedurch das Gericht ohne Rücksicht zu verurteilen;
3. musste gesorgt werden, dass die Protestanten in ihren kirchlichen Übungen nicht mehr gehindert würden;
4. musste der Herzog von Braunschweig als Abgeordneter des Prinzen von Oranje, den Gouverneur von Maastricht und General Aylva beauftragen, eine Abteilung von 60 Mann Fusstruppen und 24 Reitern mit ihren Offizieren, gut bewaffnet und mit Kriegsmitteln versehen, unverzüglich nach Vaals zu senden.
Am 25. und 26. Juni meldete der Leutnant-Drossard an die Generale Staten, dass ihr Befehl schon ausgeführt wäre; dass eine Abteilung Soldaten unter der Frühmesse zu Vaals angekommen wäre und dass dieselben sofort die Kirche umzingelt hätten, doch dass keine der als mitschuldig Verdächtigen anwesend waren, dass er nach Beendigung des Gottesdienstes dem Kaplan befohlen hätte, alle Messgewänder und kirchliches Zubehör in der Sakristei wegzuschliessen und ihm den Schlüssel davon auszuhändigen, da dieser Ort sowie auch das Glockenhaus sehr bequem gebraucht werden konnten zur Aufbewahrung der Gefangenen und ihrer Wächter; endlich, dass er den Küster im Turm hätte einschliessen lassen in Abwartung der Beweise seiner Nicht- oder Mitschuldigkeit an den verübten Gewalttaten.
Ferner konnte er den Generalen Staten mitteilen, Bericht empfangen zu haben, dass der Magistrat von Aachen Frau Kunigunda gefänglich eingezogen und strenge Massregeln genommen hätte; dass selbst Leibstrafen für diejenigen angedroht wären, die fernerhin wagen würden, die Protestanten wegen ihrer Religion noch zu belästigen.
Auch das Gericht von Vaals war nach Verhör einiger Angeklagten zur Überzeugung gekommen, dass der Pfarrer die einzige, wenigstens die Hauptursache von den Unruhen sei und deshalb verfolgt worden wäre. Er hoffte denn auch, dass den Katholiken die freie Ausübung ihres Gottesdienstes wieder gestattet würde. Seine Hoffnung wurde nicht erfüllt. Man liess ihn wissen, dass die Frau erst dem Gerichte von Vaals ausgeliefert werden müsste.
Am 2. Juli fragte der Leutnant-Drossard die Erlaubnis an, die Prozesskosten auf Rechnung des Pfarrers bringen zu dürfen und einen Teil der Soldaten nach Maastricht zurücksenden zu können, weil ihre Anwesenheit in Vaals nicht mehr nötig sei.
Auch diese Bitte wurde nicht bewilligt, die Generale Staten antworteten einige Tage später, dass sie bei ihrem Beschluss vom 11. Juni blieben, unterdessen beauftragten sie ihn, bei dem Magistrat von Aachendie Auslieferung von Kunigunda zu beantragen, um so gegen sie,den Kaplan und alle Beschuldigten, besonders aber gegen diejenigen, welche Jan Maarten Erfvens misshandelt hatten eine strenge Bestrafung vornehmen zu können. Was die Abteilung Soldaten anging, so mussten diese noch vorläufig bleiben. Endlich am 18. Oktober wurde erlaubt, dass die Kavallerie und ein Teil der Infanterie nach der Garnison von Maastricht zurückkehren konnte. Die 42 Mann, welche noch übrig blieben, mussten alle zwei Monate durch andere ersetzt werden.
Die Ruhe schien also im Dorfe wiederhergestellt. Doch am Sonntag, 12. Dezember verbreitete sich auf einmal das Gerücht, dass der Pfarrer als Gefangener abgeführt worden wäre. Jetzt gerieten die Gemüter der Katholiken in Aufregung. Die Protestanten wurden wiederholt in ihrem Kirchenbesuch belästigt. Besonders diejenigen, die aus Aachen und Burtscheid nach Vaals zur Kirche kamen, wurden Sonntags auf dem Rückwege geschlagen, mit Steinen beworfen und sogar verwundet. Der Magistrat von Aachen erliess strenge Verordnungen gegen solchen Mutwillen, doch das erbitterte Volk störte sich daran nicht und fast jeden Sonntag der Frühjahrs 1763 hörte man von neuen Freveltaten. Die Prediger von Aachen, Burtscheid und Vaals klagten dann auch in ihrer Erbitterung, richteten am 18. Mai ein Schreiben an die Generale Staten und flehten um Schutz für alle ihre Religionsgenossen. Am 19. Okt. beauftragten die Generale Staten den Leutnant-Drossard und die Offiziere der drei Länder von Overmaas, dass falls Protestanten bei ihrem Gottesdienst belästigt würden, unmittelbar alle katholischen Kirchen zu schliessen seien, sowie jeder kirchliche Gottesdienst in den Ländern von Overmaas zu verbieten sei.
Am 15. und 17. Januar wurden wiederum einige Protestanten, die von Vaals zurückkehrten, auf dem Wege durch einige Bauern aus der Gegend und Bürgern aus Aachen angefallen. Einer derselben wurde so misshandelt, dass er einige Tage später an den Verletzungen starb.
Der Leutnant-Drossard befahl, sofort alle katholischen Kirchen zu schliessen, nicht nur diejenigen, welche auf dem Gebiet der Hauptbank Holset, Vaals und Vylen standen, sondern auch die von Margraten und Gulpen. Letztere diente auch zum Gebrauch der Protestanten. Darauf sandte er Bericht an die Generäle Staten über seine Massregeln, welche durch dieselben gutgeheissen wurden. Jetzt hielt, auf Befehl des Bischofs von Lüttich, der Pastor aus Gulpen den Gottesdienst in der Kirche der Kapuziner zu Wittem, der Stellvertreter des Pfarrers von Vaals in einer Scheune auf kaiserlichem Gebiet gelegen, der Pfarrer von Vylen in der Kirche von Nyswiller und der Pfarrer von Margraten in der Kapelle von Schülder. Alle diese Ortschaften lagen ausserhalb des staatischen Besitzes.
Als der Herr Magis, Resident des Bischofs aus Lüttich, vernommen hatte was in einigen Pfarreien des Erzdiakonats sich zugetragen hatte wandte er sich durch einen Sendbrief am 24. April an die Generale Staten mit der dringenden Bitte, die Kirchen der genannten Pfarreien für die Ausübung der kirchlichen Dienste wieder frei zu geben. Er billigte es nicht, dass alle Eingesessenen für die Übertretung weniger verantwortlich zu machen seien und die ganze Bevölkerung zu strafen, weil sie über die Haltung des Magistrats aus Aachen unzufrieden war.
Am 13. August reichte auch Raymund Hearen, Sekretär des Burggrafen von Plettenberg zu Wittem im Namen des Burggrafen eine Bittschrift ein bei dem Kommissar-Deziseur um Erlaubnis, die Kapelle von Neuburg (Gulpen) wieder zu öffnen. Der Resident des Bischofs wartete sehr lange auf Antwort. Am 12. September wiederholte er seine Bittschrift. Endlich am 8. Oktober erklärten die Generale Staten, dass sie diese Massregeln genommen hätten, nicht weil Klagen von einigen Protestanten aus Aachen und Burtscheid eingekommen wären, sondern weil sie sich bewusst wären, dass den Protestanten aus diesen Gegenden der Kirchenbesuch beinahe unmöglich gemacht würde und dieselben meistens Misshandlungen ausgesetzt wären; dass übrigens die Staten diese Massnahmen nicht eher angeordnet hätten, bis sie über die Vorgänge genau unterrichtet und von der Notwendigkeit der Massnahmen überzeugt gewesen wären. Der erste und besondere Zweck den sie mit dem Schliessen der Kirchen im Auge hätten, so erklärten sie weiter, wäre die Geistlichkeit Aachen, die nach ihrer Meinung die Hauptursache aller dieser Misstände sei, zu zwingen Schritte beim Magistrat dieser Stadt zu tun, dass derselbe besser die Ordnung erhalte, die Religionsfreiheit der Protestanten verbürge und den Staten die gewünschte Versicherung geben sollte. Die Generale Staten drangen auch beim Bischof von Lüttich, dessen geistliche Macht sich über Aachen ausstreckte, darauf an, um all seinen Einfluss in dieser Richtung bei dem Magistrat zu gebrauchen.
Nicht besser wurden die Bittschriften empfangen, welche durch den Bürgermeister von Gulpen und Margraten am 1. Februar eingerichtet wurden. Vergebens wiesen sie die Staten auf die traurigen Zustände ihrer katholischen Landesgenossen hin. Erst am 12. März 1765 unterzeichneten die Generale Staten einen Beschluss, wodurch den Katholiken der Gebrauch ihrer Kirchen wieder gestattet wurde, unter der Bedingung jedoch, dass im Falle die Protestanten wieder wegen ihrer Religion belästigt würden, nicht allein die Kirchen geschlossen, sondern auch die Zehnten, welche jetzt die Geistlichkeit von Aachen besass, im den Ländern von Overmaas beschlagnahmt würden.
Inzwischen war die Gerichtbank zu Vaals nicht untätig gewesen. Sie hatte den Prozess des Herrn Pfarrers Bosten genau behandelt und zu Ende gebracht. Da sie aber fürchtete, dass ihr Urteilsspruch Aufstand im ganzen Dorfe erwecken würde, zögerte sie selbst einen Ausspruch zu tun und sandte am 30. September 1765 durch Vermittlung des Grafen Bendink, Herr zu Nieuwhuis, die ganzen Prozessakten den Generalen Staten; diese übergaben sie dem Landesadvokaten.
Im Januar 1766 fragten die Generale Staten an den Schultheiss und die Schöffen zu Vaals wie weit der Prozess gegen Kunigunda gefördert sei, ob dieselbe noch in Gefangenschaft wäre, wenn nicht, aus welchem Grunde sie in Freiheit gesetzt worden wäre; ferner weshalb der Küster von Vaals, Jan Maarten Buntgens, nachdem er zwei Tage in Maastricht im Gefängnis gesessen hätte, auf freiem Fuss gesetzt worden wäre; weiter wie es mit dem Prozess stände von den anderen Angeklagten, endlich ob auch eine Verfolgung gegen den Kaplan und den Vater des Küsters stattgefunden hätte.
Der Leutnant-Drossard und die Mitglieder des Schöffenbank antworteten darauf, dass die gewünschten Erkundigungen betreffend genannter Personen in den Beilagen der Gerichtsstücke zu finden wären, die man den Generalen Staten zugesandt hätte.
Endlich am 1. September 1766 wurde die Aussprache des Landesadvokaten, dem Leutnant-Drossard, dem Schultheiss und den Schöffen zugesandt, mit dem ausdrücklichen Befehl, den Urteilsspruch streng zu vollstrecken. Der Urteilsspruch lautete, dass der Pfarrer J. W. Bosten für immer zu verbannen sei, nicht allein aus dem Gebiet der Hauptbank Vaals, sondern auch aus den Ländern von Overmaas, dem statischen Teile wie auch aus jedem Landesgebiet, worüber die Staten regierten.
Am 16. Januar 1767 wurde das Urteil über die anderen Angeklagten gefällt, die während der ganzen Zeit zu Maastricht gefangen sassen. Kunigunda wurde in die Verbannung geschickt, nachdem sie zuerst in Vaals an einem Pfahl gebunden, mit Ruten um den Hals eine Stunde lang aller Verachtung ausgesetzt war. Andreas Buntgens, der Vater des Küsters, wurde verurteilt zu den Kosten des Prozesses und anderer Moderation der Schöffen. Der Küster Buntgens und alle die schuldig befunden waren an der Misshandlung und Verwundung, wurden verbannt, nachdem sie die Prozesskosten bezahlt hatten.
Auch der Pfarrer, der wie Herr Ubags sich ausdrückt, gefangen gehalten wurde und verurteilt auf blossem Verdacht hin, musste die Kosten bezahlen, die seinetwegen gemacht wurden. Diese waren bei weitem nicht gering. Nach Angabe des Leutnant-Drossards an die Generale Staten beliefen sich dieselben bis zu 2132 brabantische Gulden an Gefängniskosten und bis zu 1600 Gulden an Prozesskosten. Das Geld konnte er unmöglich zusammenbringen. Sein ganzes Vermögen war nicht hinreichend. In Erwartung, dass die schuldige Summe doch bezahlt wurde, hielt man den Pfarrer auf Befehl der Staten auf dem Rathaus zu Maastricht gefangen, unter Abrechnung von einem Schelling täglich und liess ihn da viele Entbehrungen durchmachen. Der Erzdiakon, der sein Los voll Mitleid ansah, richtete am 31. August 1767 ein Schreiben an die Geistlichkeit des Bistums mit dem Auftrage, dass in allen Kirchen eine Kollekte abgehalten würde zur Befreiung des gefangenen Priesters. Diese erfolgte nach einer Gefängnishaft von 5 Jahren. Am 10. Januar 1768 richtete Pfarrer Bosten eine Bittschrift an den Prinz von Oranien um Befreiung aus der Verbannung. Ihm wurde diese Bitte gewährt, unter der Bedingung, dass er fürderhin in den Ländern von Overmaas keine kirchlichen Funktionen ausüben dürfte. Er wählte zu seinem Aufenthalt Aachen und überliess die Sorge für die Pfarre Vaals seinem Bruder, der Kaplan war.
Nach diesen Verhandlungen lesen wir noch 1768: Kaufleute und übrige protestantische Einwohner zu Aachen und Burtscheid klagen gegen die Wegegeldpächter wegen Störung der Kläger betreffend Freiheit von Wegegeld für ihre Kutscher und Fuhrwerke zum Kirchgang nach Vaals.
Die wirtschaftliche Blütezeit von Vaals.
Die hiesige Bevölkerung blieb trotz aller Drangsale, trotz aller Bekehrungsversuche dem alten Glauben treu, wie wir in der Beschreibung der Kirchengeschichte gesehen haben. Vaals ist aber auch der Aufenthalt geschichtlich berühmter Persönlichkeiten gewesen, u.a. wurde Vaals besucht von Maria de Medici und der Kaiserin Josephine. Aber besonders bedeutungsvoll für die wirtschaftliche Entwicklung war am Anfang des 18. Jahrhunderts die Aachener Patrizier-familie von Clermondt, deren Geschichte für lange Zeit sozusagen die Geschichte von Vaals war. Diese Geschichte kennzeichnet das geistige und gesellschaftliche Leben eines Zeitalters, welches man das aristokratische nennt und in den Sälen von Vaalsbruch und Blumenthal üppige Blüten trieb.
Der Verfasser der Familiennachrichten sagt, dass die Familie von Clermont wahrscheinlich holländischen Ursprunges ist. Sie habe bei der Verfolgung des Herzogs Alba ihr Vaterland verlassen und sich im Herzogtum Jülich niedergelassen. Die Nachrichten der Familie reichen nicht weiter wie bis zum Anfange des 16. Jahrhunderts. Für unsere Gegend ist Johann Adam Clermont als Herr von Neuerburg bei Gulpen von Bedeutung. Dieser Johann Adam hatte in Aachen eine Tuch- und Nadelfabrik. Von dem Ertrage dieser Fabriken kaufte er sich das Schloss Neuerbourg, das aber nach seinem Tode wieder verkauft wurde.
Des Sohn des Johann Adam, Esaias, führte die Fabriken weiter und brachte besonders die Tuchindustrie zu hoher Blüte. Ihre Waren, d.s. spanische Tuche, waren weltbekannt. Spanische Tuche genannt, weil nur spanische Wolle verarbeitet wurde, die über See bis Ostende, auf Kanälen bis 's-Hertogenbosch und von da per Wagen hierher befördert wurde. Durch diese Tuche stand die Familie im Handelsverkehr mit den preussischen, österreichischen und russischen Höfen. Besonders mit dem russischen Kaiser Peter dem Grossen war sie bekannt. Am russischen Hofe war der Schwager des Esaias, ein gewisser von Huyssen aus Essen, Staatsminister. Dieser machte den Zaren bekannt mit der Clermondtschen Familie. Als Peter der Grosse 1717 auf der Reise nach Holland Aachen besuchte, wollte er nicht in dem Hotel, welches die Stadt ihm zur Verfügung gestellt hatte, seinen Aufenthalt nehmen, sondern er schickte nur sein Gefolge dorthin und kehrte selbst bei der Familie von Clermont ein, die ihr Wohnhaus in der Franzstrasse hatten, wo jetzt das Edentheater sich befindet.
Peter der Grosse bewohnte dort ein kleines Hinterzimmer mit einem Wandbette.
Am 27. Juli 1717 reiste der Zar von Aachen ab über Melaten, Lemiers, Vylen, begleitet von einer grossen Ehrenwache und den beiden Bürgermeistern von Aachen, Baron de Lamberts Cortenbach und Ritter Corneille de Fays. Der Zar speiste zu Mittag auf dem Schloss Neuburg und reiste von dort nach Maastricht.
Kehren wir jetzt wieder zurück zur Geschichte der Familie von Clermont um uns eingehender zu beschäftigen mit dem Sohn des Esaias von Clermont, nämlich Johann Arnold von Clermont. Derselbe war geboren am 24. Mai 1728 in der Reichsstadt Aachen als der älteste Sohn des dortigen Fabrik- und Handelsherrn Esaias von Clermont und der Frau Helene Margarethe geb. von Huyssen aus Essen. In letzterer Stadt verlebte er einen Teil seiner Jugendjahre bei seiner Grossmutter der verwitweten Bürgermeisterin von Huyssen und besuchte daselbst die lateinische Schule bis er seine Lehrjahre im Handelsstande, dem er sich widmete, antreten konnte. Diese brachte er in der Reichs- und Hansestadt Hamburg zu, wo er nach den an diesen Orten üblichen Sitten sich mancher niedriger Verrichtung und knechtlicher Behandlung ausgesetzt sah. Er ging dann auch sehr bald von Hamburg nach Leipzig und suchte an diesem in jeder Wissenschaft so ausgezeichneten Orte nicht nur im Handelsfache, sondern auch in andern Teilen der Wissenschaften durch Besuch akademischer Hörsäle und Kollegien seine Kenntnisse immer mehr zu erweitern.
Bei seiner Rückkehr nach Aachen erkannte sein Vater, ein einsichtvoller Mann, sehr bald an ihm den Kaufmann von emporstrebendem Geiste. Er willigte daher in die Wünsche des Sohnes, welcher auf Reisen gehen wollte, ein und liess ihn hauptsächlich diejenigen Länder und Gegenden besuchen, wohin die Geschäfte seiner Tuchfabrikation gingen. Es waren also Russland, Polen und die kaiserlichen Staaten, die derselbe in doppelter Absicht mehrmals bereiste und hiermit den Geschäftsbetrieb der elterlichen Handlung mit der Erweiterung seiner Kenntnisse verband.
Im Jahre 1751 verlor er seinen Vater, der nur 53 Jahre alt, an einem zurückgetretenen Podagra plötzlich starb, wodurch er sich also schon früh genötigt sah, als ältester Sohn seiner Mutter in ihren Handlungs- und Familiengeschäften vorzüglichen Beistand zu leisten. Zu diesem Zwecke wurde zuerst im Jahre 1752 eine von seinem Vater bereits unternommene Familienangelegenheit, nämlich die beim kaiserlichen Reichshofrat in Wien nachgesuchte Erhebung der Klermondtschen Familie in den Reichsadelstand von ihm bei seiner Anwesenheit in Wien vollends zustande gebracht. Diese Standesveränderung gab mutmasslich Anlass zur Veränderung seines bisher gebrauchten Familiennamens, denn da in dem für ihn und seine Geschwister beiderlei Geschlechts und ihre Nachkommen erhaltenen Adelbrief von der Reichs-Erbratskanzlei statt des bisherigen Namens Klermondt jedesmal Clermont gesetzt worden war, so bediente er sich von dieser Zeit an nicht weiter in seinen Unterschriften seiner ersten Benennung, sondern schrieb und nannte sich Clermont und vermochte auch seine Mutter, sich von da an 'Clermönt' zu schreiben. Des Beiwortes 'von' hat sie sich aber niemals bedient und auch dieser ihr Sohn nicht in den ersten zwölf Jahren; daher in der Folge mancher seiner Freunde und Verwandten, die von dem erhaltenen Adelsstand und dem zugleicherzeit damit beigelegten Beiwort 'von' nicht unterrichtet waren, beim nachherigen Gebrauch derselben sich den Beweggrund zu dieser Namens- und Standesveränderung nicht vorstellen konnten und an seinem, ihnen sonst verehrenswerten Charakter ein wenig irre wurden.
Im Jahre 1754 verband er sich mit einer vortrefflichen Dame aus seiner Mutterverwandschaft Maria Elisabeth Emminghaus, der Tochter des Bürgermeisters Emminghaus aus Hagen, in der Grafschaft Mark, welcher ihn veranlasste ein eigenes von seiner Mutter gesondertes Hauswesen zu errichten und mit seiner Familie einige Jahre in einem in der Stadt Aachen gelegenen und derselben zugehörigen Hause in Miete zu wohnen. Um jedoch seiner Mutter und ihrem Handlungsbüro, dem er als Hauptdirektor vorgesetzt war, näher zu sein, baute er sich nicht weit von der mütterlichen Wohnung ein eigenes Haus, von dessen Hinterseite er unmittelbare Verbindung mit dem elterlichen Hause hatte. Die Anlage und Einrichtung dieses neuen Gebäudes verriet schon damals den Geist dieses Mannes. Kaum hatte er es aber mit seiner Familie bezogen, da traf ihn 1757 das Unglück, dass das Gebäude bei einem äusserst starken Erdstoss einen Riss von oben bis unten erhielt, welcher ihn veranlasste, zwei Nächte nach diesem grauenvollen Ereignis ausserhalb des Hauses in seinem Wagen zu schlafen. Der Schaden wurde indes bald wieder hergestellt und nun dachte er mit allem Ernste daran die Tuchhandlung seiner Mutter, woran diese ihm einen eigenen Anteil gegeben, immer mehr und mehr zu erweitern.
Allein das Zunftwesen in der Stadt Aachen trat ihm bei der Ausführung dieses Vorhabens gewaltig in den Weg. So durften Weber und Tuchscherer nicht in einem Hause vereinigt werden. Ein Weber durfte nicht mehr wie 4 Webstühle haben. Der Fabrikunternehmer lieferte die Wolle, die dann durch viele Hände gehen musste, so dass der Fabrikunternehmer fast ohne jeden Einfluss auf die Fabrikation und Qualität der Tuche war und dies brachte ihn endlich zu dem Entschluss, einen andern Ort ausserhalb Aachens zu suchen, wo er seine Erweiterungspläne würde ungehindert ausführen können.
Hierzu fand er die Gelegenheit im Jahre 1761, wo ihm in dem bei Aachen auf dem holländischen Anteil des Herzogtums Limburg gelegenen Vaals der Edelsitz Vaalsbroich von den Besitzern von Lambertz nebst vielen andern ihnen gehörigen im Dorfe zerstreut liegenden Grundstücke und Rechte für eine mässige Summe zum Kauf angeboten wurde. Diese ihm angebotenen Besitzungen lagen nun zwar, so wie der grössere Teil des Dorfes selbst, durchweg in einem sumpfigen Tale. Auch war das Dorf in einem schlechten verwahrlosten Zustande. Gleichwohl, da die in Aachen und Burtscheid wohnhaftigen vielen Protestanten durch besondere Vergünstigung der holländischen Landesobrigkeit daselbst ihre Kirche und ihre freien Religionsübungen hatten, mithin es dem Orte an Verkehr eigentlich nicht fehlte, so glaubte er mit Vorteil ein eigenes Etablissement hier anlegen zu können.
Weil er nun durch seine bisherige gute Führung des Geschäftes das unbegrenzte Vertrauen seiner Mutter besass, so fehlte es ihm zu dieser wichtigen Unternehmung auch nicht an dem hierzu nötigen Fonds. Er legte also im Jahre 1761 in Vaals in einem angenehmen Tale den Grundstein zu einem Gebäude, dem stattlichen Stammhause, welches ausser dem Wohnhause und dem Handlungsbüro in einem besonderen Flügel des Hauses eine Tuch-Scheererei, Färberei und Presserei in sich verband. Zu gleicher Zeit wandte er auch schon alle Aufmerksamkeit auf die Verbesserung und Verschönerung des adlichen Hauses Vaalsbroich und erwarb sich dadurch ein grosses Ansehen bei allen seinen Nachbarn in der ganzen Umgegend. Als sich daher sein jüngerer Bruder, der damalige königlich preussische Kammergerichtsrat und nachherige Präsident und Aachener Ober-Tribunalsrat Theodor von Clermont zu Berlin im Jahre 1763 entschloss, sich des im Jahre 1762 erhaltenen Adelsprädikates zu bedienen, so war dieser Umstand und der dortige Besitz eines adligen, mit vielen Rechten versehenen Gutes sehr wahrscheinlich nicht der Hauptbeweggrund, warum auch er vom Jahre 1764 an von der erlangten Adelswürde öffentlich Gebrauch gemacht und den Beinamen 'von' auch in seiner Familie eingeführt hat. Dieses hinderte ihn indessen doch nicht, dass er nicht seinen bisherigen Handelsstand fortgesetzt und seine in Vaals angefangene Tuchmanufaktur zur Vollendung gebracht hätte. Hierzu wurden zwar mehrere Jahre erfordert. Indes war doch im Jahre 1765 alles soweit gediehen, dass er mit seinem ganzen Hauswesen von Aachen aufbrach und in Vaals seine neue Wohnung bezog. Man kann denn auch die Gesinnung und den Verdruss der Aachener Bürger verstehen. Ein Aachener Geschichtsschreiber gibt uns unter dem Titel: „Der Lutherische Clermont hat seinen Bau in Vaals fertig und macht anstalten die Wollefabrik auf zu setzen" folgendes Ereignis bekannt:
„Clermont alhier aus nacher Vaals ein Stund von der Stat aufm Hollandischen gezogen mit sambt seine Fabrik, das unser Stat viel Schaden brengt und viele Meistern nemlich Weber, Schörer, Spinner und desgleichen müssig gehen, welche sonst vor ihm gearbeitet haben, und das lässt Magistrat also geschehen. Auf andere Stätten gehets so nicht; wan einer ausweicht auf ein ander Teritori, so muss er den Zehnder Theil aller Güter zurücklassen, oder wie man sagt der Zehnder Pfenning und man last die Lutherische und Calvinische manigmal mehr zu als Catholische, das sehr schlecht ist. Hier hat man dasselbe Recht, was in andere Orten ist. Das sol zu Frankfort oder in ein lutherisch oder calvinisch Orth geschehen, man sollte mit solche Leuth andere Mittel brauchen, er wehr Lutherisch oder Catholisch usw. Und wan Bortscheid und Vaals so fortfahren wie es angefangen, so ist Aachen nichts mehr zu achten was Handel und Gewerb angehet. Doch ich kann anders nit denken, als es sind Strafee von Gott undder kann sie auch wieder abhelfen, sonts Niemandt".
Da nun eine solche Veränderung des Ortes und der Lage notwendig auch eine Veränderung in der Führung seiner bisherigen Geschäfte bei der mütterlichen Handlung zu Folge hatte, so traf er mit seiner Mutter eine neue Übereinkunft darüber, nach welcher sein bisheriges Gesellschaftsverhältnis mit der selben wieder aufgehoben wurde, wogegen er nunmehr eine eigene Tuchfabrik in Vaals errichtete und sich mit der Mutter über die Grenzen der beiderseitigen Handlungshäuser und über die Länder; wohin ein jeder ausschliesslich handeln könne, verstand. Die in Vaals angelegte Tuchmanufaktur aber war und blieb sein alleiniges Werk und wurde auf seine Privat-Rechnung zustande gebracht und da sich die mütterliche Handlung während seiner Oberaufsicht durch seine grosse Klugheit, Einsicht und Ordnung sehr hervorgetan hatte und sich auf einem sehr blühenden Fusse befand, so konnte es nicht fehlen, dass die Arbeiten und Beschäftigungen, die diese ausgebreitete Tuchhandlung seiner neuen Manufaktur und Färberei-Anstalt ausschliesslich verfolgten, dieselbe sehr bald empor hoben und ihr einen Grad von Solidität erwarben, die dem in die Zukunft hineinblickenden Unternehmer und Eigentümer bei allen Kennern zur wahren Ehre und zur Befestigung und zum Wachstum seines Vermögens gereichten. Überhaupt trug auch die mit jedem Jahre wachsende Zahl seiner Kinder, seine Haushaltung, die immer grössere Erweiterung seiner Anlagen, die Vermehrung und Verbesserung seiner Grundbesitzungen in hiesiger Gegend dazu bei, von diesem Zeitpunkt an seinen Ruf zu befestigen und ihn zu einem ausgezeichnet glücklichen Mann zu machen. Er wurde der Angesehenste in seinem Kreise; weshalb er auch die ihm von der Landes-Obrigkeit angebotene Polizeiaufsicht über dieselben als Vize-Schultheiss der Banken von Vaals, Holset und Vylen übernahm und solche viele Jahre zur vollen Zufriedenheit seiner Mitbürger geführt hat.
1776 starb seine Mutter. Da ihn seine Miterben bei der Teilung des Nachlasses um die Fortsetzung der Direktion ihrer Handlung, die ihm einige Jähre vor dem Tode der Mutter von neuem übertragen worden war, ersuchten, so wurde die übernommene Direktion eine neue Veranlassung für ihn, sein persönliches Ansehen, wie seinen äusseren Wohlstand immer mehr zu erhöhen.
Da er Kraft des vereinbarten Handlungs-Gesellschafts-Vertrages die fast unumschränkte Leitung derselben und die alleinige Unterschrift zu allen Geschäften dieser berühmten Tuchhandlung unter der Firma von „Esaias Klermont sel. und Sohn" erhielt, so wurde er durchgängig für den Hauptinteressenten und Eigentümer derselben gehalten, wodurch sein Kredit im ganzen Lande in eben dem Masse zunahm, in welcher sich seine jährlichen Einkünfte mehrten. Er war daher auch immer mehr imstande seiner Neigung zu pflegen und auf seinem Grund und Boden solche Anlagen zu machen, an denen auch das Publikum teilnehmen konnte.
Dieses und der Aufwand überhaupt, den er von nun an in seinem Hauswesen und in allen seinen Handlungen zeigte, erregte allgemeine Bewunderung und das Erstaunen aller, welche die soliden Quellen seiner Einnahmen nicht kannten. Von dieser Art zu handeln gab er im besondern einen Beweis im Jahre 1779 als er seine silberne Hochzeitsfeier beging. Dieses geschah öffentlich in der Stadt Aachen, mit einer Pracht und einem Aufwande, wie solches vor ihm noch nie ein Privatmann getan und lange werden Aachener Bürger ihren Kindern vermutlich noch oft von diesem und mehreren dort öffentlich von ihm gegebenen Festen und Gastmahlen erzählt haben.
Im Jahre 1783 verlor er schon seine treffliche Gattin im 50. Jahre ihres Lebens. Sie hatte ihm während ihrer glücklichen Ehe 16 Kinder geboren, wovon sich bei ihrem Tode noch dreizehn am Leben befanden. Dieser Verlust war ihm so zu Herzen gegangen, dass er in seiner ganzen übrigen Lebenszeit sich nicht entschliessen konnte, das Zimmer, worin sie gestorben je wieder zu betreten. Auch nahm er sich vor zur Heilungdieser tiefen Wunde, von da an jährlich einige Monate eine Reise in entfernte deutsche Provinzen und benachbarte Länder zu machen. Um diesen Vorsatz ausführen zu können machte er sich los von dem Polizeiamte seines Distrikts, übergab einen Teil seiner Geschäfte, nämlich seine eigene Handlung, den beiden ältesten Söhnen und reiste nun einige Jahren nacheinander in Gesellschaft einer oder der anderen seiner Töchter nach dem nördlichen Deutschland, der Schweiz, den österreichischen Staaten, dem südlichen Deutschland, Holland und Brabant. Dann kehrte er im Herbste zurück um seine Anlagen zu erweitern und zu neuen Anlagen den Grundstein legen zu lassen.
Da nun die Arbeiten, die ihm bei dieser Lebenseinrichtung übrig blieben, für sein zunehmendes Alter noch zu umfangreich waren, so übertrug er im Jahre 1786 einen Teil seiner Geschäfte bei der gemeinschaftlichen Handlung in Aachen, deren alleinige Direktion er bisheran noch führte, mit Bewilligung seiner Mitinterssenten, seinen Söhnen und Vettern und beschäftigte sich nun hauptsächlich mit Bauen, sowie mit Erweitern, Verbessern und der Verschönerung seiner vielen Häuser und Güter, ohne sich weiter mit den Handlungen und Manufakturgeschäften unmittelbar zu bemühen. In dieser Zeit fügte er seiner eigenen Fabrik noch eine neue Färberei bei, welcher er einen hohen Grad von Leistungsfähigkeit zu geben suchte, was ihm auch nach dem Urteil einiger Kenner ziemlich gut gelang.
Im Anfange des Jahres 1793 übergab er die Hauptdirektion der gemeinschaftlichen Tuchhandlung in Aachen vollends seinem bisherigen von ihm angestellten Unterdirektor, jedoch behielt er nach dem allgemeinen Wunsche und Verlangen seiner sämtlichen Mitinteressenten noch immer die Oberaufsicht darüber. Nun gedachte er seine Lieblingsideen aufzuführen, und besonders sein vor Jahren schon begonnenes prächtiges Wohnhaus im untern Teil von Vaals „Blumenthal" genannt, vollends ausbauen zu können, um dort in Ruhe seinen Lebensabend zu verbringen und die Früchte seines arbeitsreichen Lebens zu geniessen. Allein der ausgebrochene verderbliche französische Revolutionskrieg, der sich auch bald nach der Gegend von Vaals und Aachen hinzog, hinderte ihn gewaltig an der Ausführung seines Vorhabens und zog ihn sogar wieder mit Gewalt ins öffentliche Leben, dessen Unannehmlichkeiten und Aufregungen ihm später auch dem Tod brachten.
Als die Franzosen das erste Mal im Jahre 1792 in Deutschland vordrangen, hatte ihr Verfahren bereits einen eigenen von ihren bisherigen Grundsätzen der Kriegsführung abweichenden Karakter. Es schien aber dem einsichtvolleren Teil der Bevölkerung noch nicht so gefährlich zu sein, dass sie sich dem drohenden Unheil durch die Flucht entzogen. Als aber bald darauf in Frankreich die Republik proklamiert wurde, der König hingerichtet, die Gleichheit aller Stände verkündet und die Herrschaft des schrecklichen Robespierre und seiner Gesellen begann, dem wohlhabenden Teil der Bürger eben ihres Vermögens wegen der Prozess gemacht und die Guillotine in Tätigkeit gesetzt wurde, da wurde jedem bange vor der Zukunft. Wem es daher irgend möglich war, der suchte sich und das Seinige vor dem Waffen in der Hand vordringenden Revolutionsaposteln zu retten.
Diese Besorgnisse kamen auch im Anfange des Jahres 1794 über einen Teil der Hauptinteressenten der gemeinschaftlichen Tuchhandlung von Isaias Klermondt sel. Erben & Co. in Aachen, so dass sie darauf bestanden den nahen Schauplatz jener Greuel zu verlassen und sich mit dem Handlungsbüro einstweilen von Aachen an einen mehr gesicherten Ort Deutschlands zu begeben.
Wiewohl nun unser Clermont, der auch zwar ein Hauptinteressent dieser beträchtlichen Tuchhandlung, ja selbst ihr Oberhaupt war, dennoch aber seine hiesige Tuchhandlung, sowie sein Haus und Hof und sein ganzes liegendes und fahrendes Vermögen in den von dem Einbruch der Franzosen bedrohten Gegenden hatte, zur Abwartung des Äussersten riet, so war er doch endlich zufrieden, dass das gemeinschaftliche Handlungsbüro von Aachen nach Braunschweig wegziehen konnte.
Da er in starkem Vertrauen auf die schützende Hand der Vorsehung zu bleiben und das Schicksal des Landes mit abzuwarten beschloss, so übernahm er vermöge eines mit seinen Mitinteressenten eben vor Hinwegziehung des Handlungsbüros eingegangenen Vertrags alle diejenigen Effekten der gemeinschaftlichen Handlung, die sich im Anfang der letzten Hälfte des Jahres 1794 noch in Aachen befanden und führte Kraft eben dieses Vertrages die bisherige Manufakturanstalt derselben von diesem Zeitpunkt an lediglich unter seinem Namen und seiner Firma. Es sind jedoch über diesen Vertrag gleich nach dessen Abschluss Missverständnisse zwischen ihm und seinen mit dem Büro nach Braunschweig verzogenen Mitinteressenten entstanden, worüber es ihm leider wegen der besondern Beschaffenheit dieses schrecklichen Krieges an der gewünschten Gelegenheit gefehlt hat, mit ihnen bei seinen Lebzeiten noch zu einem mündlichen Einverständnisse zu kommen. Es hinderte ihn als Unternehmer doch nicht, die gemeinschaftliche Handlung so gut als möglich noch unter seinem Namen in Aachen und Vaals fortzusetzen und keiner von allen dortigen Fabrikherren liess unter diesen kritischen Umständen länger arbeiten als er. Selbst nachdem sich die Franzosen des Landes bereits bemächtigt und ihr ganzes Revolutions- und Assignaten-System darin eingeführt hatten, ging der Betrieb noch weiter. Endlich aber musste auch dieser dem dortigen Publikum zum Vorteil gereichende Beweis seiner wohlwollenden Gesinnung am Ende des Jahres 1794 ins Stocken geraten, indem es zuletzt ihm selbst, der allgemeinen Landessperre wegen, nicht nur an baren Geldzuflüssen fehlte, sondern er auch von den Eroberern mit öffentlichen Amtsaufträgen und Arbeiten beschäftigt wurde. Denn die Franzosen machten Aachen zum Hauptsitz der zwischen Maas und Rhein eroberten Länder und setzten daselbst zur Verwaltung dieser Länder eine provisorische Zentral-Regierung ein und erwählten oder requirierten auch ihn zu einem Mitgliede derselben. Bei dieser, das Wohl von Millionen Menschen zum Gegenstand habenden Regierung wurde ihm das wichtige und sehr beschwerliche Finanzfach zugeteilt und die darüber vorhandenen Akten werden es unfehlbar nachweisen, mit welcher Gewissenhaftigkeit und welchem Scharfsinn er dasselbe behandelt und nach seiner Denkart soviel Gutes darin gefördert und soviel Böses von seinen Mitbürgern abgewendet hat als er immer nur konnte.
Er selbst aber hatte bei diesem Posten für seine Person nicht minder auch manches Unangenehme zu erfahren, wovon nur ein einziges Beispiel schon hinreichend sein wird. Die eroberten Länder wurden im Anfang des Jahres 1795 von den französischen Gewalthabern mit einer Kontribution von 25 Millionen Livres belegt, welche von der Zentralverwaltung in Aachen eingeholt werden mussten.
Diese Kontribution sollte nach den von den Franzosen eingeführten Grundsätzen vorzüglich den vormaligen Adeligen, der Geistlichkeit und den Meistbegüterten im Lande auferlegt werden, und die unter dem Namen „Commissair" den Zentralregierungen beigegebenen Intendanten der ausübenden Gewalt, sollten vorzüglich auf die Befolgung dieser Grundsätze halten.
Als nun im Zentral-Kollegium die Rede davon war wie diese Eintreibung der Gelder geschehen sollte, so fuhr der damalige Zentral-Kommissar, ein wütender Republikaner im robespierschen Sinn ihn den Zentralverwalter Clermont, als einen ehemaligen Adligen und bekanntlich begüterten Mann, auf einmal mit den rauhen Worten an: „Toi Richard, je te taxerai cent milles livres" (Dich Richard, taxiere ich auf hunderttausend Livres). Clermont antwortete: „Bürger-Kommissar, ich bin in ihren Händen, habe aber das volle Zutrauen zur Gerechtigkeit der französische Regierung, dass sie Rücksicht auf meine Kinderzahl nehmen, deren noch zwölf am Leben sind und meistenteils noch versorgt werden müssen.“ Seine Kollegen stimmten ihm hierin alle bei und brachten dadurch diesen Kommissar zum Schweigen.
Dass Auftritte dieser Art der Gesundheit eines gefühlvollen Mannes, der sich schon dem Greisenalter näherte, nachteilig werden mussten, ist leicht zu verstehen. Da der durch die Wahrnehmung des ihm übertragenen Amtes pflichtmässig stets ununterbrochene Aufenthalt zu Aachen eine gänzliche Änderung in seiner bisher gewohnten Lebensweise brachte, so wurde seine Gesundheit zusehends untergraben. Er leitete es daher nach dem Wunsche seiner Kinder ein, dass er im Frühjahr 1795 von dieser beschwerlichen Stelle entbunden wurde und dagegen die blosse Spezial-Administration des Distrikts, worin sein Wohnhaus und seine meisten Besitzungen gelegen waren, übernahm. Er suchte nun bei dieser Verminderung seiner öffentlichen Geschäfte so gut als möglich in seine vorige Lebensordnung zurück zu kommen, und weil sich der Schauplatz des Krieges aus der Gegend immer weiter entfernte und selbst sogar solide Aussichten zur baldigen Herstellung der öffentlichen Ruhe sich zeigten, so kam er auch bald wieder auf seine Lieblings-Entwürfe und Beschäftigungen zurück und liess vorzüglich den Bau und die innere Einrichtung seines neuen Wohnhauses Blumenthal eifrigst betreiben.
Es wurde dahin gebracht, dass sich die Hälfte dieses weitläufigen Wohngebäudes im Sommer 1795 in ziemlich wohnbarem Zustande befand. Er zog also im August desselben Jahres aus seinem alten Wohnhause mit seiner ganzen Haushaltung hinein, jedoch hat der würdige Mann diese Hauptveränderung seines häuslichen Lebens nur wenige Monate überlebt.
In seinem neuen Amte als Verwalter seines Kantons war er seinem ihm eigentümlichen Karakter zufolge ein Muster eines gewissenhaften und redlichen Beamten. Tag und Nacht wachte er über die Rechte und das Beste seiner Untergebenen, und diese hatten auch Zutrauen zu ihm, wie Kinder zu ihrem Vater. Er hatte aber auch ihretwegen manchem Kummer zu bestehen, manche Gewalttat wilder Bürger und räuberischer Kommissare mit Gefahr seiner eigenen Sicherheit und Ruhe von ihnen abzuwehren. Wie dann auch noch einige Wochen vor seinem Tode einer der letzteren, ein ganz verkommener Mensch, dem er in seinen gewalttätigen Aufforderungen an die ihm untergebenen Kommunen mutig wiederstanden hatte, ihn mit persönlicher Arretierung und gewaltsamer Hinwegführung durch Dragoner bedrohte.
Diese von einem Menschen, von dem man wohl dergleichen erwarten konnte, angedrohte Misshandlung war zwar nicht zur Ausführung gekommen. Der redliche, seiner Pflicht treue Mann wurde jedoch dadurch dermassen erschüttert, dass sie den tiefsten Eindruck auf sein ganzes Wesen zurückliess. Sein von Arbeiten und Sorgen erschöpfter Geist ermattete zusehends und seine Lebenskraft wurde immer schwächer und schwächer. Hierzu kam Ende des Herbstes desselben Jahres die anstrengende Arbeit einiger nicht angenehmer Familiensachen, und sein Gefühl sowohl als das dringende Verlangen der Seinen bewogen ihn endlich zu dem Versuch, sich von der Kette seiner öffentlichen Geschäfte womöglich zu lösen. Es gelang ihm auch, sie seinem jüngsten Sohne übertragen zu dürfen. Allein sein hinfällig gewordener Körper genoss nur wenige Tage noch dieser errungenen Ruhe. Er fiel unverhofft in eine Lethargie, die innerhalb drei Tagen, am 5. Dezember des Jahres 1795, im 68. Lebensjahre seinem Leben ein Ende machte, nachdem er in diesen wenigen Tagen nur noch äussere Zeichen seines Bewusstseins von sich gegeben hatte.
So starb dieser treffliche und in seiner Tätigkeit und Lebensordnung einzige Mann, dem man bei dieser Lebensordnung die Erreichung des höchsten Zieles menschlicher Jahre hätte voraussagen können. Er war vom grossem ansehnlichem Körperbau und von einer majestätischen ernsthaften Haltung. Sein Blick verriet gleich den durchdringenden Mann, zugleich aber auch den Mann, der sich väterliches Zutrauen erwarb. Keiner verliess ihn ohne wenigstens mit Achtung und selbst mit Ehrfurcht erfüllt zu werden. Mit seiner bereits zwölf Jahre vor ihm verstorbenen Lebensgefährtin verlebte er die glücklichsten Tage und der Geist häuslicher und ehelicher Eintracht und der zärtlichsten Liebe umschwebte sie beide ohne Unterlass während der ganzen Zeit ihres dreissig Jahre hindurch vereinigten Lebens. Sein grösster Stolz waren seine Kinder, zumal seine Töchter, welche ihn immer mit inniger Zuneigung und zarter Anhänglichkeit umgaben. Er liess es ihnen nicht an einer guten Ausbildung mangeln.
Seine Amts- und Handelsgeschäfte hatten ihm zwar nicht erlaubt mit ihrer Ausbildung sich unmittelbar zu beschäftigen. Er hatte aber das Glück, neben der trefflichen Mutter noch eine Erzieherin zu finden, die zwanzig Jahre hindurch dieses wichtige Geschäft mit dem angenehmsten und glücklichsten Erfolge auf sich nahm. Auch unterliess er nicht, seinen vier Söhnen eigene Erzieher zu geben. Indessen liess er die drei ältesten Söhne grosse und weite Reisen vornehmen und bildete sie zunächst selbst auf seinem Handlungsbüro aus, ohne sie weiter an anderen Handelshäusern unterrichten zu lassen. Er fand sie hiernach auch vollkommen tüchtig, ihnen seine bisher von ihm geführten Handlungsgeschäfte schon bei seinen Lebzeiten zu übergeben. Den jüngsten Sohn liess er studieren und dachte ihm eine ehrenvolle Laufbahn im Preussischen Finanzfache zu verschaffen. Allein der eben vor Ausführung dieses Vorhabens ausgebrochene Revolutionskrieg der Franzosen legte Schwierigkeiten in den Weg, die diesen jungen Mann bewogen, sich dem französisch-republikanischen Dienste einstweilen zu widmen und die Stelle eines » Commissairs des Directoire« bei seinem Kanton zu übernehmen, nachdem er auch einige Zeit die Adminstrationsgeschäfte desselben an der Stelle seines sterbenden Vaters wahrzunehmen sich angelegen sein liess.
Johan Arnold von Clermont hielt zwar fest an den religiösen Gebräuchen der Konfession seiner Väter, doch war er zu menschenfreundlich und zu aufgeklärt, um ihr auf Kosten anderer Konfessionen einen auffallenden Vorzug zu geben. Vielmehr hatte er immer nicht nur Bediente und Personen anderer Religionen um sich, sondern schränkte selbst auch seine Kinder, wie gesagt, nicht ein in ihrem Umgang mit Personen anderer Konfessionen. Überhaupt hat man ihn niemals über Religionssätze streiten hören, sondern er blieb bei denen, in welchen er einmal erzogen war, fest und suchte sich durch fleissiges Lesen der besten geistlichen, moralischen und wissenschaftlichen Schriften immer mehr darüber zu belehren.
In allen Teilen der Wissenschaften und Künsten suchte er Nahrung für seinen forschenden Geist. Er las daher viel und alles mit grosser Aufmerksamkeit durch, welches die vielen Stellen beweisen, die sich in seinen Büchern angestrichen finden, welche er selbst am Ende eines jeden Buches zusammenfasste und sie von einem Schreiber in besondere Bücher eintragen liess, eine Sammlung von Auszügen, die einen Schatz herrlicher und wichtiger Bemerkungen abgeben müssen. Einen genaueren Wetterbeobachter als ihn gab es wohl nicht; er gab sich seit vielen Jahren mehrmals im Tage die Mühe den Zustand der Luft zu untersuchen und sich davon schriftliche Aufzeichnungen zu machen, woraus eine Reihe Beobachtungen entstanden sind, die einem Metereologen von Profession ungemein schätzbar sein würden. Zum Zweck dieser Beobachtungen hatte er eine ganze Sammlung zum Teil vorzüglicher Wettergläser und überdies einen ganzen Vorrat optischer und physikalischer Instrumente, womit er sich und anderen manches Vergnügen zu verschaffen wusste. Eine seiner Lieblingsbeschäftigungen war immer das Bauen und neue Anlagen zu machen und selten werden Privatpersonen sich finden, die auf ihre eigene Rechnung so viele stattliche Gebäude errichtet haben wie er. Zur Ausführung seiner Pläne hatte er wohl 20 Jahre hindurch einen italienischen Baumeister in seinen Diensten, der ihm nach seinen Angaben die Hauptentwürfe machte und die Generalaufsicht darüber führte. Daher haben auch fast alle seine Gebäude den Karakter des Schönen und Prächtigen. Sein erstes Gebäude war das im Jahre 1754 von ihm erbaute Wohnhaus in Aachen, welches später sein Schwiegersohn Herr Friedrich Jacobi bewohnte, ein drei Geschoss hohes, massives Gebäude, sehr bequem eingerichtet und in dem besten und schönsten Teile der Stadt.
Nach diesem fing er im Jahre 1761 an, sein altes Wohn- und Fabrikgebäude in Vaals zu errichten und hat seit diesem Jahre bis zu seinem Tod 1795 diesen .Ort mit so manchen anderen Gebäuden und Wohnhäusern verschönert, dass derselbe vorzüglich dadurch aus einem vormals sumpfigen mit schlechten Hütten besetzten Dorfe eines der schönsten Dörfer der dortigen Gegend wurde. In diesen stattlichen Gebäuden besonders dem Stammhause, zeigte er seine Willenskraft und seinen Stolz, wie auch in den Inschriften, Nil volentilens arduum (wenn man nur will geht alles) und Spero invidiam (ich hoffe auf Neid).
Sein ebengenanntes Wohnhaus, ein viereckiges Gebäude in italienischen Geschmacke mit welchem er sein eigenes Handlungsbüro und alle zur Tuchmanufactur gehörigen Gebäude, die Weberei ausgenommen, vereinigt hatte, ist von sehr grossem Umfange, wovon der nach Süden gelegene Flügel und ein Teil des Flügels nach Westen zur Wohnung und zum Handlungsbüro eingerichtet waren, die beiden übrigen Flügel aber die Tuchscheererei, Presserei und Färberei einnahmen. Um dasselbe lag ein im Winkel herumgehender köstlicher mit Fischteichen versehener Garten und hinter demselben die Wiesen, wo die Tuchrahmen standen. Alles dieses war mit einer grossen Mauer umfasst wo auch die Tücher ausgeklopft wurden.
Zur Weberei hatte er in Vaals teils andere Gebäude errichtet, teils aber bediente er sich der Arbeiten der ansässigen Webermeister im Dorfe. Der Buchhalter seiner Handlung und der Färber bewohnten mit ihren Familien eigene van ihm erbaute schöne Wohnhäuser im Orte. Der Aufseher über die Scheerer und Presser, der sogenannte Meister, hatte sich dem Fabrikgebäude gegenüber eine eigene Wohnung gebaut, worin dieser Mann mit seiner Familie gleich den ebengenannten Fabrikangestellten in gutem Wohlstand lebte.
Ausser diesen letztgenannten Häusern besass Clermont noch sehr viele andere Häuser in Vaals, die er vor und nach gut einrichtete und alle seine Gebäude und Mauern überhaupt mit einem gefälligen Gelb anstreichen liess,woran man also die Clermontschen Häuser und Besitzungen dort leicht zu erkennen imstande war. Und hätte dieser tätige und unternehmende Mann nur noch zehn Jahre länger und in Ruhe und Freuden gelebt, so wäre dieser vorhin so unbedeutende Ort unter seinen schöpferigen Händen unfehlbar noch weit grösser und schöner geworden, als er ihn bei seinem Tode zurückliess, denn er hatte die Absicht, demselben eine völlige städtische Einrichtung zu geben.
Zu diesem Zwecke hatte er einen Teil seiner darin gelegenen ansehnlichen Grundstücke, Wiesen und Ländereien, bereits in Strassen eingeteilt, sie mit allem versehen, mit unterirdischen Kanälen durchschnitten und die Grösse der Baustellen bestimmt. Bei dem Verkauf derselben sollte das Erbstandsystem eingeführt werden, nach welchen ihm als Grundherrn jährlich ein gewisser Erbzins von dem Käufer bezahlt werden musste. Der grössere Teil dieses so eingerichteten Grundes freilich sollte nur noch als Land, Wiesen und Gärten benutzt werden, womit der Erbauer und Gründer zugleich das angenehme durch Anlagen, schöne Alleen, Fischteiche und Wasserfälle zu verbinden gesucht, und da sich sein in die Zukunft weit hineinschauender Geist oft an dem angenehmen Gedanken erweckter und geförderter Betriebsamkeit im voraus schon zu weiden schien, so hat ihm solches wohl Anlass gegeben, fast am Ende dieser ausgedehnten Anlagen ein Monument zu errichten, welches, wenn Gewalttat nicht der alles zerstörenden Zeit voreilen wird, noch Jahrhunderte lang ein Beweis seines unternehmenden Geistes ablegen kann. Es war dies eine 30 Fuss hohe Pyramidalsäule von Stein, die sich aus einem grossen Teiche erhebt auf der Mitte mit seinem und des Erbauers Namen und auf der Spitze mit einem Janus-Kopfe (zuletzt Kugel) versehen, um dadurch die Vergangenheit und was bereits in derselben für sein geliebtes Vaals geschehen, und die Zukunft und was darin noch geschehen könne, zu bezeichnen.
Bei all seinen Anlagen war eine seiner Hauptbestrebungen für seine Grundbesitzungen, überall hinreichendes Quellwasser zu haben, weil er das Wasser mit Recht als das Hauptelement des industriellen Reichtums und Wohlstandes ansah.
Daher wählte er nicht nur eine quellenreiche Gegend im Tale zu seinem eigenen Aufenthalt, sondern auch überall war er bemüht, das Wasser in grosse Behälter zu fassen und dies sowohl zu seinen Fabrikanlagen zu benutzen als auch sie mit den besten und wohlschmeckendsten Fischarten zu besetzen und dieser Branche der Ökonomie jederzeit eine ganz besondere Sorgfalt zu widmen.
Von Clermont kanalisierte unter andern den Bach »Gau« genannt, wodurch er der Bevölkerung von Vaals und auch seinen Fabriken das Wasser besorgte. Einige Überreste einer grossen öffentlichen Wasseranlage befindet sich noch an der »Gau« auf dem Clermontplatz, wo unter anderm ein kunstvoll gebautes Wasserbecken sich befand, das vor einigen Jahren von Archäologen bei einem Besuch in Vaals für ein römisches Grab angesehen wurde.
Die moderne Wasserleitung hat die alte verschwinden lassen und nur noch einen Überrest davon respektiert.
Unter allen Teilen seiner Tuchmanufaktur schien ihm die Tuchfärberei eine der wichtigsten und einträglichsten zu sein. Als ihm daher die mit seinem Wohnhause verbundene Färberei nicht überall genügte, errichtete er in der tiefsten Talgegend des Ortes noch eine für sich bestehende neue Färberei, die nach dem Urteil der Sachverständigen und Kenner einen hohen Grad von Vollendung besass, und viele Vorzüge vor andern in sich vereinte. Diese Anlage schien ihm so wert zu sein, dass er bei Errichtung derselben, dieser Färberei gegenüber zugleich auch den Grundstein zu einem neuen Wohnhause für sich legen liess und daselbst seine letzten Jahre in Ruhe zuzubringen gedachte.
Die Ausführung dieses Planes wurde jedoch um einige Jahre verschoben, hauptsächlich durch den Umstand, dass der älteste Sohn ein eigenes Wohnhaus bauen liess, dessen Ausführung unverzüglich in Angriff genommen wurde. Von Clermont gedachte nämlich seinen ältesten Söhnen nebst seiner Handlung und Tuchmanufaktur auch das damit verbundene Wohnhaus zu übergeben und sich mit Vorbehalt der Färberei sodann in die neue Wohnung zurückzuziehen. Diesen durch den eigenen Bau seines ältesten Sohnes zurückgestellten Plan suchte er aber doch bald darauf wieder hervor und liess einige Jahre vor seinem Tode den Anfang mit der Ausführung dieses Gebäudes machen und brachte es auch nach drei Jahren soweit, dass dasselbe im Jahre 1795, wie gesagt, zur Hälfte wenigstens wohnbar gemacht war, worauf er diese schlossmässige Wohnnung noch einige Monate vor seinem Tode bezog. Gross war dazu der Plan in allen seinen Teilen und dergestalt eingerichtet, dass zwei seiner Kinder mit ihren Familien einst friedlich dariri zubringen sollten.
So zahlreich die Häuser waren, die er besass und so beträchtlich an Wert, ebenso beträchtlich waren auch die Landgüter und Grundstücke, die er in Vaals und in den umliegenden Gegenden hatte. Alle waren sie vor und nach von ihm angekauft, weil er das sehr solide Prinzip hatte, dass der Grundwert des Bodens wenigstens dem gleich kommen müsste, was ein Privatmann über dem Boden besitze. Unter den Gütern war auch eines, das zwischen Vaals und Maastricht lag, fast 30.000 Reichstaler wert und sehr einträglich. Es lag in der Nähe der Herrschaft Neuerbourg, die sein Grossvater Johann Adam Clermondt vormals besessen hatte. Die übrigen Güter waren minder beträchtlich; das stattlichste aber war die eine Viertelstunde von Vaals auf dem Wege nach Maastricht gelegene Herrschaft Vaalsbroich, mit deren Ankauf er im Jahre 1761 sein Etablissement in der hiessigen Gegend gründete.
Dieses mit der Landstandschaft im Lande Herzogenrade und mit vielen Seigneurialrechten in Vaals und der dortigen Umgegend versehene Gut hatten die vorigen Besitzer ziemlich vernachlässigt und manches dazu gehörige Gut und Grundstück davon verkauft. Er suchte sie aber vor und nach wieder alle in seine Hand zu bekommen und hat sie später auch meistens als unabhängige Güter besessen. Indessen war und blieb das adelige Hauptgut Vaalsbroich an und für sich doch immer ein ziemlich beträchtliches Gut, welches überdies durch die damit verbundenen Herrenrechte ausgezeichnete Vorzüge vor den übrigen hatte.
Unter diesen war ausser der ebengenannten Landstandschaft, welche neben diesem Gute nur noch zwei benachbarte Edelhöfe in der dortigen Gegend besass (nämlich Einrade und Vylen), das Oberholzrichteramt im sogenannten Malensbosch, einem gebirgischen Holzdistrikt in dem Herzogtum Limburg von beträchtlichem Umfange, unstreitig eines des wichtigsten Rechte, denn Kraft dieses Amtes war der Herr von Vaalsbroich nicht nur der meist Beerbte auf dieser Waldung, sondern auch zugleich der Oberrichter über die andern Mitinteressenten in streitigen Fällen und konnte sie strafen.
In solchen Fällen und überhaupt so oft er es nötig fand, liess er die Buschberechtigten auf seinem Gute sich versammeln, trug den gegenwärtigen Beerbten die Sache vor und verlangte die Meinung darüber, wonach er dann einen Beschluss fasste, den er der Tatsache, den Umständen, den Buschrechten, der Meinung des Interessenten und seiner Ansicht gemäss hielt. Bei solchen Versammlungen zeigte er sich dann als ein Mann von überwiegendem Talent und behandelte diese eigentlich in das juristische Fach gehende Sache vollkommen so gut und so deutlich und förmlich wie ein geübter Jurist, indem er seinem Privatsekretär jedesmal die Verhandlungen in Gegenwart der Beerbten ohne den mindesten Anstoss vom Mund aus in die Feder diktierte. Es war aber auch gewiss keiner mit den Verhältnissen bekannter als er. Er hatte die dazu gehörigen Gesetze und Verordnungen alle gesammelt und sie in eine musterhafte Ordnung gebracht. Überhaupt war sein Hausarchiv und seine schriftlichen Nachrichten über sein Eigentum musterhaft eingerichtet und zeugte von dem vollendeten Ordnungsgeist dieses Mannes. Diesen nährte er täglich in den einsamen Stunden, in welchen er sich den ihm fast immer umgebenden Geräuschen des Tages entzog und vorzüglich waren hierzu die Tage gewidmet, die er zur Sommerzeit gewöhnlich auf diesem Gute verlebte. Hier was es, wo er an diesen bestimmten Tagen eine philosophische Ruhe genoss und hier war es, wo er seine weiteren Pläne für die Zukunft entwarf. Er hatte das herrschaftliche Wohnhaus zu einem angenehmen Sommer-Aufenthalt einrichten lassen und auf den Anhöhen einer zu diesem Gute gehörigen Mühle Anlagen nach englischem Muster gemacht, die sich mehr durch ihre angenehme Mannigfaltigkeit und Zahl als durch ihre Ausdehnung auszeichneten und überall einen solchen Beifall fanden, dass sie gleichsam in die Reihe der Merkwürdigkeiten der Umgegend der Stadt Aachen gehörten, daher auch selten ein Fremder diese berühmte Stadt besuchte, ohne auch diese Sehenswürdigkeiten in Augenschein zu nehmen, welches der Eigentümer nach seiner menschenfreundlichen gefälligen Denkart jederzeit gerne zuliess und jedem Lustwandler dahin einen ungehinderten Zugang erlaubte.
Irrgänge wechselden hier ab mit kleinen Anlagen. Versteckte Aussichten auf angenehme Partien, rauschende Kaskaden und rieselnde Bäche, deren einige ein Bassin auffing, worüber er sein versteckt liegendes wohl eingerichtetes Landhaus hatte aufbauen lassen.
Die Hauptmerkwürdigkeit dieses Gutes war aber das sogenannte Monument oder Totengewölbe, das er im Jahre 1788 für sich und seine Familie dort erbaute und einrichten liess. Es war ein einfaches rundes Gebäude mit grünen Hecken umzogen und _einem eisernen Geländer beschützt. Durch ein eisernes Tor trat man hinein und sah gerade vor sich im Hintergrunde zwei, für ihn und seine Gattin eingerichtete Gewölbe und an beiden Seiten eine Anzahl Nebengewölbe für seine Familie, und jedes Gewölbe schloss ein einfacher Stein zu, der für Inschriften für den daselbst Ruhenden bestimmt war. Die sterblichen Überreste seiner Lebensgefährtin, einer Tochter und zweier Enkel hatte er hier bei seinen Lebzeiten schon beisetzen lassen, und seinen eigenen Sarg schon mehrere Jahre vor seinem Tode mitten in dem Gewölbe jener Gruft gegenüber gestellt, welche auch seine Gebeine einst einschliessen sollte. Er hatte diesem Monument eine solche Stelle gegeben, dass er von seinem Wohnzimmer immer darauf hinsehen konnte. Auch wallfahrte er oft in stilles Nachdenken versunken einsam dahin um immer vertrauter mit dem ihm lange schon nicht fremden Gedanken seines leider nur viel zu früh erfolgten Todes und der Einsenkung seiner Hülle an dieser sich selbst erwählten Stätte der Ruhe zu werden. Überhaupt hat die Art, wie dieser Gedanke von ihm ausgeführt ist, so etwas Ergreifendes, dass man nicht ohne leise Rührung diesen Ruheplatz betreten und hineinzuschauen vermag.
Man wird wohl selten einen Mann finden, welcher für die Seinen und auch für seine Mitbürger, so viel getan hat, wie er.Dieser Mann dachte in seiner grössten Arbeit mit kaltblütiger Ruhe an den letzten Augenblick seines Daseins und beschäftigte sich mit der genauesten Überlegung und Bestimmung wie seine Überreste nach seinem Tode behandelt, wie sie bekleidet und selbst wie sie gelegt werden sollten.Er war aber nun einmal der die Zukunft ebensowohl als die Gegenwart und Vergangenheit stets mit sich herumtragende und hineinschauende Mann.
Dieses beweisen vor allem die ausführlich bestimmten Verordnungen, die er seinen Kindern nach seinem Tode hinterlassen hat. Sie verbreiten sich über die Hauptteile seines Vermögens, über die seinen drei ältesten Söhnen bei seinen Lebzeiten bereits übergebene eigene Handlung, über den Anteil an der gemeinschaftlichen Tuchhandlung in Aachen, über welche Gegenstände er die bestimmtesten Vorschriften hinterliess, worin er ausdrücklich festsetzte, in wessen Besitz dieselben nach seinem Tode übergehen sollten. Über den Besitz seiner vielen Häuser und liegenden Güter waren gegen alles Vermuten keine besondere Verordnungen vorhanden, woran ihn wohl der Krieg und die ihm dadurch entstandenen vielen fremden Arbeiten und Amtsbeschäftigungen gehindert haben. Indessen liess sich aus den von ihm hinterlassenen Nachrichten darüber, die nicht bestimmter und ausführlicher hätten sein können, doch bald das Mittel für seine Erben finden, sich über diesen Gegenstand auseinander zu setzen.
Eine seiner Hauptverfügungen war, dass er die ganze Hälfte seiner Nachlassenschaft mit einem fideicommissarischen Bande belegte und seine Enkel darin zu Erben und Eigentümer einsetzte; jedoch seinen Kinden unumschränkten Nutzbrauch dieser Hälfte während ihres Lebens überliess.
In einer andern Verordnung zeigte er sich auch als ein wahrer Vater der Armen und Notleidenden, denn er hatte für seine Glaubensgenossen in der Gemeinde auf die wohltätigste Weise gesorgt und durch Gelder der von seiner Mutter herrührenden gemeinschaftlichen Handlung aus dem Nachlasse seines eigenen Vermögens für sie einen beträchtlichen Fonds ausgesetzt, der sein Andenken bei seinem Mitbürgern noch lange Jahre hindurch in Ehren hielt. .
Mit all diesen in seinem Testamente enthaltenen besondern Verordnungen hatte er gleich nach dem Tode seiner Lebensgefährtin den Anfang gemacht, und fast in jedem Jahre hat er nicht unterlassen, seine Bestimmungen den Umständen entsprechend zu modifizieren und diese ernsthafte Sorge bewies er bis an sein Lebensende, denn es zeigte sich, dass er noch wenige Tage vor seinem Tode daran gearbeitet hatte. Seinen ältesten Sohn, den würdigen Erben vieler seiner Eigenschaften, hatte er zum Ausrichter aller dieser Verfügungen bestellt und dieser war mit rühmlichem Eifer bemüht, in Verbindung mit seinen Geschwistern dieselben nach der väterlichen Absicht überall zur Ausführung zu bringen. Es konnte übrigens nicht fehlen, dass ein solcher Mann, der sich das Wohl der Seinen bis in die fernste Zukunft so eifrig angelegen sein liess, nicht auch für das grosse Publikum seiner Zeit auf irgend eine Weise gesorgt haben sollte. Davon legen nicht nur die wohltätigen Veranstaltungen und uneigennützigen Vorschläge während der Führung seiner öffentlichen Ämter Zeugnis ab, sondern er hat auch als Kenner und als wahrer Patriot bei Gelegenheit der von dem kaiserlichen Reichskommissar am Ende des vorigen Jahrzehnt für notwendig geachteten Konstitutionsverbesserung der Reichsstadt Aachen eine besondere Abhandlung über die mannigfaltigen Mängel und Gebrechen dieser seiner Vaterstadt und über die Mittel sie zu verbessern geschrieben und selbige unter dem Titel:„Freimütige Betrachtungen eines Weltbürgers zum Wohle von Aachen" bei Gelegenheit der Konstitutionsverbesserung dieser Reichsstadt zu Frankfurt und Leipzigim November 1788 in Druck gehen lassen; jedoch war er viel zu bescheiden, diesem scharfsinnigen Produkt seines Geistes seinen Namen vorzusetzen.
Es haben sich noch mehrere des Druckes vollkommen würdige Aufsätze dieser Art unter seinen hinterlassenen Papieren gefunden. Überhaupt gehörte er wegen seiner Einsichten in Handelssachen und seiner eigenen praktischen Versuche im Grossen zu den ersten Kaufleuten seiner Zeit und seine Zeitgenossen die ihn nur etwas näher zu kennen das Glück und die Gelegenheit hatten, erkanntengar bald mit ehrfurchtsvoller Bewunderung den seltenen Mann seines Faches in ihm. Ja, selbst einer von Deutschlands Lieblingsschriftstellern, der Weltensegler George Förster, hat in seinen „Ansichten vom Niederrhein" im 13. Teil, auf Seite 298 und folgende seinem Geist und seinen Unternehmungen öffentlich das ruhmvollste Zeugnis gegeben.
So gab dieser treffliche Mann bis zu seinem am 5. Dezember 1795 erfolgten Tode seinen Nachkommen und Mitbürgern das Beispiel hoher Pflichterfüllung und selbstloserHingebung für das Wohl seiner Mitmenschen und sein Andenken wird für immer in der Geschichte von Vaals ein ehrenvolles sein.
Kurzer Nachtrag zu: Wege in Vaals und Umgebung bis 1824.
Das hundertjährige Bestehen der Maastrichterlaan in diesem Jahre gibt uns eine Gelegenheit, einige sehr interessante Ergänzungen beizufügen im Anschluss an die Geschichte der Wegennetze, die wir in der Geschichte von Vaals in einer früheren Beschreibung gegeben haben.
Drei grosse Wege kommen in Betracht bei der Geschichte der Maastrichterlaan, nämlich die Wege, worauf der Verkehr von Maastricht stattgefunden hat vor 1824.
1. Die älteste Strasse ist die alte Heerstrasse. Ein Sprichwort, das oft in unserer Gegend gebraucht wird, besonders in Maastricht und Valkenburg, erwähnt diesen Weg als den ältesten, der besteht.
Wenn man sagen will, dass etwas sehr alt ist, dass es aus aller Erinnerung entflohen ist, so sagt man, dass es so alt ist, wie der Weg von Aachen. Dieser Weg nimmt seinen Anfang in Maastricht an der alten Maasbrücke. Diese Stelle wird auch heute noch in Maastricht »de Akerpoort« genannt. In Wijck fand man am Rande dieses Weges das Namenschild des Hospitzes von St. Gilles. Im Sommer des Jahres 1878, beim Anlegen der Kanäle in Maastricht, fand man auch das alte Bett des Weges, welches deutlich auf einen römischen Ursprung hinwies. Dieser Weg war von Maastricht bis Aachen überall von gleicher Breite (40 Fuss), was ganz mit den Vorschriften von Brabant in 1368 übereinstimmte. Dieser Weg hiess bei Aachen Königstrasse. Die Geschichte dieses Weges nimmt ihren Anfang mit der Grösse und Blütezeit Aachens. Wir wollen uns hier nur beschäftigen mit den Ereignissen, welche auf diesem Wege stattgefunden haben. Seitdem Kaiser Karl der Grosse den Hauptsitz seines Reiches in Aachen gegründet hatte, wurde diese Stadt Zeuge der grossen Taten dieses Fürsten. Tatsächlich hat Papst Leo III. diesen Weg eingeschlagen, als er im Mai des Jahres 804 von Aachen wegging um die Kirche von Tongeren einzuweihen.
Auf diesem Wege sind die ersten Glaubensboten aus dem Westen und Süden in unsere heidnischen, schon sehr früh bevölkerten Gegenden durchgedrungen. Von diesem Wege aus hat im Jahre 1177 der grosse Verehrer der Mutter Gottes, der hl. Bernardus, hineingeschaut in das Vaalser Tal und seine segnenden Hände über dasselbe ausgestreckt.
Ein anderer Heiliger, der ohne Zweifel auch oft Vaals besuchte, kam jeden Samstag über diesen Weg. Es ist ein Heiliger, der uns besonders am Herzen liegen muss und nicht genug in unserer Gegend bekannt ist, es ist St. Gerlach.
Die Geschichte des St. Gerlach lautet wie folgt: Ungefähr um das Jahr 1150 ward zu Jülich von dem Grafen Gerard III. ein grosses Renn-Spiel gehalten, wobei sich auch der edele Gerlach von Falkenburg einfand. Als ihm auf dem Rennplatze, da er eben sein Pferd anspannen wollte, die Nachricht zuging, dass seine Gemahlin plötzlich gestorben sei, warf er seine Lanze, Sturmhaube, Schild, Panzer und alles übrige Ritterzeug von sich, stieg auf einen Esel, ritt nach Hause zurück, entsagte allem Weltreichtum, aller Eitelkeit, legte ein härendes Busskleidan, nahm seine Wohnung in einem hohlen Eichbaum und führte bis zu seinem Tode ein überaus strenges Leben; unter anderen Gewohnheiten war ihm auch diese eigen, dass er an allen Samstagen der Himmelskönigin in der Krönungskirche zu Aachen einen Besuch abstattete und ihrem Söhne sein Gebet zum Opfer brachte; ja es war dieser andächtige Gebrauch bei ihm so tief eingewurzelt, dass er sich, als er wegen Alter und Kraftlosigkeit den Weg nicht mehr zu Fuss machen konnte, von seinem Esel dorthin tragen liess. An jenem Ort, wo der gesagte Eichbaum gestanden, ist später ein adeliges Nonnenkloster des Norbertiner-Ordens, zu St. Gerlach genannt, bei Valkenburg gebaut worden. 1226 wurde vorgenannter Weg schon benutzt durch die Patres der »Biddende Orde«, welche in Vylen, Holset und Vaals von Maastricht aus predigen kamen und in diesen Ortschaften das Recht zu terminieren besassen. Hier auf dem alten Wege zogen die spanischen Truppen gegen die holländischen Freibeuter. Im Monat September des Jahres 1568 kam über diese alte Heerstrasse der Prinz von Oranje »Willem de Zwijger«, der dem Könige Philipp Il. von Spanien Widerstand leistete. Nachdem »Willem de Zwijger« aus Aachen abgezogen war, bemeisterte er sich des Schlosses Wittern und verwüstete mit seiner Armee auf schändliche Weise die Kirchen und Häuser der Umgegend. Auf diesem Weg zog Karl V. mit herrlichem Gepränge nach Aachen zur Krönung. Der Kaiser brachte auf seiner Reise nach Aachen die Nacht vom 24. zum 25. Oktober 1520 zu bei dem Grafen Floris de Pallant im Schlosse Wittern. Der Kaiser mit seinem Gefolge wurde durch die verschiedenen Kurfürsten und Bischöfe abgeholt auf einem Hügel, ungefähr eine halbe Stunde von Aachen.
Im Jahre 1615 begab sich ein französischer Reisender, Phillip de Hurges, über dieser Weg nach Aachen. Derselbe hat uns eine genaue Beschreibung davon hinterlassen. Der Zar von Russland gebrauchte diesen Weg am 27. Juli 1717. Im Jahre 1684, wird uns erzählt, wie vier Ursuliner-Schwestern aus Brüssel, die sich nach Rom begaben, diesen Weg in einem Wagen benutzten und in Gulpen eine Viertelstunde warten mussten, bevor man dort die Geul überschreiten konnte. In Gulpen wurden nämlich die Zölle gehoben. Die Abtei Burtscheid, überhaupt die Reichsstadt Aachen aber genossen in Brabant die Zollfreiheit. Wie wir schon sahen, finden wir im Mittelalter verschiedene religiöse Einrichtungen an diesem Wege für Reisende und Pilger, ähnlich den römischen Etappen. Wir finden dieselben in Hilleshagen, Vylen, Lemiers und Melaten und werden später auch diese Ortschaften besprechen.
In Bemelen, das auch an der alten Heerstrasselag, war noch im Gasthaus daselbst bis ins 19. Jahrhundert folgender schöner Gebrauch erhalten: Der Pächter war verpflichtet, den armen Reisenden Essen zu geben und einen Wasserkrug an den Weg zur Verfügung der Vorbeigehenden zu stellen, welcher Krug mit einer Kette an dem Brunnen befestigt war.
Endlich in der französischen Revolution und während der Kriege des ersten Kaiserreiches gingen auf diesem Wege die Truppen auf und ab, welche zwischen Aachen und Maastricht ihre Rundgänge machten. Man sah öfters 20 Mann neben einander gehen, was beweist, dass die Heerstrasse noch in dieser Zeit sehr breit war.
Im Jahre 1824 wurde ein Weg, der mit Steinen gepflastert war, auf Kosten der Provinz zwischen Maastricht und Aachen angelegt. Dieser Weg lief ungefähr parallel an der alten Heerstrasse und kam zu liegen über Heer, Keer, Cadier, Margraten, Gulpen, Lemiers, Vaals. Dieser letzte Weg ist uns bekannt unter dem Namen »Maastrichterlaan«.
2. Ein anderer Weg, der früher, besonders vor dem 17. Jahrhundert, dem Verkehr zwischen Maastricht und Aachen diente, der nach der Heerstrasse wohl der bedeutendste Weg unserer Gegend war, war die Strasse über Vylen-Einrade-Holset-Vaalsbruch-Vaals. Davon steht aber 1661 geschrieben, dass sie unbrauchbar war.
3. Der dritte für den Verkehr zwischen Aachen und Maastricht sehr bedeutende Weg war „de Aker Weg«, der von »Den Boom« in Vylen schnurgerade über Harlis, den Nondsberg ging und ausmündete in die alte Gerichtsstrasse in Vaals (jetzt Akenerstraat genannt). Dieser Weg teilte sich vor Blumenthal (damals »laatste stuiver« genannt) in zwei Teile um hinter St. Adelbert wieder zusammen zu kommen. Ein Zweig ist jetzt die Blumenthalstrasse und über den andern Zweig wurde teilweise die Maastrichterlaan . gelegt, wodurch wir uns jetzt vorstellen können, dass das alte Hotel »Blumenthal« (Pleij) so tief liegt.
Diesen drei Wegen wurde durch die Maastrichterlaan 1824 der Verkehr entnommen und so wurde auch weiter das alte Vaals mehr und mehr der Maastrichterlaan entlang in ein neues Vaals umgewandelt, mit seinem schönen Entree und Wilhelminaplatz. Die Verbindung mit Lemiers geschah früher über den »Meulenweg«, der durch die Maastrichterlaan auch verfiel.
Hieraus sieht man die grosse Bedeutung, welche die Maastrichterlaan für Vaals hat. Bis 1824 lag Vaals nicht an der grossen Verkehrsstrasse und war so immer in seiner Entwicklung gehemmt. Durch das Anlegen der Maastrichterlaan hat es sich emporschwingen können zu einer der schönsten Ortschaften unserer Provinz.
Vaals in und nach der französische Revolution.
1794: Die Franzosen erobern die österreichischen Niederlande und das linke Rheinufer.
1794: Im Winter rückt Pichegru in Holland ein; der Erbstatthalter flieht nach England; Holland wird Batavische Republik (1795-1806).
1795 wurden Generalitätslande Herzogenrath usw. französisch. Am 26. April 1792 erklärten die Franzosen den Krieg an Österreich und am 1. Februar an den Statthalter der vereinigten Provinzen und an den König von England. Von dieser Zeit an datieren die Einfälle der Franzosen in unserer Provinz. Infolge der Schlacht von Aldenhoven verliessen die Franzosen unsere Gegend. Als die Franzosen 1794 nach der Schlacht von Fleürus Belgien wieder erobert,. Aachen und Maastricht eingenommen hatten, bescherten sie das eroberte Gebiet mit dem ganzen System von politischen Neuerungen der Revolution.
Das Lehnwesen, in Frankreich durch das Gesetz vom 4. August 1789 aufgehoben, wurde auch hier abgeschafft durch die Proklamierung des Gesetzes. An Stelle der Bank Holset-Vaals-Vylen trat die Gemeinde, welche die alten Grenzen behielt. Das Gericht wurde nun das einzige Verwaltungsorgan der Gemeinschaft. Schultheiss u. Schöffen erschienen als Rat der Gemeinde und führten ein neues Siegel ein: die Göttin der Freiheit, nach rechts gewandt, stützend mit der rechten Hand auf einem Bündel Beilen und in der linken Hand einen Stab haltend mit der Freiheitsmütze; Umschrift: »Municipälite de Holset, Vaals et Vylen«. Am 27. November 1794 pflanzten die konstituierten Autoritäten von Vaals, Holset und Vylen nachmittags um 3 Uhr feierlich den Freiheitsbaum, wonach Ball und Souper stattfand.
Dass die Franzosen gerade nicht freundlich waren bei ihrem Vordringen in unserer Gegend ersieht man hieraus, dass die früheren Pächter der Gastmühle sich nachts gegen einen Überfall wehren mussten, wo sie mit glühenden Kohlen die Angreifer bewarfen und dieselben so vertrieben.
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Die Volksrepräsentanten, welche wie überall die französischen Truppen begleiteten, betrachteten es auch hier als ihre erste Aufgabe, das neue Gebiet neu einzuteilen. Am 14. November 1794 ordneten dieselben für die Verwaltung der eroberten Länder zwischen Maas und Rhein an, dass in der zweiten Sektion dem Zentralrat Aachen als Sitz angewiesen wurde. Die Franzosen requirierten, wie wir schon gesehen haben, auch von Clermont aus Vaals zu einem Mitglied desselben. Wie es ihm ergangen ist, haben wir in seiner Lebensbeschreibung erwähnt. Unter der Zentralverwaltung in Aachen standen 7 Arrondissementsverwaltungen, wovon die erste zu Maastricht für die Verwaltung der Gegend Valkenburg, Vaels, Wittem, Wylre, Daelheim, Maeseijk, Heerlen und die Lütticher Kempen; die zweite zu Gelder, die dritte zu Aachen, die vierte zu Bonn, die fünfte zu Blankenheim, die sechste zu Limburg, die siebte zu Spa. Zu Vaals war auch ein Bureau der Regierung. Am 16. November wurde durch den Volksrepräsentanten zu Brüssel ein Befehl bekannt gegeben, wodurch eine Zentralverwaltung daselbst errichtet wurde, deren Gebiet in 8 Arrondissements eingeteilt war.
Bis zum 8. Dezember 1794 wurden Verwaltungen eingesetzt und andere aufgehoben. Mit wieviel Unsicherheit die Einteilung stattfand, ersieht man aus den zahlreichen Beschlüssen, die nacheinander folgten. Das fand sicher seine Ursache in der allgemeinen Unkenntnis der Volksrepräsentanten, welche der französischen Armee folgten und dem allgemeinen politischen Zustand dieses Gebietes. Diese Volksrepräsentanten waren es ja, welche die Einteilung in Händen hatten, eine Aufgabe, die ihnen besonders auf dem Gebiete des Lütticher Landes und dem Gebiete der Zentralverwaltung zu Aachen grosse Schwierigkeiten brachte, weil so viele Staaten und kleine Herrschaften da nicht allein aneinander grenzten, sondern auch wie auf einem Schachbrett, durcheinander lagen.Am 8. Dezember 1794 wurde das Arrondissement Mäastricht verteilt in 7 Kantons und umfassten diese Kantons mit dem ganzen österreichischen und holländischen Lande Herzogenrade, ausgenommen Rurdorf und Wels.
Am 31. August 1795 wurde durch Beschluss des »Comite du salut public« mit Hinblick auf die bevorstehende Vereinigung mit Frankreich eine neue Verteilung in 9 Departemente angeordnet, wovon das 5. genannt wurde Departement der Niedermaas. Die Einteilung dieses Departements der Niedermaas war, insofern es sich über das Grundgebiet von Limburg ausstreckte, nach dem 31. August 1795 wie folgt: Es wurde eingeteilt in 13 Kantons, der erste war Maastricht als Hauptstadt und der 9. Kanton war Wittem; er umfasste Wittem, Holset oder Helsart, Vaals, Lemiers, Nyswiller, Bocholtz, Simpelveld, Cartils, Wylre und Galoppe. Durch das Gesetz vom 1. Oktober 1795 wurden die Generalitätsländer und auch die österreichischen Länder Daelhem, Valkenburg und Herzogenrade, die durch die Batavische Republik durch den Vertrag von 's-Gravenhage an die französische Republik abgestanden waren, der französischen Republik eingegliedert.
In Artikel 7 dieses Gesetzes wurden die österreichischen und niederländischen Besitzungen auf dem linken Rheinufer in 9 Departemente eingeteilt, wovon 1. Departement der Niedermaas, 2. Roerdepartement, 3. Departement der Ourthe waren. Am 1. Oktober 1795 kam Limburg grösstenteils zu Frankreich.
Der grösste Teil von Limburg, besonders das Arrondissement Maastricht stand bis jetzt noch immer unter der Zentralverwaltung von Aachen. Hierin kam eine Veränderung am 8. November 1795, nämlich, dass die Arrondissementsadministration der Zentralverwaltung von Aachen entzogen und unter die von Brüssel kam. Das Departement der Niedermaas wurde durch die Zentralverwaltung in Maastricht am 9. Januar 1796 in Kantons eingeteilt. Was die gegenwärtige Provinz Limburg angeht, wurde diese in 14 Kantons eingeteilt, der fünfte war Wittem als Hauptort; er umfasste: Wittem, Vaals, Gulpen, Margraten, Slenaken, Wylre, Cartils, Eijs, Wahlwiller, Mechelen, Epen, Holset und Vylen. Was Orsbach und Horbach anging, so gehörten diese vor dem 9. Januar 1796 zum Kanton Herzogenrade, aber nach 1796 wurden dieselben vom Departement Niedermaas abgeschieden und kamen nicht mehr auf der Kantonverteilung von 1796 beim Kanton Herzogenrade vor, der aus Simpelveld, Bocholtz, Kerkrade, Merkstein, Alsdorp, Roerdorp, Wels, Limburg, Übach und Übach over Worms zusammengestellt war. Einige Jahre gingen vorüber, ohne dass eine neue Einteilung des Departements der Niedermaas vorgenommen wurde. 1799 übte Napoleon als erster Konsul alsbald seinen Einfluss auf die Regierung und Organisation der Republik aus. Er brachte mehr Einheit und Einfachheit in die vielköpfige Verwaltung.
Die Verfassung vom 17. Februar 1800 ordnete eine neue Umschreibung des Kantons an, wie auch das Dekret der Konsuln vom März 1802. Vom 8. April 1800 bis zum 4. Februar 1814 lag die Obergewalt in den Händen des Präfektus des Niedermaas-Departements zu Maastricht. Die Kantons des Departements der Niedermaas wurden 1802 durch Umschreibung in drei Arrondissemente verteilt: Maastricht, Hasselt und Roermond. Der Präfekt hatte so unmittelbar unter sich stehen die Gemeinde Maastricht mit dem Grundgebiet, das zusammengestellt war durch die Gemeinden der Kantons Maastricht, Eijsden, Meerssen, Valkenburg, Wittem, Rolduc, Oirsbeek, Millen und Heerlen.
Das Arrondissement wurde alsbald mit Hinblick auf die gerichtliche Einteilung in Friedensgerichte eingeteilt, die wieder aus verschiedenen Gemeinden zusammengestellt wurden. Für uns ist von Interesse das Friedensgericht Gulpen (Friedensrichter war Henri von Clermont), zusammengestellt aus den Gemeinden Gulpen, Margraten. Mheer, Noorbeek, Schin op Geul, Slenaken, Strucht, Vaals, Oud-Valkenburg, Wittem und Wylre. Der erste Bürgermeister von Vaals war J. M. de Fellinger. Die offiziellen Grenzen zwischen Laurensberg und Vaals wurden festgestellt durch Kaiserliches Dekret vom 19. Oktober 1806.
II. Roerdepartement.
III. Departement der Ourthe.
Diese zwei Departemente haben Beziehung auf die Geschichte des vorigen Jahrhunderts von Vaals wegen einiger kleinen Gebiete, welche die damalige Gemeinde Vaals von der jetzigen Gemeinde unterscheiden. 1802 und noch beim Anfang der französischen Herrschaft wurde diese Gemeinde gebildet aus den vormaligen auf sich selbst stehenden Dörfern HoIset, Vaals und Vylen. Durch Artikel 18 des Grenztraktats mit Preussen vom 26. Juni 1816 wurde der Teil der preussischen Gemeinde Laurensberg, der bei dem Roerdepartement eingeteilt war, zu dieser Gemeinde gefügt.
Laut Order des Volksrepräsentanten Gillet vom 30. September wurde die Provinz Limburg und das Land von Overmaas zu einer Geldsteuer von 600.000 Livres veranschlagt. Danach folgte die Erhebung einer Grundsteuer von 10 Millionen Livres auf das Land zwischen Maas, Rhein und Mosel vom 16. Juli 1795, die innerhalb drei Monaten abzuliefern waren und einer Kontribution von 8 Millionen auf das Gebiet zwischen Maas und Rhein vom 10. Februar.
Dass das Volk über diese Lasten und manche unbequeme Neuerung nicht laut aufjubelte, liegt auf der Hand; aber mit unglaublicher Dreistigkeit suchten die Franzosen unter der Devise von Freiheit und Gleichheit die erregten Gemüter zu beschwichtigen.
So wurde am 19. Juli 1795 eine Bekanntmachung des Nationalagenten Casselli zu Aachen an den öffentlichen Stellen ausgehängt, deren Wortlaut jeden weiteren Kommentar ausschliesst.
„In den Dörfern", so schreibt er „treiben sich Leute umher, angehaucht von dem verpestenden Atem der Sklaverei, welche die leichtgläubigen Bewohner zu überzeugen suchen, dass das durch unsere wunderbare Tapferkeit eroberte Gebiet wiederum durch seine stolzen Herrscher regiert würde; ja, sie behaupten, dass die Fürsten, jene Schatten einer traumhaften Obergewalt, alle Bürger schadlos halten werden! Die unverschämten Lügner fingieren Mitleid, welches sie nur für sich selber haben, fragen von den Einfältigen eine genaue Angabe ihrer Verluste und versprechen mit der Treulosigkeit, welche die Sklaverei kennzeichnet, Schadenersatz. Sie versprechen, aber geben können Sie nichts, die treulosen Betrüger! Sie reden nur so; um das Volk, welches wir unter unsern Schutz genommen, zu entmutigen und das schändliche Komplott der Engländer oder des schwächlichen Tyrannen zu Wien zu stärken. Jedoch sie werden enttäuscht, jene Monstren, die Freiheit hat Argusaugen. Suchet nach in den Dörfern, verhaftet die Vagabunden, welche die Bauern verführen um das Glück zurückschreiten zu lassen; kerkert die Abgesandten des Lasters ein, klagt sie an beim Gerichte. Sein Urteil wird Ruhe und Vertrauen wieder aufleben lassen, und von der Maas bis zum Rhein wird man nur Brüdern der Franzosen begegnen."
Innere Verwaltung.
Die »National Konvention« zu Paris hatte am 31. August 1795 infolge der Verfassung vom 22. August die Angliederung der südlichen Niederlande und des angrenzenden Gebietes an Frankreich und die Einteilung derselben in Departements beschlossen. Das Departement der Niedermaas wurde in 13 Kantons eingeteilt und der Kanton Wittem, oder Friedensgericht Gulpen, umfasste 11 Gemeinden. In den Gemeinden mit weniger als 5000 Einwohnern sollte an der Spitze der Verwaltung ein »agent municipal« und sein »adjoint« stehen. In der Bevölkerungsliste 1807 von Vaals wird ausdrücklich der adjoint genannt, nämlich Jean Henri Fellinger, geboren zu Aachen, am 27. November 1794 tritt als Maire namens der municipalite auf J. M. Fellinger und als juge de paix, Friedensrichter, Henri de Clermont.
1813-1816 wird J. R. Trostdorff als Maire genannt, und am 22. Februar 1816 kommt F. C. H. Clermont als Bürgermeister von Vaals vor; 1833 kommt als Ehrenbürgermeister von Vaals vor Friedrich Frans Joseph Maria Anton von Pelzer Berensberg. Derselbe wohnte auf dem Schloss Lemiers und wurde 1861 in der Kapelle von Lemiers beigesetzt. Im Jahre 1862 wurde Herr A. J. van Rey als Bürgermeister von Vaals ernannt und nach dessen Tode Herr C. Ruland.
Luix nennt in seinem Werk: »Die Abtei Burtscheid« den Herrn Wilhelm Ruland, Tuchfabrikant in Aachen, den er als Besitzer des Mönchshofes, wenigstens eines Teiles davon (ein grosser Teil der Güter mit dem Pannes gehört der Familie Langohr), und als Besitzer des Holseterhofes und des Neubau oder Königshof zu Raeren unter Holset erwähnt.
Als Mitglied der Kommunalverwaltung wurden zunächst fünf Einwohner der Gemeinde gewählt, von denen einer Präsident, einer Sekretär und die drei übrigen Wahlkontrolleure waren. Diese fünf wählten aus ihrer Mitte den Agent und seinen adjoint. Als ersten Sekretär von Vaals nennen wir Jean Guillaume Hasenklever. Die Versammlung der »agents municipaux« in dem Hauptorte bildete die »municipalite du canton«. Mit der Beobachtung dieser Vorschriften traten erst geordnete Verhältnisse hier ein. Als Verwalter des Kantons Wittem ist verzeichnet Joh. Arnold von Clermont seit 1795.
Der Präsident der »municipalite du canton« auch »officier public« genannt, war Zivilstandsbeamter für den ganzen Kanton und bei ihm mussten die Anzeigen von Geburten, Ehen und Sterbefällen unter zwei Zeugen stattfinden in der »salle publique du canton«. Das Gesetz vom 17. Februar 1800 schaffte dann einige Änderungen in der Gemeindeverwaltung
Art. 12 bestimmte, dass in den Gemeinden mit weniger als 2500 Einwohnern an die Stelle des agent und des adjoint ein maire und ein »adjoint du maire« treten sollte.
Art. 13 bestimmte, dass letzterer sämtliche Funktionen des agents und seines adjoint übernehmen und ebenso alles was die Polizei und den Zivilstand betrifft, welches bisher der »municipalite du canton« oblag.
Art. 15 verlangte, dass in den genannten Gemeinden ein Gemeinderat gewählt werden sollte, der aus zehn Mitgliedern besteht.
Das französische Gesetz vom 20. September 1792 betreffend die Zivilstandssachen wurde in Belgien am 17. Juli 1796 publiziert und am 12. Juli zu Maastricht registriert. Kraft dieses Gesetzes musste der »officier public« alle alten, neuen und noch laufenden Register aus Kirchen, Pfarrhäusern und anderen Kultusstätten sich innerhalb 8 Tagen zustellen lassen und aufbewahren in der »salle publique«. Die laufenden Register wurden geschlossen und von dem Vorsitzenden der Gemeindeverwaltung eingefordert.
So befinden sich noch jetzt auf dem Gemeindehause in Vaals die kirchlichen Tauf-, Trau- und Totenregister. Laut Verfügung des Präfekten vom 31. Mai mussten sämtliche Register und Akten des Gerichts zur Präfektur nach Maastricht gebracht werden.
Daher befinden sich jetzt die Akten der Bank Vaals-Holset-Vylen in Maastricht im Reichsarchiv.
Autoritäten in der französischen Revolution.
J. M. Fellinger (Bürgermeister),
Jean Michel Schönen (Pfarrer),
Jean Guillaume Hasenklever (Sekretär),
Henri Clermondt (Friedensrichter und Commissair du gouvernement);
Pierre van Slake (Gesundheitskommissar), Florent J. Ross (Notar),
Jean Henri Kistermans (Steuerempfänger),
Benedikt Heusch;
Doktor Jean Henry Vaessen;
Kreutzer war Schullehrer der lutherischen Gemeinde.
Schöffenliste . Auf dieser Liste kommen schon vor der französischen Revolution die Namen derjenigen Personen vor, die wir während der französischen Revolution als Autoritäten und Fabrikanten auftreten sehen:
Joh. Hendrik Kistermans, Schöffe 1785.
Joseph und Joseph D. Fellinger, Sekretär und Schöff, »licentie en droit« der »hooge Bank van Holset«1771.,
J. W. Hasenclever, Sekretär 1771 (kommen auch auf der Schöffenliste der Bank vor);
letzter Schultheiss war Trajon 1781 und Johann Arnold von Clermont, Vize-Schultheiss;
letzte Prokureurs T. R. Hendriks und Martin Velne 1784-85.
1764 kommen noch als Schöffen die Fabrikanten J. A. Trostorff und J. Frans ä Brassard vor.
Der alte Herr Trostorff starb im Jahre 1787 im Alter von 88 Jahren.
J. Lodwig, Gedeputeerde der Bank von Vylen 1703, H. Croon war 1745 schon Schöffe.
Smalhauwen Hendrik 1722 und 61, letzterer war Lehrer und Küster der reformierten Gemeinde, gestorben 1778.
Später kommt Jakob Gerard Schmallhausen noch vor, weiter wird 1744 Herr Pilera genannt, für den der Architekt Johann Couven in seinem Garten in Vaals ein Lusthaus errichtete.
Die Gemeindekarte.
Die Franzosen hatten auch eine neue Gemeindekarte angefertigt, bei welcher ganz genau die Grösse der Oberfläche gemessen war, welche Bäche, Gräben und Wege inbegriffen 2272 Hektar, 68 Ar und 64 Centiar gross war. Diese Karte war hergestellt den 25 Floreal im Jahre XI der Republik und unterzeichnet durch Caverne, Ingenieur des Departements der Niedermaas und Blasius, Geometer.
Auch die Einteilung der Gemeinde wird auf dieser Karte angegeben. War vor der französischen Revolution die Bank »Vaals-Holset-Vylen«, wie man aus den vortrefflichen Brandverordnungen dieser Zeit ersieht, eingeteilt in Rotten: I. Vaalser Rott, Il. Wolfhager Rott, III. Rarener Rott. IV. Holseter Rott, V. Harliser Rott, Vl. Lemierser Rott, Villener Rotten: I. Berger Rotten, Il. Mameliser Rott, III. Vylener Rott, IV. Rotter Rott, V. Kalmeriger Rott, VI. Kolthuiser Rott; so wurde die Gemeinde Vaals in der französischen Revolution wie folgt eingeteilt:
A. Dorf Vaals mit einigen Häusern in der Gemeinde Berg, B. Weiler Lemiers, teils abhängig von Vaals, C. Weiler Holset, D. Weiler Raeren, E. Weiler Wolfhaag, F. Weiler Hof, gelegen an dem grossen Weg von Vaals nach Maastricht, d.i. Einrade, G.H. Dorf Berge und Villers, I. Weiler Mamelis, K. Weiler Rott, L. Weiler Camerig, M. Weiler Cotthausen.
Aus F. ersehen wir, dass in der französischen Zeit die im 17. Jahrhundert unbrauchbare aber sehr alte Strasse von Vaals über Vaalsbruch, Einrade, Vylen die grosse Verbindung zwischen Maastricht und Vaals war und nicht mehr der Akerweg über Vylen-Harlis-Blumenthal.
Vaals in und nach der französischen Revolution. Die Bevölkerungsliste.
Im Jahre 1807 haben auch die Franzosen eine Bevölkerungsliste ausgegeben, worin die Gemeinde Vaals 394 Häuser mit 2500 Einwohnern zählte, die wie folgt verteilt waren:
1. Vaals — 127 — 1154
2. Wolfhaag und Raeren — 50 — 283
3. Holset und Lemiers — 40 — 240
4. Harlis — 19 — 100
5. Berger-Rott-Mamelis — 74 — 335
6. Rotter Rotten Melleschet — 41 — 171
7. Cotthausen und Camerig — 43 — 234
Die damaligen Vaalser Einwohner übten folgende Gewerbe aus: 10 Landwirte, 67 Weber, 70 Tuchscherer, 10 Tuchhändler, 9 Spinnerinnen, 1 Spinner, 10 Bäcker, 4 Metzger, 6 Schneider, 3 Näherinnen, 7 Schuhmacher, 7 Schreiner, 2 Küfer, 4 Zimmerleute, 3 Schlosser, 3 Hufschmiede, 1 Kesselmacher, 1 Oberscherer (M. Hoffman), 2 Materialwarenhändler, 1 Brauer (Heinrich Dautzenberg), 3 Restaurateure, 1 Tuchmacher (N. Knepper), 1 Doktor und 1 Empfänger.
Die Industriellen aus Vaals und andere damals in Vaals wohnhafte ansehnliche Familien sind in dieser Bevölkerungsliste angegeben, welche wir hier anführen werden:
Franciscus van Panhuys, Fabrikant, seit 10 Jahren in Vaals, geboren in Maastricht (verehelicht mit Christine Eleonore von Clermont);
Charles de Clermont, Tuchfabrikant, seit 48 Jahren in Vaals, geboren zu Aachen;
Hässner Karl, Tuchfabrikant, wohnte auf dem Gouvernement sowie auch Pfarrer Schönen;
Jean Guill. Trostorff, Tuchfabrikant, geboren zu Vaals;
M. Trostdorff, Tuchfabrikant;
Jean Richard und Jean Henry Trostorff, Fabrikanten;
George Louis de Sternbach, Colonel, geb. Ouweley bei Namur, seit 31 Jahren in Vaals;
Franciscus ä Brassard, Tuchfabrikant;
Herman Ludwig, Tuchfabrikant, geb. in Burtscheid, 45 Jahre hierselbst;
Jean August Schink, Gürtler, 40 Jahre hier;
Adam von Clermont, Tuchfabrikant, 48 Jahre hierselbst, geb. zu Aachen;
Guill. Kisterman, Tuchhändler;
H. Caspar Fürth, Lemiers;
Pfarrer E. Lass, Holset;
Kaplan Jos. Vossen, Villen;
Johan Joseph Rubin, Villen;
Fr. Franciscus Jos. Maria Antonius von Pelser Berensberg, Lemiers;
Henr. Peipers, Fabrikant 1807;
Nicola Knepper 1807.
Da wir später noch Verschiedenes über das Fabrikswesen in Vaals bringen werden, wollen wir uns vorläufig begnügen mit der nachfolgenden Beschreibung des Industriewesens, durch die Franzosen selbst aufgezeichnet:
„Das Departement der Niedermaas besitzt Lakenfabriken, Bettuchfabriken, Stecknadelfabriken, Fabriken für Sammetbänder, Schreibfederfabriken, Löhereien, Schnaps-, Seife-, Chichorie-. Tabak- und Kantefabriken, Salzsiedereien und zwei kleine Papiermühlen.
Die berühmtesten sind die Laken- und Nadelfabriken, eingerichtet zu Vaals. Dieser Flecken besteht erst seit 40 Jahren. Es ist eine Schöpfung von Herrn Clermont, da er die erste Lakenfabrik erbaute, heute Besitzung seiner Kinder, welche sie leiten.
Die Lakenfabriken von Vaals sind berühmt. Sie gebrauchen nur spanische Wolle, die Wolle des Landes dient nur für Streu. Man macht da jährlich 99000 Meter Laken, welches für 15 bis 40 Franken das Meter verkauft wird. Die Qualität dieser Laken steht derer, die in den anderen Departementen verfertigt werden, nicht nach. Sie werden ausgeführt nach Preussen, Russland, Polen, Portugal und nach den Ländern der Levante. Diese Fabrik beschäftigt heute ungefähr 2300 Arbeiter.
Die Nadelfabrik ist erbaut und wird geleitet von Jr. Trostdorff. Man verfertigt daselbst jährlich ca. 50 Millionen Nadeln, die im Kleinen in Frankreich verkauft werden, aber auch nach dem übrigen Ausland gehen. Sie beschäftigt 300 Arbeiter. "
Die Schlacht bei Leipzig machte der Franzosenherrschaft ein Ende. Noch bevor die Truppen der verbündeten Mächte den Rhein überschritten wurde im Vertrag zu Basel am 12. Januar 1814 vereinbart, dass die Länder auf dem linken Rheinufer dem Zentral-Departement zu Leipzig unterworfen sein sollen, unter der Verwaltung der von diesem Departement ernannten General-Gouverneuren.
Art. 5 bestimmte, dass u.a. das General-Departement des Niederrheins eingesetzt würde, dass es die Departemente der Roer, Ourthe und Niedermaas umfassen sollte, mit Aachen als Residenz, Maastricht und Lüttich als Residenz der Gourvernementskommissaren. Unter dieses Gouvernement des Niederrheins kam ungefähr das ganze Gebiet der gegenwärtigen Provinz Limburg zu stehen. Der Geheimrat Sack wurde zum General-Gouverneur ernannt und übernahm am 16. Juni 1814 die Verwaltung des Departements des Nieder- und Mittelrheines, im Auftrage des Königs von Preussen; diese ist die erste rechtmässige Regierung, die der französischen in unserer Gegend folgte, nachdem durch die Ankunft der preussischen und russischen Armee, worunter sich auch Abteilungen von Kosaken befanden, die Franzosen gezwungen waren, Limburg ganz zu räumen. Die Kosaken sind damals auch in Vaals gewesen und man erzählt, dass die Eltern des im Jahre 1912 verstorbenen Herrn. A. Schillings in ihrem Hause, genannt »Egypten«, durch einen Kosak morgens, als sie die Treppe herunterkamen, mit einem Beil erschlagen worden seien.
Durch Verfügung des General-Gouverneurs von Sack wurden, um die Verwaltung zu erleichtern, die Kantone Gulpen und Herzogenrath, die dem Hauptort des Departements der Roer so in der Nähe lagen, und die bisher einen Teil des Departements der Niedermaas ausmachten, dem Kreise Aachen, Departement der Roer zugeteilt und kamen unter den Gerichtshof erster Instanz zu Aachen.
Die Folge davon war eine neue gerichtlich territortiale Einteilung unserer Gemeinde.
Ober-Revisionshof zu Koblenz. Obergerichtshof Lüttich. I. Departement der Maas und Ourthe. Arrondissement Malmedy Kanton Aubel.
Hierunter ressortierte ein Teil von Gemmenich, der später zu Vaals kam und ein Teil von Sippenaeken, der später zu Wittem kam.
II. Departement der Roer. Arrondissement Aachen. Kanton Burtscheid. Gülpen (mit Vaals) und Herzogenrath.
Vom 18. August 1814 bis 12. Mai 1815 standen unter dem Gouvernement des Nieder- und Mittelrheines: Ein Teil von Gemmenich, der jetzt zu Vaals gehört; ein Teil von Sippenaeken, der jetzt zu Wittem gehört; ein Teil von Laurensberg, der später zu Vaals kam und Vaals (noch ohne den Teil von Gemmenich und Aachen).
Am 16. März 1815 wurden die S. V. der vereinigten Niederlande Königreich. Mit Nord-Niederland wurde ausser Belgien auch das frühere Bistum Lüttich vereinigt. Als Vergütung für den Verlust der Nassauischen Erbländer wurde Wilhelm I. Grossherzog von Luxembourg. Aber es sollte nicht lange währen. Infolge der Bestimmungen des Wiener Kongresses wurde die Grenzregelung zwischen Preussen und Holland festgesetzt durch den Vertrag vom 31. Mai 1815 und wurde näher bestimmt durch das von den beiderseitigen Kommissariaten am 26. Juni 1817 zu Aachen unterzeichnete Grenzberichtigungs-Traktat.
Durch das Grenztraktat mit Preussen (26. Juni 1816) kam zu Limburg ein Teil von Laurensberg, der zu Vaals kam; dieser Teil blieb aber unter der Justizverwaltung des Revisionshofes zu Koblenz, mit dem Arrondissement Sittard und dem Kanton Burtscheid.
Artikel 18 des Grenztraktats zwischen dem König der Niederlande und dem Könige von Preussen: Von dem Punkte ab, wo die drei Departemente sich berühren, soll die Grenzlinie den Grenzen zwischen dem alten Departement der Roer und der Niedermaas folgen bis zu der Chaussee von Aachen nach Geilenkirchen, indem sie zur Linken die Gemeinde Vaals liegen lässt, die den Niederlanden gehört, in derselben ist inbegriffen die Wohnung des Pfarrers, die auf derselben Linie liegt. Weiter soll die Grenze dieser Chaussee folgen bis an die Grenzen der Gemeinde Herzogenrath, bis zur Wurm. Auf dem Kongress von Wien (31. Mai 1815) wurde auch die Grenze von Holland festgestellt. Die alten uniierten Provinzen der Niederlande und die Belgischen Provinzen, die einen wie die andern, sollten nach Artikel 66 in Vereinigung unter der Souveränität des Prinzen von Oranje-Nassau das Königsreich der Niederlande ausmachen.
Artikel 62. Die Linie, welche die Gebiete, die das Königreich der Niederlande ausmachen, abgrenzen soll, wurde in folgender Weise festgestellt. Sie folgt, für unsere Gegend, den Grenzen zwischen dem alten Departement der Roer und Ourthe. Diese Grenze soll den Grenzen der Kantons St. Vith, Schleiden, Cronenburg-Malmedy folgen, bis dieselbe die des ehemaligen französischen Kantons Eupen im Herzogtum Limburg trifft, und der Westgrenze dieses Kantons folgend in nördlicher Richtung, zur Rechten einen Teil des früheren französischen Kantons Aubel lassend, und verband sich auf dem Punkte, wo die drei Departemente der Roer, Niedermaas und Ourthe zusammen kamen. Von hier ab ging dieselbe der Linie nach, welche die Departemente der Roer und Niedermaas von einander trennt, bis zur Wurm und von da aus weiter der deutschen Grenze entlang. Der Grenzpunkt der drei Departemente ist Neutral-Moresnet, wo Niederland, Preussen und Belgien zusammen kommen.
Beim Setzen der Grenzsteine im Jahre 1817 sind noch drei Teile von preussische Gemeinden zu den Niederlanden gekommen, u.a. für Vaals ein Teil von Laurensberg.
Auf Kosten der damaligen Provinz, wovon die gegenwärtige nur die Hälfte ist, (der andere Teil erstreckte sich über das gegenwärtige belgische Limburg aus mit Ausnahme von Maastricht und Venlo, die immer bei Holland geblieben sind) wurden im Jahre 1824 die Maastrichterlaan angelegt und so wurde dem Akerweg und dem in der französischen Herrschaft dem Verkehr dienenden Weg von Vaals über Einrade, Vylen und der alten Landstrasse grösstenteils der Verkehr entnommen.
Im Jahre 1830 brach die belgische Revolution aus. Am 4. Juni 1831 proklamierte der Nationale Kongress den Prinz von Sachsen-Coburg zum König der Belgier und legte der Regent seine Macht nieder. Bis 1839 kam das Gebiet der gegenwärtigen Provinz Limburg mit Ausnahme von Maastricht und Venlo, die immer bei Niederland geblieben sind, zu Belgien.
I. 1830-1839, worin die fünf Grossmächte in London Massregeln nahmen und eine Übereinstimmung zwischen Belgien und Niederland zustande brachten. Dadurch wurde der Vereinigung der jetzigen Provinz Limburg mit Belgien ein Ende gemacht. Am 30. Mai 1814 wurde im Friedensvertrag von Paris festgesetzt, dass die deutschen Staaten unabhängig, aber doch bundesmässig mit einander verbunden sein sollten.
Ferner wurde beim Wiener Kongress ausgemacht, dass Wilhelm I., König der Niederlande, dem Luxemburg zufiel, als Vergütung für den Verlust der Nassauischen Erbländer, als Herzog von Luxemburg dem deutschen Bund beitreten sollte. In den Londoner Traktaten wurde beschlossen, einen Teil des Grossherzogtums Luxemburg Belgien beizufügen und dass der König-Grossherzog an deren Stelle die Gebiete von Limburg auf dem rechten Maasufer bekommen sollte, der dieselben am 22. Juni 1830 durch seine Kommissare in Besitz nahm.
Der deutsche Bund machte jetzt für das demselben entzogene Gebiet von Luxemburg durch Zufügung an Belgien Anspruch auf Limburg. Deshalb trat am 5. September 1839 die ganze Provinz Limburg, von da ab Herzogtum genannt, mit Ausnahme von Maastricht und Venlo, als Bundesstaat dem deutschen Bunde bei. Dies brachte eine so innige Beziehung mit sich, dass selbst die Bundesgesetze den holländischen in Limburg vorgezogen werden mussten.
Im Jahre 1848 hatte sich eine heftige Aufregung der Bewohner der Provinz Limburg für und gegen die Vereinigung mit dem deutschen Bunde bemächtigt, aber der Zustand blieb unverändert. Infolge des Krieges zwischen Preussen und Österreich kam der deutsche Bund beim Frieden von Prag 1866 zu Fall. Der Vertrag von London (11. Mai 1867), durch den der deutsche Bund aufgelöst wurde, hob die Beziehungen der Provinz Limburg zu dem Bunde völlig auf.
Eine eigentliche Zollgrenze, wie wir sie heute in Vaals haben, bestand bis 1866 nicht. Das erste bekannte Zollamt lag, wo jetzt das Gemeindehaus steht.
Industriewesen.
Die Grundleger der Vaalser Industrie.
Einer der allerersten ist Johan Albert Trostdorff 1699 gewesen. Von ihm stammten ab: Jean Guill. Trostdorff, Tuchfabrikant; Math. Guill. Trostdorff, Tuchfabrikant; Jean Richard Trostdorff, Fabrikant und Jean Henry Trostdorff, Fabrikant.
Die beiden letzten sind wahrscheinlich die Grundleger der weltbeherrschenden Nadelindustrie in Vaals gewesen, welche jährlich 50 Millionen Nadeln verfertigten. Sie hatten eine Fabrik in der Aachenerstrasse und wahrscheinlich auch in der Tentstrasse, sowie in Mamelis und Lemiers. Später waren ihre Fabriken Eigentum des George Louis de Sternbach, der sich im Jahre 1776 in Vaals niederliess. Er war Kolonel, geboren zu Ouweley bei Namur. Ihm gehörte der sogenannte »Bau«, den er wahrscheinlich erbaut hat. Die Familie Sternbach war sehr begütert. George Ludwig Friedrich Sternbach war verheiratet mit Cornelia Sardyn aus den Haag (1786). Sie hatten 12 Kinder.
Im Jahre 1835 kam der Bau in den Besitz der Familie Driessen, deren Verwalter Matheus Güsgens war; spätere Besitzer Delhaes und Knepper. Die Familie Sternbach ist um ihr ganzes Vermögen gekommen. Man erzählt von Sternbach, dass er einmal aus Übermut mitten über den »Grüllenmarkt« ritt und alles vernichtete. Eines seiner Kinder war später Kutscher bei dem Postwagenunternehmer Beckers, »opene Pleij« Hotel Blumenthal. In der Gegend von Waubach befindet sich ein Ort, welcher heute im Volksmund »opene Sternbach« genannt wird, wo ein Schloss gestanden haben soll. Ob dieses aber Beziehung mit der Familie Sternbach hat ist nicht bekannt.
Gleichzeitig mit den genannten Fabrikanten oder noch etwas früher, kam Johan Arnold von Clermont nach Vaals. Er verlegte nämlich seine Wollenfabrik nach Vaals, weil das Zunftwesen in Aachen seinen Erweiterungsplänen im Wege stand. Im Jahre 1761 kaufte er Vaalsbruch und legte den Grundstein zu seiner Fabrik und seinem Wohnhaus und errichtete später Blumenthal und noch eine Färberei in den Benden. Er ist der Gründer der Vaalser Tuchindustrie, die durch ihn weltberühmt wurde. Seine beiden Söhne Johan und Karl Theodor Arnold führten die Fabriken ihres Vaters weiter.
Johan Arnold von Clermont war seit dem 8. Oktober 1754 mit Maria Sophia Elisabeth Emminghaus verheiratet. Sie hatten 16 Kinder, u.a.: Carl Theodor Arnold, Präsident der Landesdeputation für das Roergebiet und Fabrikant. Er war auch bis 1806 Verwalter des Kantons Wittem, in welchem Jahre er aus Vaals wegzog. Letzterer war geboren am 8. August 1756 und heiratete am 5. September 1782 mit Maria Juliana Kopstadt, welche ihm 7 Kinder schenkte, 4 Knaben und 3 Mädchen.
Friedrich Karl Arnold, Friedrich Heinrich August (Paris), Eduard (Diekirch).
Friedrich Karl Arnold heiratete mit Johanna Frederica Kopstadt, welche ihm 4 Kinder schenkte, und zwar: Karl Heinrich Robert, geb. 1814, Carl Arnold Julius 1816, Angelina Eleonore Henrice 1818 und Carl Adolph Leopold Walter 1821. Friedrich Karl Arnold wohnte auf Schloss Vaalsbruch.
Friedrich Heinrich heiratete 1813 mit Christine AIberine Hass, deren Kinder waren: Maria Gertrud, geb. 1814, Philipp Otto 1818, Friedrich Herman Ernst geb. 1817, gest. 1823, Herman Karl Emile 1818, Ludwig August Leopold 1825, Constantia Frederike Auguste geb. 1827, gest. 1833.
Ein von Clermont wohnte im Gartenhaus der Familie von Clermont; ihm gehörte noch die Schurmühle. Nachher wohnte er gegenüber der Kirche in der alten Schule, später Gemeindehaus. Er war ein besonderer Hundeliebhaber.
Johan Adolf von Clermont, Sohn von Johan Arnold war Fabrikant und heiratete 1790 mit Juliane Ernestine Theodora von Emminghausen und starb kinderlos im Jahre 1826.
Johan Heinrich Leopold, geb. 1781, war bis 1816 Friedensrichter für Vaals beim Friedensgericht Gülpen. Er war das 13. Kind des Johan Arnold von Clermont.
1824 bis 1854 kommt der Name Heinrich von Clermont vor. Dieser ist derselbe, der 1813 heiratete mit Christine Hass, Sohn des Johann Arnold, welcher seinem Vater in der Tuchmanufaktur nachfolgte und im Jahre 1816 vorkommt als Bürgermeister von Vaals.
1862 kommen noch vor in Vaals: Friedrich von Clermont und Otto von Clermont, welche letztere sicher Kinder waren von obengenanntem Friedrich Heinrich.
Mit diesen letzten sind die von Clermonts in Vaals ausgestorben. Das Stammhaus mit Fabrik ging an Ignaz Tyrell über. Er war der Sohn des Melchior Tyrell, Bürgermeister und Amtmann in Werl, Westfalen. Sohn des Ignaz Tyrell war u.a. Kaspar Victor Albert, geb. den 26. September 1812, gestorben 1875 zu Löwen, begraben zu Vaals. Er war Königl. Belg. Oberst der Artillerie. Andere Kinder waren: Heinrich Tyrell, Fabrikant in Vaals 1862. Mit seinen Kindern ist dieses Geschlecht 1924 ausgestorben. Ignaz Tyrell hat das Stammhaus im Jahre 1858 gekauft und führte die Tuchfabrik im Stammhaus und in den Benden weiter (1862).
Gegenüber dem Stammhaus befand sich die Kirche der Memnoniten. Von dieser Kirche der Wiedertäufer besteht noch ein Teil. Der Fabrikant von Clermont hatte eine Weberei daraus gemacht, der Israelit Gerothwoold aus Frankfurt, sich nennend Graf de Grooy, hat das Türmchen abgebrochen und zwei andere einander gegenüber gebaut. Derselbe wohnte mit seinen zwei Töchtern im gegenwärtigen Hotel Geller. Er liess viele Mauern und Häuser abbrechen sowie auch ein grosses Gebäude in der Nähe des Stammhauses. Hiervon erbaute er die zwei vorgenannten Türmchen und die daran anschliessenden Häuser. Eines Tages sagte er zu seinem Arbeitern: „Wenn ich wiederkomme, bleibe ich für immer hier". Wer aber nicht wiederkam, war Graf de Grooy, und beim öffentlichen Verkauf erwarb die Familie Kocks aus der Tentstrasse die noch nicht ganz fertigen Häuser, woraus man später Mietswohnungen machte.
Ferner waren grosse Fabrikanten in Vaals Joh. Arnold Pastoor; seine Mutter war auch eine von Clermont und hatte schon 1890 in Lemiers die »Hoddelefabrik«, welche später durch Kauf in die Hände der Familie Schlüper und Karl Jöbjens überging.
Andere Fabrikanten waren: Hermann Ludwig aus Burtscheid, der seit 1774 in einem Hause der lutherischen Gemeinde in Vaals wohnte.
Franciscus van Panhuijs aus Maastricht, 1797 nach Vaals gekommen, war verheiratet mit Johanna Wilhelmine Panhuijs, welche von einer alten Vaalser Familie abstammte.
Kurl Hässler, 1765 nach Vaals gekommen.
Jean August Schink (Gürtler), 1767 nach Vaals gekommen.
Heinrich Peipers, 1808 Fabrikant in Lemiers. Nicola Knepper, nach Vaals gekommen 1805. Guill. Kistermans tritt 1805 als Tuchhändler und Franciscus á Brassard als Tuchfabrikant in Vaals
auf.
Johan Heinr. Croein (Crou) trat 1810 in Vaals auf, 1819 Heinrich Crou und 1842 Crou und Chauder.
Herman Boffender und Peter Radel als Fabrikanten der Vollmühle, zuerst genannt 1810.
August Binterim, 1815 nach Vaals gekommen, später (1862) werden genannt Herman und Theodor Binterim; 1825 M. J. Lorell, Kaufman, und 1855 Delhaes.
Was die Namen der ältesten Fabrikanten angeht, so kommen ihre Namen zuletzt vor: 1862 Panhuijs aus Maastricht, 1859 Konrad Ludwig, 1878 Friedrich und Karl Kisterman, 1817 J. H. Crou, Joh. Guillaume Trostorf, Karl Guillaume Hässler, 1819 J. H. Trostorf, Heinr. Cornelius Frans á Brassard.
Durch königlichen Beschluss wurde am 28. Aug. 1817 die »Kamer van Koophandel en Fabrieken« errichtet und wurde bestimmt, dass 8 Mitglieder darin Sitzung haben sollten; den 14. Oktober 1817 wurde auf dem Rathause zu Vaals unter dem Vorsitz des Herrn Charles de Bronkere, Gouverneur der Provinz Limburg und beigestanden von dem Herrn W. H. Tellera, Griffier der Provinzialen Staaten die »Kamer van Koophandel« eröffnet. Mitglieder derselben waren: Charles de Clermont de Vaalsbroek, J. Crou, August Binterim, Jean Guillaume Trostorf, Charles Guillaume Hässler, J. H. Trostorf, Frans á Brassard, Henri Nellissen. Jean Gottfried Hartman, Sekretär.
Die Familie des vorerwähnten Henri Nellissen stammte aus Aachen. Ihre Geschichte ist kurz folgende: Franz Carl Nellissen war 1789 Bürgermeister von Aachen und hatte u.a. eine Tochter Caroline, welche verheiratet war mit Peter Beisel und einen Sohn Heinrich, welcher verheiratet war mit Johanna Beisel, aus deren Kindern zwei Franziskanerinnen wurden und ein Sohn Franz, Preussischer Rittmeister a.D.
Letzterer hatte aus seiner Ehe mit Johanna Feller eine Tochter, die Ordensfrau vom heiligsten Herzen Jezu wurde und eine andere Tochter Pauline, welche mit Konrad Startz heiratete und einen Sohn Karl Martin, der päpstlicher Graf war.
Hieraus ersehen wir, wie wir auch kurz noch andeuten werden, dass die Familie Nellissen, Startz und Beisel auch innig mit der Vaalser Industrie und Klostergeschichte zusammenhängt.
Es wird sehr schwer fallen, die einzelnen Fabrikanten, ihre Fabriken und Manufakturen alle anzugeben. Daher wollen wir in den folgenden Angaben nur dasjenige aufzeichnen, soweit es sich durch Umfrage bei alten Leuten feststellen liess.
Fabriken in Vaals.
1. Vollmühle. Erbaut 1663. Besitzer waren u.a.: Herman Boffender und Peter Radel, Merzenich; jetziger Pächter Leclerq. Garn- und Wollspinnerei und Carbolisieranstalt, unter Merzenich Weberei, jetzt Mühle. Eingegangen durch Streik und Abtreten des Vorarbeiters. Merzenich wollte keine Klärweiher anlegen, was die tiefer gelegenen Dörfer verlangten.
2. Schurmühle. Besitzer: Clermont L., Pelzer v. Clermont, Schwamborn umd Claessen (Pächter), Vaessen J. (Brauerei, nachher Tabaksfabrik). Unter von Clermont Weberei mit 50 Webstühlen. (Eingegangen 1900).
3. »Oude molen« in Holset. Eigentum der reform. Gemeinde. Inhaber Startz, Binterim, Prickarts. Pächter: Krott, Nadelfabrik, Karbolisieranstalt mit Garn- und Wollspinnerei und Vollerei, jetzt Mühle. Genannt »Egen Schliefmölle« (1890 eingegangen). Theodor Binterim wohnte im alten Kurhotel; in dem Hause von Kleinschmidt wohnte Smitz, Teilhaber der Firma Binterim.
Da ein Geschichtsschreiber 1813 auch noch zwei Fabriken von Schleifsteinen in der Gemeinde Vaals erwähnt, haben wir wahrscheinlich hier mit einer solchen zu tun, daher der Name »Schliefmölle«.
4. «Hoddelefabrik« von Pastor, Kommerzienrat in Aachen. Alle Sorten Lumpen wurden hier über Walzen gewolft, woraus dann Garn fabriziert wurde. 1898 gekauft durch Geschwister Schlüper-Göpjens.
5. Binterimsfabrik in der Lindenstrasse; später gepachtet durch Dornbusch, 1891 eingegangen. Alsdann gekauft durch Schmalbach, der die Fabrik zu Wohnhäuser einrichtete.
6. Nadelfabrik im Vaalser Berg, am Bach, der von der Schurmühle kommt. Mutmasslich von Beisel in Aachen. Beisel war verwandt mit Nellissen, der 1817 in Vaals vorkommt. 1830 eingegangen; der neue Weg von 1824 nahm ihr allen Verkehr.
7. Fabrik gegenüber »Pleij« neben den Häusern von Schnabel, kam 1824 auch unterhalb des Weges zu liegen. Kanngiesser. Dem gegenüber an der anderen Seite des Weges: alte Deckenfabrik, Hotel Blumenthal, früher Beckers, Kutscher und Postwagenhalter, später Steins und Souren.
8. Kesselfabrik von Snook, wo jetzt das Redemptoristenkloster liegt. 1844 eingegangen, später Gebiet der Kirche.
9. Fabrik hinter dem Haus von Herman Binterim in der Bergstrasse (in der Nähe der reform. Kirche). Tuchfabrik. Besitzer Keuler; 1850 eingegangen.
10. Gegenüber dem Besitz von Binterim lag die Fabrik von de Crou; zuerst Tuchfabrik, später Brauerei und dann Lagerplatz. Besitzer: Mastenbroek P. W. (war 1862 noch in Vaals), Knepper, Göbbels, Heru, Schillings und Zegers.
11. Fabrik in der Aachenerstrasse. Tuchfabrik Trostorf, später Delhaes-de Lorell, Wolf und Heiligers.
12. Fabrik am »Bau«, Tuchfabrik, 1835 eingegangen. Besitzer des Gebäudes: Sternbach; Ohligsläger, Jaegers, Driessen, Delhaes, Knepper.
13. Läkenfabrik, untergebracht im Gebäude des Stammhauses nach der Seite der Maastrichterlaan. Besitzer: von Slip, Tyrell. 1840 eingegangen.
14. Zigarrenfabrik, im Hinterhause vom Stammhaus. Besitzer: H. Schuhmacher. 1880 abgebrannt.
15. Fabrik in den Benden, Tuchfärberei, Wäscherei, Färberei, später Zacharinfabrik, Motoren und Bogenlampenfabrik, Weberei, Schokolade und Nadelfabrik. Die Färberei wurde von Arnold von Clermont errichtet.
16. Fabrik Schloss Vaalsbruch, Spinnerei, Mühle. Besitzer: J. Arnold von Clermont, v. Görschen, von Massenbach.
17. Fabrik »Verves«, Besitzer: von Clermont, Gerotwoold, Kocks. Zuerst Weberei, nachher in Wohnhäuser eingerichtet.
18. Mühle der. Familie Spierts, Mamelis. Wahrscheinlich auch wie Mühle zu Lemiers Nadelfabrik von Trostorf. Eigentümer: Deutz und Spiertz.
Wenn wir hier die Fabrik von J. A. von Clermont, später Ignaz Tyrell, im Stammhaus hinzufügen, so bestanden 1840 in der Gemeinde Vaals ohne die Zementfabriken 19 Fabriken.
In Vaals hat auch die Handweberei in hoher Blüte gestanden. Ein oder mehrere »katzauen« standen in einem Zimmer, wie z.B. im Stammhaus, Bau, Verves, Bergstrasse, Tentstrasse usw., die durch ihr eintöniges klappernd Geräusch dem Dorfe einen ganz besondern Eindruck verliehen. Die Weber im blauem Kittel und Schürze mit dem Pfeifchen im Mund waren sehr gemütliche und genügsame Leute. Der hl. Antonius war ihr besonderer Schutzpatron, deshalb wurde die »St. Tönneskirmes« immer gut gefeiert. An abgelegenen Orten, wie hinter Blumenthal hatten sie ihren Aufenthalt, wenn es galt das Garn zu trocknen. Dies geschah dadurch, dass das Garn an einen Pfahl gebunden wurde, dann wurden auf einen bestimmten Abstand je zwei gabelförmige Stöcke eingeschlagen, die paarweise durch einen dritten Stock verbunden waren. Das Garn wurde darüber in Fäden gezogen und blieb so, bis es trocken war. Witzige Gespräche wurden dabei durch die Nachbarn unterhalten, und manches volkstümliche Lied, wie »die Distelfink«, wird da wohl entstanden sein.
„Ene Man dä hau en Distelvink,
Häe hau se lejver wie sie Kenk,
Häe hau se lejver wie sing Frau
En häe hau se hange agen Katzau ."
Hatte der Weber auf der Katzau ein Stück abgewebt, so wurde dasselbe auf einen Schubkarren gelegt und mit Freude über die vollbrachte Arbeit ging es nach Aachen. Meistens taten dies die Frauen, die auch für neue Spulen sorgen mussten und kamen oft prozessionsweise mit ihren Schubkarren zurück, das Geld in der Tasche.
Vorhin haben wir bereits die Namen von Vollerei, Spinnerei und Karbolisieren genannt. Waren die Stoffe gewebt, dann wurden dieselben gevollt mit Vollerde, die auf dem Schneeberg gefunden und mit Urine und Seife vermischt wurde. Daher sind noch oben auf dem Schneeberg grosse Gruben als Überreste, wo früher die Vollerde herausgeschafft wurde und im Volksmund für feuerspeiende Bergöffnungen gehalten werden.
Grosse gekochte, extra dafür gemachte Stücke Seife wurden dann, nachdem die Stoffe mit Vollerde übergossen waren, in einem grossen Behälter aus Eichenholz auf die Stoffe gelegt. Auf dem grossen Behälter befand sich eine Walze, woran sich zwei grosse Eichenholz-Hämmer befanden, wovon der eine empor ging, wenn der andere niedersank und so wurden die Stoffe fortwährend geklopft. Die Hämmer waren einen halben Meter breit im Quadrat und ¾ Meter hoch. Das Vollen geschah um die Stoffe dicht zu machen.
Spinnen: Dafür wurden zuerst die Flockmaschinen gebraucht. Dazu kamen Walzen und ein grosses Tuch, welches lief und die Spule, worauf der lange Faden gesponnen wurde, der zum Feinspinner gebracht wurde. Beim Vorspinnen griff man 20 Flöcks, welche die Flockmaschine auswarf. Es waren Stückchen Wolle, die einen Finger dick waren. Diese musste man auf dem weissen Tuch, das über die Walzen lief, zu Fäden machen. Dies geschah mit den Fingerknöcheln, meistens durch Kinder.
Karbolisierung geschah dadurch, dass die Stoffe in einem grossen abgeschlossenen, langen Behälter gelegt wurden, worin die zugefügte Baumwolle durch Säure, die man darauf goss, verbrennen musste. Ferner wurde der Stoff mit einer Pflanze gereinigt, die eierförmig und mit Stacheln besetzt war und Weberdistel genannt wurde. Diese Pflanzen wurden zu diesem Zwecke durch die Bauern gezüchtet.
Die Gesetzgebung der Bank »Holset-Vaals-Vylen« hat schon im Jahre 1765 die Vaalser Industrie in Schutz genommen, indem sie gegen aufrührige Elemente in ihren »Waarschuwingen in zaken weverij« strenge Massregeln nahm. Dieselben sind unterzeichnet durch Hasenklever, Sekretär der Bank und die Einleitung lautet: „Die Herren Drost, Schultheiss und Schöffen der Bank »Holset-Vaals-Vylen« bemerkt habende, dass hier und da verschiedene Missbräuche und Unerlaubtheiten unter die »zakenbereijders of Droogscheerdersgasten« (das ist ein Ausdruck für Weber, den man nicht übersetzen kann) eingeschlichen sind, weil einige eigenmächtig ohne Grund ihre »Winkels«, das will sagen ihr Geschäft, verlassen um andere Gäste oder Knechte, die ruhig in ihren Geschäften arbeiten, Furcht anzujagen oder verbieten, mit ihrem Geschäft fortzufahren, zu manchen Zusammenkünften sich aneinanderschliessen, einige Personen oder ganze Geschäfte für schmutzig und ungeschickt erklären.
Weil aber die Folgen solcher Massnahmen nicht allein nachteilig sind für die Übertreter mit ihren Frauen und Kindern, sondern auch für manche anderen, die von den »Zaken-Fabrijk« , das will sagen von dem Fabrikswesen, abhängen und selbst mit der Zeit die ganze Fabrik auf das Spiel setzen und zu Grunde könnte gebracht werden, so ist es, dass wir nach reifer Überlegung zumallgemeinen Nutzen, und um solchen nachteiligen Unruhen vorzubeugen und zum Aufrechthalten des Fabrikswesens nötig gefunden haben folgendes festzustellen."
Dann folgen sieben Vorschriften für Meister und »bereijdersgastena « .
Artikel 5 lautet: dass hierdurch deutlich, scharf und ausdrücklich bezweckt wird ein Ende zu machen dem sogenannten Schimpfen, dem Verlassen und Abspringen von der Arbeit, allen Zusammenschwörungen und Beschmutzen und im allgemeinen allen aufständigen Unternehmungen; dass man gegen die Übertreter als Aufrührer der allgemeinen Ruhe und Meuterer nach aller Strenge des Rechtes prozedieren wird und dieselben schwer bestraft werden mit Verbannung, Geiselung und andern Strafen an Leib und Leben, je nachdem sie schuldig befunden werden.
Die mittalterliche Strenge des Gerichtes der Bank »Holset-Vaals-Vylen« liess, wie wir hieraus ersehen, 1765 noch nicht mit sich spassen.
Zum Wohle der Arbeiter wurde durch ein Bittschreiben des Herrn Jakob Servaes Hartman 1790 eine Krankenbörse errichtet.
Art. I. In dieser Handwerker- und Krankenbörse werden gesunde Männer, nicht über 30 Jahre alt und ohne Unterschied der Konfessionen: Römisch-Katholische, Evangelische, Lutherische und Reformierte aufgenommen.
Art. II. Bei der Aufnahme zalht jeder Bruder 2 ½ Silbergroschen oder 14 ½ Cents und wöchentlich 1 ½ M erk oder 4 Cents, welche der Börsendiener alle vier Wochen einfordert, und muss diese Einlage ein Jahr lang geschehen sein, ehe der Bruder zum Bezug der Kranken- und Sterbegelder berechtigt ist. Für Sterbegeld zahlt ein jeder Bruder jährlich 3 Silbergroschen und 9 Pfennig oder 22 Cents.
Dieser Krankenbörse standen drei Provisoren vor mit dem Vater der Börse. Jak. Servaes Hartmann. Diese Provisoren solle immer drei sein, nämlich ein Katholischer, ein Lutherischer und ein Reformierter, die Direktion alle vier Monate abwechseln und der regierende Provisor eine Rechnung den beiden andern Provisoren ablegen. In der jährlichen allgemeinen Versammlung wurde für den abtretenden Provisor ein neuer durch Stimmenmehrheit gewählt. Bei Streitigkeiten sollen die Provisoren versuchen, diese in Güte beizulegen. Gibt sich der Bruder hiermit nicht zufrieden, so werden die Herren Arbeiter ersucht, zu entscheiden. Hilft auch dieses nicht, so kann die Klage der bürgerlichen Obrigkeit vorgelegt werden und entscheiden auch diese zum Nachteile des klagenden Bruders, so soll sein Name ausgestrichen werden
Erste Provisoren waren 1790 Joh. Wilh. Ullendahl, lutherisch, Franz Werner von Berg, katholisch, Pierre Nicolas Quett, reformiert.
Beinahe alle Fabrikanten aus dieser Zeit unterstützten diese Krankenbörse und traten ihr als Wohltäter bei.
Aus derr Protokollen der Börse will ich nur erwähnen: 1813 Anschaffung eines Leichenwagens. Wer die Leiche nicht begleitet, bezahlt statt 1,50 Mark 3 Mark, entschuldigt ist man nur durch Arbeit oder Geschäfte.
Im Anschluss an die Geschichte der Tuchindustrie noch folgendes: In der Zeit des J. Arn. v. Clermont kam auch Herr Coenen nach Vaals. Herr Coenen ist wahrscheinlich der Erbauer der Esch, was wir aus folgender Begebenheit 1777 feststellen können. Er hatte da auch die Weier anlegen lassen, die jetzt teilweise wieder verschwunden sind: Das Herrschaftshaus mit Park haben im Jahre 1880 die Paters Redemptoristen unter Pater Boeve als Juvenat gepachtet; im Jahre 1898 wurde es vom Besitzer Pastor Hennus von Nieuwstadt an die Kamillianer unter Pater F. Vido verkauft.
1777 hat sich folgendes Ereignis an der Esch zugetragen, woraus man ersehen kann, dass die Esch dem Logenmeister Coenen zugehörte und er der wahrscheinliche Erbauer der Esch gewesen sein muss.
„Der h. Marnef von Kumpesbath ist nach Vaals gefahren mit dem h. Coenen von Bortscheid und seine frauw sambt der jungen de Beff Urmacher auffm Compesbath und haben auff dem Neuwen Bauw von Coenen zu Mittag gessen. Nachmittags gehen die drei hinaus spatziren bis an die Esch hinter Vaels, da hat der Coenen einen neuen Weier angelegt und weil es sehr warm, so haben sie sich ausgezogen um im Weier zu baden.
Alarnef und Coenen gehen im Wasser, de Beff aber wollte nicht, diese zwei konnten recht swimmen. Coenen geht aber hinaus und Marnef bliebe noch im Wasser. Coenen ruff er möcht auch heraus kommen, er Marnef wollt nit, er müsse noch eins hinüber swimmen. Wie er im halben Weiher war, kricht er den Crampf und sinckt unter und bleibt unter und versauft ohn das sie ihm helfen konten, weil sie kein instrumenten hatten ihn hinauff zu zeichen lauft Coenen nach Hauss, macht Lerm, so kommen leuth genug und hatten Branthaken, damit greifen und suchen sie nach ihm, weil er aber nichts am Leib, sondern pur nackend war, so konnten sie ihn nicht hinaus zeichen, geswind als nur langsam rollen bis am Bort, aber er war schon ganz todt und voller wasser. So wart er am Ufer gelegt bis das gericht ihm visitirt, also ist er alda begraben worden. "
1779 lesen wir in der Aachener Chronik:
„Der grosse Logenmeister von die Freimaurer Coenen ist falirt, und von Bortscheid hinweg nach Vaals gezogen und ist ihm alles verkauft worden, alle seine Raritäten in Summa, da ligt nun alle grosse Anstalten samt unmässige Kösten, ligt alles in Wilden. Dem Coenen wird alle Meubelen verkauft, samt alle Muschelwerk; und gehet Vaels wohnen, allwo er ein stattlicher Bauw hat machen lassen und ein grosser Saal vor die Freimaurer ihrer Beysammenkunft, deswegen er selber Grossmeister ist. Allwo sie dan öfters beisammen kommen. In diesem Haus ist auch ein apart Zimmer gans inwendig mit gemalde Tapeten, aber recht unchristlich, in allerhand Vorstellungen etc."
Kloster Blumenthal.
Am 14. September 1846 wurde das Schloss Blumenthal mit seiner Umgebung von ungefähr 1800 Ruten verkauft, welches der hochadeligen Familie von Clermont angehörte, die dieses Schloss im Jahre 1792 zu ihrem Vergnügen mit einer ungemein grossen Ausgabe von 160.000 Aachener Reichsthaler zu 3 Francs hatten bauen lassen, aber sich genötigt fanden, weil sie in ihrem Wohstande sehr zurückgingen, es dem Meistbietenden zu verkaufen.
Wie von Clermont das beim Verkauf seiner Güter in Vaals zusammengebrachte Geld fortführte, soll ihm wegen der Schwere die Achse seines Wagens gebrochen sein zwischen Aachen und Vaals.
Durch den hochwohlgeborenen Wilhelm von Lommessen, auf dem Seilgraben zu Aachen wohnend, für die Summe von35000 Francs angekauft mit der ausdrücklichen Intention, um allda ein Kloster der Damen »de Sacre Coeur« zu gründen, wovon dessen Tochter Anna von Lommessen ein Mitglied war, damals wohnend im Kloster Siket, gelegen eine Stunde hinter Brüssel.
Im Jahre 1847 wurde die Erlaubnis bei der holländischen Regierung unter Wilhelm II. nachgesucht, um allda das genannte Kloster zu gründen. Nach grosser Mühe kam die Erlaubnis. Am 8. Februar 1848 kamen vier Damen, zwei Schwestern und eine Pensionärin, namens Nathalie Schauffeur von Colmar bei Strassburg gebürtig, in Vaals an. Oberin war Stanisla Verhülst, gebürtig aus Brügge. Sie war mit der Pensionärin ein Jahr vorher aus der Schweiz vertrieben worden. In Vaals besuchten sie die Pfarrkirche. Ihr Platz war am Chor links. Beichtväter waren die Gebr. Straeten, welche am 19. Februar dazu Vollmacht erhalten hatten. Drei bis viermal in der Woche gingen sie zur hl. Kommunion.
Im März wurde das Schloss unter Assistenz von H. Vissenich, Vikar von St. Jakob in Aachen und Baron Lommessen eingesegnet. Am 8. April 1848 kam die Erlaubnis von Mgr. Paredis das Sanctissimum in einem Zimmer zur Anbetung auszustellen. Am 1. Juni 1848, an Christi Himmelfahrt, besuchten die Damen von Sacre Coeur zum lezten Male die Pfarrkirche.
Am 2. Juni 1848 wurde die Kapelle eingesegnet, welche im schönen grossen Lustsaal im ersten Stock eingerichtet war und daselbst die erste hl. Messe gelesen Figuren von Adam und Eva rechts und links am Eingange hatte Baron von Lommessen entfernen und dafür in die Nischen ein Marien- und Josephbild anbringen lassen. Am 17. August wurde die grosse Glocke geweiht von Pastor Straeten, assistiert von H. Godfr. Mons, Missionar; M. J. Straetert, Kaplan und Joseph Langohr, Tonsuratus von Vaals. Namen der Glocken: Maria, Joseph, Magdalena, Theresia. Paten: Freiherr von Lommessen, Wilh. von Pelser de Wendt aus Westphalen, von Rosen, Graf Hombeck, Bürgermeister Van Reij zu Vaals. Patinnen: Gräfin Leonie D'Ansembourg geb. De Wendt Noltseldt, Fräulein von Lommessen, Frau von Pelser, Frau von Sürth, Frau Zintgens.
Am 8. September 1848 wurde eine Pensionärin Clementine Michaela von Kettenis zur ersten hl. Kommunion zugelassen.
Professor Borzet predigte in lingua gallica.
Vom 2. Juni bis 14. September wurde die hl. Messe gelesen von dem Pfarrgeistlichen in Blumenthal.
Am 14 September 1848 Joh. Simon Mühlenberg, geboren zu Vaals, Rektor. Täglich Messe lesen, Religionsunterricht, beichten und jeden Sonntag predigen
Am 13. Januar 1849 starb in Vylen Pfarrer Jos Koervers. Sein Nachfolger wird M. J. Straeten.
Im Januar 1850 starb Rektor Mühlenberg, Kaplan zu Vaals. Rektor wird jetzt Heckmans aus Kirchrat. Beichtvater war J. Straeten vom 19. Februar 1848 bis 19. Februar 1983. Krankheitshalber musste er als Ordinarius abdanken. Nun kam ein Jesuitenpater aus Aachen oder Maastricht wöchentlich Beichte hören.
Im Jahre 1844 wurde der Kreuzweg in der Kapelle von Blumenthal durch den hochw. Herrn Pfarrer G. L. Straeten eingesegnet.
Im Jahre 1862 brach im Hauptgebäude Brand aus, welches mit der Kapelle und dem Kreuzwege abbrannte.
Am 21. Februar 1895 Errichtung eines neuen Kreuzweges in der Kapelle der Mutter der Schmerzen. Die Kirche von Blumenthal wurde erbaut durch den Baumeister Schmalbach, der in dieser Zeit nach Vaals gekommen ist.
Am 17. Mai 1848 Eröffnung des Pensionates von Blumenthal.
Am 15. Juni 1848 wurde zum ersten Mal der Segen gegeben bei der Fronleichnamsprozession, und am 30. November wurde die Mädchenschule für Vaals eröffnet.
Am 14. September 1848 wurde M. Meulenberg als erster Rektor in Blumenthal angestellt, ihm folgten: 1850 M. Heckmans, 1862 M. Stammel, 1863 M. Welters, 1871 M. Eigelshoven, 1880 Butchen, 1885 Schnabel, 1897-1899 Bollen, 1899 M. Kleijnen, gestorben 1902, 1902 Luyten, 1911 de Hesselle.
Am 14. Febr. 1875 wurde die Jungfrauenkongregation der Mutter der sieben Schmerzen errichtet.
1880 fand die erste Retraite mit Fastnacht statt; 1897 Frauenkongregation unter der Anrufung des hl Herzens.
Nachtrag zur Kirchengeschichte.
Im Jahre 1833 wurde die kath. Kirche gebaut, welche jetzt als Patronat eingerichtet ist. Im Giebel des Patronats befindet sich die Inschrift: »Praesidentibus Domino Renero Schmetz, pastore et Barone Antonio de Pelzer Berensberg, consule«. Die kleine Glocke im Patronat trägt die Inschrift: »Le 28 Octobre Jan 1834«.
An Stelle dieser kleinen Kirche wurde später das jetzige geräumige Gotteshaus erbaut. Der Volksmund erzählt, dass der Pfarrer bei der Ingebrauchnahme dieser Kirche gesprochen hatte: „Du, Herr hast ein würdiges Haus gefunden, aber Vaals wird keine Herren mehr haben".
Am 24. April 1743 fand die Einsegnung des kath. Friedhofes durch A. L. van der Velp, Dechant zu Gülpen und M. Ramaekers statt. Pastor Straeten hatte von Leonard Dumont, Hufschmied, 90 Ruten Wiese neben dem Kirchhof gekauft, die Rute zu 9 Franken.
Im September 1833 errichtete der hochwürdige Herr Pfarrer Straeten in der Pfarrkirche (jetziges Patronat) den Kreuzweg. Die Darstellungen sind auf Leinwand angebracht. Am 3. September wurden 7 Bilder erneuert und die Kirche restauriert.
Am 26. November 1865 fand die Errichtung des Missionskreuzes nach einer Mission statt, gehalten vom 19. bis 20. November nach Anleitung der Verkündigung des Jubiläumsablasses von Papst Pius IX. Missionsprediger waren die hochw. Herren Redemptoristenpatres P. Luchen, P. Schook, H. B. Neu, J. B. Spoos aus dem Kloster in Aachen. Bereits im Februar 1835 war durch die hochw. Herren Redemptoristenpatres Held, Ludwig und Carolus Kaunamüller eine Mission gehalten worden, ungefähr die erste in dieser Gegend.
Im Jahre 1893 wurde die letzte Hand an die neue Pfarrkirche gelegt. Der Turm ist 63 Meter hoch, der kleine Turm 15 Meter. Bei einer Breite von 18 Metern ist das Gebäude 47 lang und 20 Meter hoch. Die Kirche ist gebaut im gothischen Stil. Der Belag ist wunderbar schön. Die drei Turmglocken wiegen zusammen 2800 Kilogramm. Die grösste Glocke ist ein Geschenk des Bürgermeisters Ruland und wiegt 1200 Kilogramm.
C. Ruland kommt 1862 zuerst in Vaals vor unter dem Bürgermeister J. A. van Reij, dessen Nachfolger er wurde.
Die Ausführung der neuen Pfarrkirche geschah durch den Bauunternehmer Gerard Beckers aus Sittard. Die Leitung der Arbeit hatte Herr Göbbels, hierselbst, übernommen.
Am 24. Oktober 1893, am Feste des hl. Raphael, wurde die Weihe der neuen Kirche durch den hochw. Herrn Bischof Franziskus Ant. Hub. Boermans vorgenommen.
Vom 28. Juni bis 8 Juli 1894 wurde eine 'Mission gehalten von den hochw. Herren Redemptoristenpatres Steffen, Codenbach, Franz.
Am 8. Juli 1894 errichtete Pater Steffen das Missionskreuz und am 9. Juli den Kreuzweg mit Fakultät des Bischofs und Erlaubnis des Dechanten van Oppen von Gulpen.
Verzeichnis der Pfarrer von Vaals.
Joseph Stein, von 1549-1559; Henricus Klöcker 1560-1580; Servatius Schaffraedt, Ord. Praedic. 1580-1600; Penrus a Keer, Kanonikus an St. Adalbert in Aachen 1600-1612; Johannes Peschart 1614 bis 1620; Laurentius Beussenius 1620-1636; Henricus a Monte, vorher Pfarrer in Holset, 1636-1641; Sigerus a Thenen, 1641-1677; Goswinus Bercks 1678 bis 1692; Cornelius Schink, vorher Pfarrer in Burtscheid, 16921702; Petrus Radermacher 1702-1741; Johannes Wilhelmus Bosten, 1741-1770; diesem verbannten Pfarrer Bosten folgte im Amte Franziskus Heinrich Bosten 1770-1780; Nikolaus Creutz 1780 bis 1794. Im Jahre 1794, zur Zeit des Krieges, leitete er die Pfarre ohne Kaplan zur grössten Freude der Pfarreingesessenen und zur Erbauung der Nichtkatholiken.
Ihm folgte Michael Schönen 1795-1808; Johannes Stephahus Laass 1808-1826; er war 28 Jahre Franziskanerpater, mehrere Jahre Professor der Theologie, Guardian in der Zeit der Unterdrückung der Klöster im Convent zu Bonn, 5 Jahre Deservitor in Holset. Hiermit schliesst das Verzeichnis der Pfarrer. Die anderen Pfarrer haben wir schon erwähnt im Laufe der Geschichte.
Im Jahre 1909 starb hierselbst Pfarrer Joh. Peter Corn. Hub. Voragen. Er war geboren zu Heerlen, machte seine Studien zu Rolduc und Roermond und wurde 1842 zum Priester geweiht. Er studierte weiter in der deutsche Sprache an der Universität Münster in Westfalen und wurde zum Professor in Rolduc ernannt. Nach dem Tode des hochw. Herrn Straeten im September 1872 wurde er als Pfarrer von Vaals ernannt. Als Pfarrer feierte er hier sein silbernes und goldenes Priesterjubiläum. In ihm verlor die Pfarre einen eifrigen Priester und Seelenhirten. Der Bau der neuen Kirche, die Errichtung der Kinderbewahrschule, das Interesse für die Versorgung der alten Leute wird sein Andenken noch lange in Erinnerung halten.
Ihm folgte Pfarrer Franck, der im Jahre 1913 die alte Kirche von 1834 in ein Patronat umänderte und 1921 zum Dechant in Kirchrath ernannt wurde. Diesem folgte Pfarrer Kreutzer, vormaliger Pfarrer von Nieuwenhagen.Die Schule von Vaals.
Über das frühere Schulwesen in Väals können wir aus Mangel an Aufzeichnungen nur wenig berichten.
1764 wird zuerst die Schule genannt »in den Stand«; daselbs ist auch vom 20. Februar bis 25. März die hl. Messe gelesen worden, als die Protestanten die Kirche geschlossen hatten. Später war Schule auf dem »Kerreberga « und danach im alten Gemeindehaus gegenüber der Kirche. Der erste bekannte katholische Schullehrer war Herr Arnold Dreissen. welcher aus Ubach over Worms stammte und der bis zum Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts hier sein Amt bekleidete. Sein Nachfolger wurde dann der im vorigen Jahre verstorbene Herr A. Hochstenbach.
Mit diesen Aufzeichnungen erreicht die Geschichte von Vaals ihr Ende. Manches wird vielleicht noch zu ergänzen sein. Wir werden später noch einiges bringen über Lemiers und Holset.
Es ist beabsichtigt, die Geschichte im Buchform herauszugeben, falls genügend Abnehmer dafür zu gewinnen sind. Wir werden später darauf zurückkommen.
Als Anhang zur Geschichte von Vaals bringen wir nachfolgend einen Artikel, den das »Aachener Kur- und Fremdenblatt « im Jahre 1892 über unseren Ort brachte, und welcher noch manches Bemerkenswerte enthält. Er lautet:
Unweit der alten Reichsstadt Aachen, mit dieser seit 1889 durch Pferdebahn verbunden, liegt auf holländischem Gebiete in anmutiger Gegend das einige Tausend Einwohner zählende freundliche Städtchen Vaals, mit Recht ein beliebter Ausflugsort der Bewohner Aachens und der im Sommer in dieser Stadt weilenden zahlreichen Fremden und Badegäste.
Vaals, zur fruchtbaren holländischen Provinz Limburg gehörend, wird keineswegs, etwa wie Maastricht, die Hauptstadt der Provinz, durch den Ruhm einer grossen Vergangenheit verklärt, indessen hat sich auf seinen Boden in fernabliegenden Zeiten doch manches vollzogen, das den Ort dem Dunkel entrückt und ihn auch für den Forscher und den Freund alter Erzählungen interessant macht.
Mehrere Male im Laufe der letzten Jahrhunderte warfen grosse welthistorische Ereignisse ihren Widerschein auf das stille Örtchen, welches sich unter häufig wechselnder Herrschaft einer bescheidenen Blüte zu erfreuen hatte. So in den Jahren 1585 bis 95, während welcher Vaals die Zufluchtsstätte vieler vornehmer, aus Frankreich vertriebenen Hugenottenfamilien wurde. Als Ludwig XIV. am 23. Oktober 1685 das Edikt von Nantes aufhob und die Anhänger der neuen Lehre in Frankreich wie ehemals den härtesten Bedrängungen ausgesetzt waren, bot Vaals den protestantischen Flüchtlingen wiederum ein schützendes Asyl und zwar zu seinem eigenen Vorteil, denn die Emigranten gaben dem Handel des Ortes einen Aufschwung; sie legten Fabriken an, führten grosse Bauten aus, versahen den Ort mit neuen Plätzen und Strassen, und legten somit den Grundstein zu der gegenwärtigen Bedeutung des Städchens. Eine Anzahl von Prachtbauen aus jener Zeit, welche durch ihren Umfang und ihre solide Bauart auffallen, geben noch heute dem Besucher Zeugnis von der damaligen Blüte des Ortes.
Vaals ist die Heimat einer Anzahl Männern, welche sich auf geistigem Gebiete besonders ausgezeichnet haben, wie es ebenfalls mancher historisch bedeutenden Persönlichkeit für kürzere oder längere Zeit seine Gastfreundschaft angedeihen liess.
So hielt sich Maria von Medicis, Königin von Frankreich, als sie im Oktober 1641 von England nach Köln flüchtete, mehrere Tage hindurch in dem Grenzstädtchen auf, und als Peter der Grosse im Herbst 1717 unter dem Namen Peter Michaelow nach Zaandam reiste, wohnte er längere Zeit abwechselnd in Vaals und dem benachbarten Aachen. Die zu Vaals ansässige Familie von Clermont, deren Name sich noch heute weithin den besten Klanges zu erfreuen hat, gewährte damals dem mächtigen Beherrscher des Zarenreiches gastfreie Aufnahme und wurde bei dieser Gelegenheit von ihm in den Adelstand gehoben.
Auch haben die Gemahlin Napoleons I., Josephine, und das Adoptivkind des grossen Korsen, die schöne Hortensia Beauharnias, spätere Gemahlin Louis Bonapartes, Königs von Holland, im Sommer 1805 in Vaals gewohnt, und zwar in dem damaligen von Clermontschen Palais, dem jetzigen weltberühmten Pensionat Blumenthal.
Am 12. April 1736 legte der kaiserliche österreichische Generalfeldzeugmeister von Seckendorf den Grundstein zum Luthertempel, den er mit Hilfe von Magistratsgeldern erbaute. Dieser Tempel, ein schlichter Bau, steht heute noch in seiner ursprünglichen Gestalt da; er ist die Stätte, wo die Wappen der Familien von Seckendorf und von Clermont als Erinnerung an frühere Tage des Glanzes aufbewahrt werden.
Vaals besitzt ein Redemptoristenkloster nebst Seminar, ein Nonnenkloster (Blumenthal), eine katholische Pfarrkirche, sowie eine reformierte. Hinter letzterer rechts ab liegend, haben wir nach wenig Schritten den vorerwähnten Luthertempel zur Rechten und gelangen von da auf einen mit 3 Brunnen versehenen Platz, den linker Hand die jetzt Profanzwecken dienende Mennonitenkirche abschliesst; ihr gegenüber der alte Clermont'sche Stammsitz. Unter dem in Stein gehauenen Zifferblatt befindet sich der Wahlspruch: »Spero inoidiam« »ich hoffe, beneidet zu werden«, eine stolze Devise. Fügen wir dieser Aufzählung die jetzt ebenfalls bewohnte Kirche hinzu, in welcher aus Frankreich vertriebenen Hugenoten s.Z. ihren religiösen Kultus ausübten - die sog. Fränzenkirche - so dürfte die Zahl der interessanten Bauten hiermit erschöpft sein.
Ihre Blütezeit hatten die nichtkatholischen Gotteshäuser in Vaals Ende vorigen und Anfang des 19. Jahrhunderts; der bis 1811 ausschliesslich katholische Gemeinderat im benachbarten Aachen duldete dort nur den Kultus dieser Konfession und so kam es, dass sich die dort ansässigen Protestanten, Reformierten und Lutheraner nach Vaals zum Gottesdienst begaben.
Dicht bei der Stadt liegt inmitten eines herrlichen Parkes das altberühmte von Schwestern des Ordens du Sacre Coeur geleitete Pensionat Blumenthal, in welchem die Töchter reicher und vornehmer Familien vorzügliche Erziehung und Ausbildung geniessen. Das imposante Pensionsgebäude mit seiner langgestreckten Front bildet einen Teil der vielen von Clermont'schen Prachtbauten. Die mit dem Hauptbau in Verbindung stehende hübsche gothische Kirche stammt aus der neuesten Zeit.
Das anmutige Vaals hat in den letzten Jahren als Ausflugsort und Sommerfrische einen wachsenden Ruf erlangt und das mit Recht, entbehrt es doch keinen der Reize, welche der nach Ruhe und Erholung sich sehnende Städter zu seiner geistigen und körperlichen Erfrischung bedarf. Durch den durch seinen Reichtum an Prefektaten bekannten, weithin sichtbaren Schneeberg gegen die rauhen Nord- und Ostwinde geschützt, wird es von den Ärzten als Aufenthaltsort für Rekonvaleszenten und Stärkungsbedürftige empfohlen, zumal die Luft eine durchaus staubfreie an Ozonstoffen reiche ist und sich den dort weilenden Fremden und Kurbedürftigen eine Menge der herrlichsten Ausflüge in nahe gelegene prächtige Laubwälder, liebliche Thäler und auf hochgelegene, lohnende Aussichtspunkte darbietet.
Auf einer in Utrecht abgehaltenen grossen Ärzteversammlung wurde von kompetenter Seite der Ausspruch getan, dass Vaals sich der gesundesten Lage und des wohltuendsten Klimas für Kranke in ganz Holland zu erfreuen habe.
An ausgezeichneter ärtzlicher Pflege mangelt es gleichfalls nicht, da sich bereits seit einigen Jahren am Orte ein renommierter Arzt niedergelassen hat, wie auch in anderer Beziehung der dort weilende Gast alles findet, das zu seinem Behagen und seiner Bequemlichkeit dient.
Die vielen Vorzüge des Städtchens wusste schon der verstorbene König Karl von Schweden wohl zu schätzen, denn als er sich im Sommer 1872 als Badegast in Aachen aufhielt, besuchte er Vaals mit grosser Vorliebe, von wo aus er Exkursionen nach dem bereits vorhin erwähnten Schneeberg machte, um dort Versteinerungen zu sammeln.
Von Aachen kommend, betreten wir nach Überschreitung der deutschen Grenze, in dem Orte anlangend einen geschmackvollen Platz, auf welchem sich ausser einigen öffentichen Gebäuden Post- und Telegraphenamt, Zollamt, Gendarmerie-Kaserne, eine Anzahl Hotels von gefälligem modernen Aussehen befinden.
Im Innern des belebten Städtchens erfreut uns auf Schritt und Tritt die sprichwörtlich gewordene holländische Reinlichkeit. Besonders in die Augen fallend sind eine Anzahl parkartiger Gärten, welche schöne altertümliche Gebäude umschliessen, sowie einige Strassen von malerischem Aussehen, welche sich hin und wieder platzartig erweitern. Die Bewohner, welche mit dem benachbarten Aachen einen regen geschäftlichen Verkehr unterhalten, sind höfliche und gefällige Leute, auch an gebildeten Elementen fehlt es in dem Orte nicht, so dass der Fremde auf die Annehmlichkeiten eines anregenden Umganges nicht zu verzichten braucht.
Die hübsche, wechselvolle Umgebung, welche Vaals einrahmt, ist es in erster Linie, welche dieses Städtchen für Naturfreunde und Touristen so anziehend macht und zu häufiger Wiederkehr dorthin einladet. Wälder, Wiesen, Täler, grüne Ebenen, von gut gepflegten Wegen durchschnitten, wechseln in angenehmster Weise mit einander und bieten eine Fülle, von Ausflügen.
Von grossem Interesse ist ein Spaziergang nachdem in etwa ¾ Stunden erreichbaren, als geographisches Kuriosum bekannten Vierländerblick, einem Punkt, wo Preussen, Belgien, Holland und das in einer Spitze herantretende Gebiet von Neutral-Moresnet mit ihren Grenzen sich berühren. Dieses letztere ist ein Komplex von 27,7 Hektar mit 2800 Einwohnern, welcher wegen des dort befindlichen grossen Galmei-Bergwerks Altenberg - vieille moniagne - im Jahre 1815 zwischen Preussen und Belgien vorläufig nicht geteilt wurde und durch den Wiener Schlussakt vom 9. Juni 1815 sowie das Traktat vom 26. Juni 1816 als »Neutrales Gebiet« erklärt worden ist. Vorerwähnter Punkt ist mit Hilfe nachstehender Angaben leicht zu finden, wobei bemerkt wird, dass der knapp ¾ Stunden lange Weg zugleich wenig anstrengend ist.
Man nimmt die gegenüber dem Zoll- und Postamt befindlichg Strasse und gelangt, am linker Hand befindlichen Redemptoristenkloster und der neuen dreischiffigen Kirche vorbei, zu der im Innern nichts Besonderes bietenden alten, bei welcher man sich links wendet. Zwischen Nr. 4 und 5 der Strasse erblickt man die hinter letzterem Hause gelegene, bereits erwähnte Franzenkirche, jetzt von Webern bewohnt; bei Nr. 8, dem Hause des Schuhmachers Carl Lambertz angekommen, nimmt man den Weg rechts bis zu einem Gehöft, an welchem derselbe sich wiederum teilt. Man wähle den »rechten« und erreicht unter langsamen Steigen zwischen zwei Hecken in wenigen Minuten eine linker Hand liegende Besitzung, an die sich eine Wiese schliesst. Wir öffnen das Lattentor - der Weg ist als solcher katastriert und die Kühe sind friedfertig, falls man keinen Hund bei sich hat - und gehen auf das oben sichtbare, mit viereckigen Türen versehene Haus zu. An letzterem, sowie dem mit Nr. 32 versehenen, von einem Grenzwächter bewohnten Haus vorbei, biegen wir bei dem ersten Fahrwege links nicht absondern sondern gehen geradeaus, bis das Gut Heldruh vor uns auftaucht.
Ein Getreidefeld links lassend, ebenso die Pforte des einfache Restauration bietenden Gutes, unter dem sich der grosse Tunnel der Bergisch Märkischen Eisenbahn hinzieht, kommt man durch einen Hohlweg, in dem zwei abgebrochene Steinkreuze liegen.
Das erste, rechter Hand, besagt: „Im Jahre 1823 den dritten September ist alhier durch Karn und Pferd elendig ums Leben gekommen der ehrsame Nicolas Josef Knops aus Monzen, seines Alters im fünf und 40sten, Ehemann von Gertrud Brandt. Freunde betet für die Seel, damit sie ruhe im Frieden."
Das andere, weiterhin links, trägt die Inschrift: „Anno 1705 den 14. August is alhier vermoordt den eersamen Massim Joseph von Steinfeld, bidt Godt voor de..... Amen. R.I.P ."
Wir schreiten an beiden vorbei; sowie wir linker Hand das Ende der das Gut umschliessenden Hecke haben, biegen wir im rechten Winkel von der Chaussee ab (hübscher Blick auf grösstenteils belgisches Gebiet) und stehen nach etwa 100 Schritt, am Ende der kleinen Schonung, an jenem berühmten Punkte, einzig in der Welt, der uns erlaubt, drei Königsreiche in wenig Sekunden zu durchschreiten.
Der mit dem Wappen versehene Stein ist der belgische.
Will man nun den Fusspfad über die drei Steine hinaus verfolgen, so kommt man, fast immer die Grenze entlang im Bogen rechts in einer kleinen halben Stunde nach Vaals zurück.
Der Weg ist nicht zu verfehlen, aber zuletzt abschüssig und daher zum Aufstieg dem andern keinesfalls vorzuziehen. Nach einem hübschen Blick auf Aachen erscheint rechts ein Wäldchen, zu welchem ein Fussweg führt. Man nehme jedoch nicht diesen, besonders steilen, sondern den nächsten rechter Hand, auf dem man noch immer schnell genug nach Vaals zurückgelangt.
Wer weitere Touren nicht unternehmen will, der findet in nächster Nähe der Stadt hinreichend Gelegenheit, sich auf angenehmen schattigen Spaziergängen und in schönen Gärten zu erholen, wie auch eine Besteigung des bereits mehrfach erwähnten, nahegelegenen Schneeberges mit seiner imposanten Fernsicht manchen anzieht.
Hiermit endet die durch Kaplan Adolph Vaessen aufgeschriebene »Geschichte von Vaals«.
Kaplan Vaessen verstarb 1918 während der Grippe-Epedemie, die auch in Vaals viele Opfer forderte